Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Ein aufmerksamer, mitdenkender, nachbohrender und kritisch konfrontierender Zuhörer

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„Sehen Sie, ich bin ja mein akademisches Leben lang nur ein kleiner C2-Professor gewesen, ohne besondere Ausstattung, ohne eigene Assistenten, aber mit einem enormen Zulauf von Studenten, […]. Und es gab auch einen Kollegen, der auf eine schmunzelnde Weise hat durchblicken lassen, dass er das, was ich da tat, nicht wirklich für Wissenschaft hielt.“ (S. 46 f.). Das ist eine Selbstbeschreibung des Kommunikationspsychologen Friedemann Schulz von Thun in einem Buch, das bereits letztes Jahr erschienen ist.

Pörksen, B. & Schulz von Thun, F. (2014). Kommunikation als Lebenskunst. Philosophie und Praxis des Miteinander-Redens. Heidelberg: Carl-Auer.

Schulz von Thun – wer kennt den Kommunikationspsychologen nicht. Mindestens sein „Vier-Ohren-Modell“ ist ja so bekannt wie das Es-Ich-Überich von Freud. Nun hat Schulz von Thun aber keinen neuen Beststeller geschrieben. Vielmehr ist Bernhard Pörksen auf die Idee gekommen, ein – ich nenne es mal – Dialogbuch über ihn und sein Werk zu verfassen. Das Buch ist das Kondensat vieler Gespräche (Pörksen beziffert die Mitschriften auf 600 Seiten) über große und kleinere Fragen. Die rahmende Idee lässt sich vielleicht am besten mit dem Satz umreißen, von dem Pörksen glaubt, dass er das Werk von Friedemann Schulz von Thun auf den Punkt bringt: „Die Qualität der Kommunikation bestimmt die Qualität unseres Lebens“.

Ich habe das Buch gelesen, weil ich bereits ein anderes, ähnlich aufgebautes Buch von Pörksen kenne und schätzen gelernt habe: „Die Gewissheit der Ungewissheit. Gespräche zum Konstruktivismus“. Mitte 2000 hatte ich dieses Buch entdeckt und war sehr angetan von dieser Form der Einführung in den Konstruktivismus. Ich habe das Buch mehrere Jahre als Grundlage eines Seminars zum Konstruktivismus verwendet und quasi um das Buch herum eine eigene Didaktik gebaut. Daraus sind unter anderem Podcasts entstanden, die aber leider nicht mehr online sind.

Meine Erwartung wurde nicht enttäuscht: Ich habe das Buch mit großem Interesse in zwei Tagen gelesen und nun ein viel besseres Bild von den Modellen des Friedemann Schulz von Thun und deren Entstehung. Mich haben sowohl die Inhalte des Buches stellenweise in ihren Bann gezogen als auch die Art der Inhaltsvermittlung mal wieder fasziniert: Der Dialogcharakter bewirkt eine ganz eigene Qualität und in der Art, wie Pörksen und Schulz von Thun miteinander sprechen, hat man selbst nach der Verdichtung ihrer Gespräche, nach der Nachbereitung der Mitschriften und redaktionellen Bearbeitung noch das Gefühl einer gewissen Authentizität – und ja, vielleicht hat mich das eben besonders beeindruckt. Schulz von Thun zeigt sich im Nachwort übrigens selbst beeindruckt und zollt seinem Dialogpartner und Mitautor großen Respekt: „Ein aufmerksamer, mitdenkender, nachbohrender und kritisch konfrontierender Zuhörer ist ein ungewöhnliches Geschenk und […] eine Herausforderung. Manche Antwort, manche Entgegnung kam aus dem Augenblick heraus, entstand spontan im Dialog und lag nicht schon vorgefertigt in einer geistigen Schublade“ (S. 210).

Fazit: Lesens- und empfehlenswert – unbedingt!

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