Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Außenseiterspinnerei?

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François Bry, Informatik-Professor an der LMU München, schreibt hier in seinem Blog, dass er oft gefragt werde, warum Professoren in ihren eigenen Kontexten nichts tun – und zwar gegen z.B. Belastungen am Arbeitsplatz, die woanders unvorstellbar wären, gegen anachronistische Verwaltungsabläufe, gegen fragliche Bildungsreformen usw. Seine Antwort: Professoren seien ganz normale Menschen: „Erstens bilden sie keine homogene Gruppe. Unter Professoren sind sich die meisten Meinungen und Vorstellungen vertreten, die in der Gesellschaft zu finden sind. Zweitens sind Fachexperten nicht unbedingt in allem schlau (Anm.: hier habe ich im Zitat den Satz korrigiert). Drittens fehlt Professoren meist die Zeit: Der Arbeitsdruck eines Professors ist sehr groß. Er ist auch in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich gestiegen. Viertens werden Professoren nicht so gehört, wie viele annehmen.“

Als ich den (kurzen) Beitrag gelesen habe, habe ich mir gedacht: Stimmt, die Ausgangsfrage ist berechtigt. Ich habe mich schon oft über mich selbst geärgert – eben mit der Frage im Hintergrund, warum ich nicht widersprochen habe, wenn ich anderer Meinung bin, warum ich keine Gegenaktion gestartet habe oder einfach anders gehandelt habe, um etwas zu erreichen, was mir wichtig ist. Dass dazu oft die Zeit fehlt, ist einerseits richtig. Andererseits ist es eine Ausrede, denn man kann sich natürlich immer Zeit schaffen, und wenn es eben auf Kosten anderer Dinge geht, die man dann NICHT macht. Also liegt der Grund eher in der Setzung von Prioritäten – aber das verlangt dann nach einer Begründung, die Zeitnot muss dagegen in der Regel nicht begründet werden. Während also die Zeit letztlich kein gutes Argument ist, ist der Hinweis auf das „gehört werden“ in Brys Blogbeitrag schon interessanter: Wer hört einem zu, wenn man etwas zu sagen hat? Welche Relevanz hat das, was man beitragen kann oder möchte? Wahrscheinlich macht man implizit schnell so eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf: Wird es jemand merken, wenn ich „dagegen“ bin oder ist es sowieso egal? Wird es jemanden überzeugen, wenn ich eine Alternative vorschlage und selbst umsetze, oder wird das nur als Außenseiterspinnerei bewertet werden? Das klingt jetzt alles abstrakt, aber man kann es ja mal an Beispielen durchspielen: Bologna-Reform, Akkreditierungen, Bürokratisierung, Hochschulrankings, Veränderung von Bewertungskriterien in Wissenschaftlerkarrieren – wie oft war man schon gegen etwas oder hatte gute Gründe für Alternativen und hat doch nichts getan?

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