Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Deutsche Universitäten, von Harvard aus betrachtet

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Der Kunsthistoriker Jeffrey Hamburger ist Professor für Deutsche Kunst und Kultur an der Harvard Universität. In der letzten Ausgabe von Forschung und Lehre hat er einen Beitrag zur aktuellen Hochschulentwicklung in Deutschland verfasst, den ich sher gut fand und den die Redaktion von Forschung und Lehre freundlicherweise auf Nachfragen jetzt sogar online gestellt hat (hier): Danke! 🙂

„Die deutschen Universitäten sind bestenfalls an der Oberfläche amerikanisiert“, meint Hamburger. Und das liege nicht nur an den viel geringeren finanziellen Ressourcen, mit denen deutsche Universitäten haushalten müssen (das zeigt übrigens auch der aktuellen Bildungsbericht 2008, der seit wenigen Tagen hier online ist), sondern auch daran, dass selbst die öffentlichen Universitäten in den USA von einer „Kultur der Philanthropie“ (also Menschenfreundlichkeit) profitieren, die in dieser Form in Deutschland nicht existiere. Neben Geld und „Menschenfreundlichkeit“ komme noch ein weiterer Unterschied hinzu, den ich besonders wichtig finde: „Was in den USA eine Eliteuniversität elitär macht, ist nicht ihre finanzielle Stellung oder das Forschungsprofil ihrer Mitglieder, sondern ganz einfach die Qualität ihrer Studierenden.“ Als zusätzliches, drittes, Standbein, ist das aus meiner Sicht wirklich essenziell! Kritisiert wird schließlich auch die Geschwindigkeit von Reformen, die einen Kahlschlag mit beschönigenden Vokabeln belegen, sowie die unsägliche Jagd nach Drittmitteln, die viel Energie bindet. Einen Abschnitt aber sollte man wirklich zweimal lesen und an die Wissenschaftsministerien unserer Länder senden:

„Welch eine Ironie, wenn Deutschland im Drang nach Amerikanisierung seines Hochschulwesens genau die Charakteristika seines Systems aufgäbe, die die amerikanischen Universitäten im 19. Jahrhundert nachzueifern suchten. Die deutschen Universitäten führen neue Bachelor- und Masterprogramme ein, doch diese haben kaum eine Ähnlichkeit mit ihren sogenannten Namensvettern in den USA. Es fehlt die Freiheit, die es den Studenten gestattet, den eigenen Studienverlauf selbst zu bestimmen.“

Noch kämpfen wir in unserem BA-/MA-Studiengang um diese Freiheit.

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