Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Noch mehr vom Gleichen

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Sind wir so schlecht, dass wir uns – durch unsere Kopie – selbst abschaffen wollen? Muss da, wo die natürliche Intelligenz nicht auf der Höhe ist, die künstliche ran? Diese Fragen treiben Wolf Lotter um – in einem Beitrag (hier) der aktuellen Ausgabe von brand eins, die sich der Digitalisierung widmet (auch Jochen Robes hat bereits darauf verwiesen). Der Autor aber ist skeptisch und mahnt eindringlich zu einer neuen Nüchternheit, zu Pragmatismus und Vernunft. Seine Argumente formt er vorrangig aus Ereignissen und Entwicklungen der Vergangenheit, der Geschichte des Computers und des Internets.

Der Personal Computer (PC), so Lotter, heiße so, weil er die Entscheidung darüber, was Digitalisierung ist, von der anonymen Ebene der Armee, der großen Konzerne und Regierungen zu Zeiten der Großrechner zurückgeholt habe zum Einzelnen: „Der PC war von Anfang als ein Werkzeug der Zivilgesellschaft gedacht“. Doch die Idee sei mit dem kommerziellen Erfolg verblasst – und ähnlich sei es dann dem Internet ergangen. Denn auch da ging es zunächst vor allem um Selbstermächtigung, um Emanzipation des Einzelnen. Aber: „De facto wurde die Arbeit am Computer befohlen. Man ersetzte Schreibmaschinen durch Textverarbeitungen, Buchungsblätter durch Tabellenkalkulationen, Briefe durch E-Mails, Printmedien durch Websites. Die Digitalisierung kopiert, macht nach. Was man für originell hält, häuft hauptsächlich Digitalisat an, digitales Material, in Binärcode übersetzte Kopien der analogen Originale.“ Diese Diagnose erscheint mir durchaus treffend – auch für die Hochschule. Mir fällt es ebenfalls schwer zu erkennen, wo denn das Neue, das Originelle, das Bessere geblieben ist.

Lotters Fazit: Wer auf eine bessere Welt durch die Digitalisierung gehofft habe, verliere inzwischen entweder die Geduld oder das Vertrauen. Das könnte an Hochschulen auch passieren, wenn immer nur Strategien verkündet werden, ohne dass den Mitgliedern der Organisation so etwas wie Selbstermächtigung zugetraut und zugestanden wird. Aber, so Lotter, das Digitale werde langsam erwachsen, „vielleicht auch, weil sich all die künstlich Intelligenten und moralisch Geregelten so kindisch benehmen.“ Wenn Krise und Dummheit am größten zu sein scheinen, sei der Wendepunkt schon erreicht und das Schlimmste bald ausgestanden. Ich bin da nicht ganz so optimistisch …

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