Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Die Sache mit der Implementation

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Kürzlich habe ich einen Beitrag über Design-Based Implementation Research (DBIR) gelesen – bereits zum zweiten Mal, weil ich beim ersten Lesen noch kein so rechtens Interesse fand:

Fishman, B.J., Penuel, W.R., Allen, A.-R., Cheng, B.H. & Sabell, N. (2012). Design-Based Implementation Research: An emerging model for transforming the relationship of research and practice. In B. J. Fishman & W. R. Penuel (Eds.), National Society for the Study of Education: Vol 112. Design Based Implementation Research (pp. 136-156). Online hier verfügbar

DBIR ist ein Ableger der Design-Based Research (DBR)-Bewegung. Im Zentrum von DBIR steht die Frage, was wo, wann und für wen funktioniert. Man konzentriert sich auf die Implementierung von Programmen, Konzepten, Methoden, Medien in der Bildung. DBIR verschreibt sich dem Ziel, Verbesserungen in der Bildung skalierbar und nachhaltig zu machen, also qualitativ gute und wirksame Programme, Konzepte, Methoden, Medien in die Breite zu tragen und langfristig zu verankern. Berücksichtigt wird, dass es man es im Bildungskontext nicht mit einfach zu beforschende Objekten zu tun hat, sondern mit sozialen Praktiken, die in der Regel an lokale Bedingungen angepasst werden müssen, um ihre potenzielle Wirkung zu entfalten. Eine skalierbare und nachhaltige Implementierung von Programmen, Konzepten, Methoden, Medien in der Bildung erfordert allerdings einen Wandel der Lehr-Lern- und Prüfungskulturen, inklusive Überzeugungen und Annahmen der Akteure. DBIR setzt auf eine enge Beziehung zwischen Wissenschaft und Praxis, die wechselseitig transformativ wirkt, also mit Veränderungen auf beiden Seiten einhergeht.

Folgende Prinzipien kennzeichnen DBIR (Fishman et al, 2012, 143 ff.):

  1. In DBIR, teams form around a focus on persistent problems of practice from multiple stakeholder perspectives. D.h.: Ausgangspunkt von DBIR sind praktische Probleme und Herausforderungen aus verschiedenen Perspektiven (die ggf. auch auszuhandeln sind).
  2. To improve practice, teams commit to iterative, collaborative design. D.h.: In iterativen Zyklen verbessert DBIR nicht nur Lehr-/Lernumgebungen, sondern auch Implementationsverfahren.
  3. As a strategy for promoting quality in research and development process, teams develop theory and knowledge related to both classroom learning and implementation through systematic inquiry. D.h.: DBIR zielt neben der Lösung konkreter Lehr-Lern- und Implementationsprobleme darauf ab, Theorien und Gestaltungsprinzipien zu generieren, die verallgemeinerbaren Nutzen haben und zu einem tieferen Verständnis der zugrundeliegenden Phänomene beitragen.
  4. DBIR is concerned with developing capacity for sustaining change in systems. D.h.: DBIR konzentriert sich nicht nur darauf, individuelle Kenntnisse und Fertigkeiten zur Implementierung von Bildungsinnovationen zu fördern, sondern auch organisationale „Fähigkeiten“ (Routinen, Prozesse etc.) aufzubauen, um einen nachhaltigen Wandel von Systemen bewirken.

Es gibt auch eine informative Web-Seite zu DBIR mit vielen Texten und weiterführenden Hinweisen sowie Beispiele – nämlich hier. Wie immer im Umkreis von Design-Based Research stehen Schulen im Mittelpunkt des Interesses. Ich denke aber, das man viele Überlegungen im Großen und Ganzen auch auf Hochschulen anwenden kann (ggf. aber auch anpassen muss).

Nun scheinen mir die Prinzipien von DBIR nicht eben exzeptionell: Eigentlich finden sich alle Merkmale von DBR auch in DBIR. Der Fokus auf der Implementation und darauf, wie man den Prozess, Neuerungen in die Tiefe und Breite zu tragen, also tatsächlich dauerhafte Veränderungen zu bewirken (was man ja heute auch gerne mit dem Begriff der Nachhaltigkeit belegt), besser verstehen, weiterentwickeln und in Grenzen generalisieren kann, ist aber durchaus besonders.

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