Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Auf sich wirken lassen

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Nachhaltigkeit und Digitalisierung – wie geht das zusammen? Hat die Campus Innovation 2019, die unter eben diesem Motto stand, dazu Antworten geliefert? Nun, das muss sicher jeder für sich beantworten, und das wohl auch in Abhängigkeit von den besuchten Veranstaltungen. Dazu kommt, dass die Campus Innovation gekoppelt war mit dem „U15 Dialog zur Zukunft universitärer Lehre“, der wiederum die „Forschungsorientierung“ ins Zentrum gestellt hatte. Daneben gab es auch Digitalisierungsthemen ohne unmittelbaren Nachhaltigkeitsbezug, was sicher gut so war. Zu manchen Zeiten hätte man sich zwei- oder gar dreiteilen müssen ;-); vieles habe ich also gar nicht gehört.

Ich kann daher keine umfassende Tagungsrezension abgeben, sondern mich nur fragen, was mich besonders angesprochen, verwundert, zum Nachdenken oder Weiterdenken gebracht hat – und das ist jetzt logischerweise höchst selektiv.

Da war erst mal (bei mir an erster Stelle in der Erinnerung) André Alt: Ich war echt überrascht, dass der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz so richtig Ernst macht mit dem, was im Abstract angekündigt war: Alt lieferte eine Satire über Zukunftsszenarien für die akademische Lehre, in denen die Künstliche Intelligenz das Lehrgeschehen an Universitäten zu beherrschen beginnt. Das ist mutig, und ich finde, es passte; nur (ernsthafte) Fragen unmittelbar danach, das passte irgendwie nicht (so meine Einschätzung), denn so ein Bild, das da entsteht, muss man erst mal auf sich wirken lassen. Respekt! Mir hat es gefallen; gerne hätte ich eher am nächsten Tag darüber in kleinem Kreis diskutiert.

Dann war da eine studentische Keynote (zeitlich vor Alt) von Eva Kern und Leonie Schröpfer: Das war aus meiner Sicht eine gute Entscheidung und war auch gut gemacht – es sollte, wenn möglich, „Schule machen“. Etwas Empörung war im Saal spürbar, als Jürgen Handke meinte, Studierende seien nicht gerade die Treiber in Sachen Digitalisierung und generell nicht sonderlich interessiert. Nun ja, das „sagt man nicht (mehr)“, und es war zudem wohl auch die Art des Hinweises, dass dieser deutlich abgelehnt wurde, denn: In späteren Statements (auch in anderen Sessions) wurde durchaus des Öfteren angesprochen, dass Studierende nicht immer leicht für anstrengende, wenig berechenbare Aktivitäten, unter anderem für forschendes Lernen, zu gewinnen sind, dass studentisches Engagement oft von wenigen getragen wird und nicht von der Breite etc. Ich denke auch, man muss darüber sprechen, weswegen diese Einlassung Handkes wichtig war. Aber noch wichtiger wäre, das Thema damit nicht stehen zu lassen.

Der Höhepunkt des ersten Tages war für viele vermutlich der Beitrag von Julian Nida-Rümelin – wie das so ist bei Professoren, die weit über ihre Fachgemeinschaft hinaus auch der breiteren Öffentlichkeit bekannt sind. Sein Thema: Digitaler Humanismus (dazu hat er mit seiner Frau auch ein Buch geschrieben). Nun ja, er hat halt über und aus seinem Buch erzählt – frei. Das kann er gut, aber mir fehlte doch ein roter Faden, den ich bei einem Keynote erwartet hätte. Ich fand es trotzdem vermutlich deshalb interessant, weil wir zuhause nicht selten tatsächlich dieses Thema schon intensiv diskutiert haben: Ich würde den Humanismus als meine „Religion“ verstehen (und suche auf Formularen immer vergeblich nach ihm, um das ankreuzen zu können) und daher kann ich mich mit vielen von Nida Rümelins Aussagen identifizieren – als „einfache Wissenschaftlerin“ ohne Philosophiestudium, die sich Gedanken darüber macht, vor welchem Hintergrund wir unsere Wissenschaft betreiben.

Selber habe ich ja auch am ersten Tag einen Vortrag gehalten im Rahmen des „U15 Tracks“ – nämlich zur forschungsnahen Curriculumentwicklung. Da ich Anfang Dezember bei einem Gedenksymposium für Ludwig Huber in Bielefeld auch noch einmal über dieses Thema sprechen werde, stelle ich aktuell noch nicht mein Redemanuskript online. Dafür wird es noch im Dezember einen neuen Impact Free-Artikel geben, in dem ich die Vortragsinhalte dann auch mit Literaturhinweisen frei zugänglich machen werde. Die Diskussion zur „forschungsorientierten Lehre“ im Vorfeld des Vortrags zwischen dem Präsidenten der Universität Mainz, Georg Krausch, und der Prorektorin für Studium und Lehre der Universität Freiburg, Juliane Besters-Dilger, hat mir gut gefallen: An mehreren Stellen machten die Statements der beiden deutlich, dass es doch ganz verschiedene Werte gibt in der Betrachtung universitärer Lehre – das leitete unerwartet gut zu dem hin, was ich inhaltlich vorbereitet hatte.

Und der Freitag? Da habe ich mich dann ganz auf die Digitalisierung konzentriert. Der e-Learning-Track „Nachhaltigkeit in der Lehre“, so mein eigenes Fazit, zeigte, dass wir doch noch weit davon entfernt sind, wirklich überzeugende Ideen zu haben, wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammengehen könnten bzw. welche besonderen Anforderungen von Nachhaltigkeitszielen auf die digitale Transformation ausgehen, die dann auch die Hochschulen und die Hochschullehre betreffen. Vielleicht hätte an hier an einigen Stellen auf Alts Satire zurückgreifen müssen … Der Nachmittag gehörte (bei mir) dem Video-Thema und dem eLearning-Track „Social Video Learning“ (eine ausführliche Darstellung gibt es hier bei Frank). Infolge unseres SCoRe-Projekts könnte man meinen, dass das eher wenig Sinn ergibt, mir das anzuhören. Aber doch: Es ist sinnvoll gewesen. Es ist eine interessante Erfahrung, wenn man quasi aus der Zuschauerperspektive mit eigenen Projekten konfrontiert wird – und tatsächlich fallen mir da nämlich oft ganz andere Dinge auf oder es fällt mir etwas Neues dazu ein. Dazu kommt, dass zwei Referentinnen weitere, mir noch nicht in allen Details bekannte, Impulse gegeben haben. Ganz besonders habe ich persönlich von Jeanine Reutemanns Beitrag profitiert. Die Campus Innovation war so gesehen auch eine Bereicherung für unser SCoRe-Projekt – aber dazu ein anderes Mal.

 

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