Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Aus Überzeugung

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Forschendes Lernen gibt es in vielen Spielarten. Eine davon rückt die Kooperation (hier von Sozialwissenschaften) mit externen Partnern ins Zentrum – und zwar keineswegs nur aus der Wirtschaft, sondern auch aus Sport, Kultur, Bildung usw. Das „Projektbüro Angewandte Sozialforschung“ (kurz Projektbüro) unterstützt seit 2010 an der Universität Hamburg angewandte Forschungsprojekte von Studierenden im Rahmen der Lehre. En aktueller Beitrag von Kai-Uwe Schnapp in der Zeitschrift für Politikwissenschaft (hier das Abstract) fasst nun das Vorgehen, die bisherigen Erfahrungen und die nach wie vor bestehenden Schwierigkeiten kompakt zusammen (leider gibt es den Artikel nicht online, aber über Bibliotheken kommt man an eine digitale Fassung).

Schnapp formuliert den Einstieg etwas vorsichtig und stellt eher auf den Praxisbezug und den „Prozess des Alltagstauglichmachens von Wissen“ (S. 2) ab. Später im Text wird allerdings durchaus deutlich, dass die forschende Aktivität der Studierenden mehr ist als nur eine Anwendung oder Einübung von Gelerntem, denn: „Studierende erweitern in den Projekten in einem sehr umfassenden Sinne ihre Kenntnisse und ihre Forschungskompetenz, sammeln Anwendungserfahrung, gewinnen Praxiskontakte und bauen sekundäre Kompetenzen wie Teamfähigkeit und Teamorganisation, Kommunikation mit nichtwissenschaftlichen Partnern sowie Projektplanung und -durchführung auf. […] Gleichzeitig wird studentische Arbeitszeit produktiv genutzt, weil sie der Beantwortung (empirischer) Fragen gewidmet wird, die nicht nur um ihrer selbst oder des Lerneffektes wegen gestellt werden, sondern die tatsächlich auf eine Nachfrage aus der Zivilgesellschaft zurückgehen.“ (S. 17).

Das Projektbüro kümmert sich vor allem um den organisatorischen Ablauf, um Verwaltungs- und Vertragsfragen, um das Herstellen von Kontakten usw. Und all das darf nicht unterschätzt werden, weil es zusätzliche Anforderungen und Aufgaben sind, die man in der Regel nicht einfach nebenher als Lehrender erledigen kann (und will). Eine Einrichtung wie das Projektbüro kann damit zum Katalysator werden, denn die vielen kleinen und großen Hindernisse von Lehrformaten, die den üblichen und traditionellen Rahmen sprengen, bedeuten nicht selten das Aus für didaktisch gute Konzepte, weil das Engagement einzelner einfach auch mal erschöpft ist. Schnapp selbst fasst die Erfahrungen der letzten Jahre knapp wie folgt zusammen:

„Einerseits wird die Arbeit des Projektbüros von Studierenden und Projektpartnern sehr geschätzt, andererseits bleibt es schwierig, das Büro auf dauerhafte Füße zu stellen. Einerseits macht die Arbeit in den Projekten viel Spaß und die projektbezogene Lehre fühlt sich ganz anders an als ´normale´ Lehre, andererseits bleibt es schwierig, Kolleginnen dauerhaft für diese Form der Lehre zu begeistern“ (S. 18). Das Projektbüro kann den Organisations- und Zeitaufwand für den Lehrenden reduzieren. Machtlos freilich bleibt es bei dem Faktum, dass diese Form der Lehre weder der Reputation noch der Karriere dient. „Wenn mitgearbeitet wird, dann aus Überzeugung“ (S. 19).

Wirklich blamabel für unsere Universitäten ist, dass die Finanzierung solcher nachweislich sinnvollen und doch eigentlich zu den vollmundigen Versprechungen heutiger Hochschulen passenden Initiativen (man denke nur an Slogans wie Wissenstransfer, Nachhaltigkeit, Engagement für die Zivilgesellschaft etc.) nach wie vor nicht langfristig möglich erscheint. Zudem macht sich hier die systematische Nicht-Beachtung individuellen Engagements in Zeiten der institutionellen Strategien negativ bemerkbar. Dazu kommt das Denken in kurzfristigen Projekten (und Erfolgen) und die Fixierung auf Innovation (siehe dazu auch hier), die sich nach außen sichtbar vermarkten lässt. Und so muss auch Kai-Uwe Schnapp nach acht Jahren ernüchtert resümieren:

„Die Finanzierung des Projektbüros ist die zentrale Schwachstelle des gesamten Unterfangens. Ohne die Grundfinanzierung der wissenschaftlichen Stelle kann das Büro nicht auf Dauer arbeiten. Am besten wäre es für eine solche Einrichtung, die Stelle im Kern der Organisation nicht nur befristet, sondern als Dauerstelle besetzen zu können. […] Eine solche Dauerfinanzierung konnte bislang nicht realisiert werden. Gleichermaßen schwierig gestaltet sich die Einwerbung von Fördermitteln für das Büro. Es gab in den letzten Jahren Initiativen von großen Stiftungen, die Service Learning-Initiativen förderten […]. Diese richteten sich aber jeweils an ganze Hochschulen, nicht an Einzelprojekte innerhalb der Hochschulen. Vor allem zeichnen sich Stiftungsmittel aber in der Regel dadurch aus, dass sie als Startgeld für neue Projekte gedacht sind, nicht für deren Dauerfinanzierung. Verschiedene Versuche, Förderung für das Projektbüro einzuwerben, scheiterten genau an der Tatsache, dass das Projektbüro bereits besteht, also keine Innovation mehr ist. Wiederholt wurde auch geurteilt, dass das Angebot des Projektbüros von der Universität als Daueraufgabe wahrgenommen werden müsse und nicht aus Stiftungsmitteln finanziert werden könne. Eine Einbindung in das vom Qualitätspakt Lehre geförderte ´Universitätskolleg´ der Universität Hamburg ist in der letzten Antragsrunde nicht gelungen, weil die Programmsäule, in der das Projektbüro angesiedelt war, vor der Antragseinreichung gestrichen wurde.“ (S. 11)

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