Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Wie fühlte sich das gleich wieder an?

| 1 Kommentar

Ende November 2019 war ich auf der Campus Innovation, die unter dem Motto „Nachhaltigkeit und Innovation“ stand. Es war meine letzte Präsenz-Konferenz vor der COVID-19-Pandemie. Nichtsahnend, was da alles auf uns zukommt, haben wir ganz selbstverständlich – dicht gedrängt – in den Räumen und Fluren des Curio Hauses in Hamburg zusammengestanden, gegen den Lärm ankämpfend kurze, aber interessante Seitengespräche geführt, Vorträge gehört und vielleicht auch selbst gehalten. Am letzten Donnerstag und Freitag nun – zwei Jahre später: 2021 – eine digitale Campus Innovation: auf der Web-Seite im neuen Design, dennoch ähnlich wirkend wie vor zwei Jahren, doch ganz anders und gleichzeitig schon irgendwie gewohnt …. Wie fühlte sich das nochmal an – so mitten unter Menschen auf dem Podium zu stehen und in interessierte oder gelangweilte, nickende oder leicht kopfschüttelnde Gesichter zu blicken, die Stille oder Unruhe wahrzunehmen und auf diese Weise ein Gefühl zu entwickeln, was wohl wie von dem angekommen ist, das man, gut vorbereitet, aber immer auf unsicherer Grundlage, an Thesen und Folgerungen mitgebracht hat? Mein Zeitgefühl mutet mir – am Beispiel Campus Innovation – selbst schon paradox an: Auf der einen Seite ist es, als wäre mein letzte Präsenz-Tagung im November 2019 gerade erst gewesen; auf der anderen Seite ist eben diese schon seltsam weit in die Ferne gerückt …

Okay, man muss aufpassen, nicht ins (kollektive) Selbstmitleid zu fallen, und daher jetzt Themenwechsel: Campus Innovation 2021. „Souveränität, Aktivierung und Offenheit – Chancen und Challenges der Digitalisierung für Hochschulen“ lautete das Thema und der erste Keynote von Judith Simon hat da wohl den (erwarteten) Nerv getroffen: Es ging um digitale Souveränität oder besser darum, dass es ganz offensichtlich ziemlich schwer bis unmöglich ist, eine solche zu erreichen, jedenfalls wenn man die Ebene der Individuen im Blick hat. Judith Simon aber spannte den Bogen weiter und nahm auch Staaten, Institutionen/Unternehmen und Gruppen in den Blick. Doch selbst da sind die Aussichten angesichts eines „Plattformkapitalismus“ ernüchternd. Das mag an sich nicht überraschen, aber man blendet es im Alltag gerne aus, um überhaupt noch handlungsfähig zu bleiben. Das ist freilich keine Lösung. Ich finde, in der Podiumsdiskussion am Ende des ersten Tages hat insbesondere Ramin Yahyapour (CIO der Universität Göttingen) die Spannungsbögen sehr gut deutlich gemacht, in denen sich speziell die Hochschulen und ihre Lehre in Bezug auf das Thema digitale Souveränität befinden. Die Chance, dass auch der National Technology Officer von Microsoft Deutschland, Thomas Langkabel, mit in der Podiumsrunde saß, wurde von der Moderation leider wenig genutzt. Was mir außerdem auffiel: Immer wieder werden in solchen Diskussionen Hochschulen und Hochschullehrende als innovationsfremd, langsam und an ihrem Lehrstoff klebend dargestellt, was keinesfalls flächendecken ein realistisches Bild ist. Immerhin konnten Ramin Yahyapour wie auch (stellenweise) Theresia Bauer hier einige klarstellende Erwiderungen einbringen.

Am Freitag habe ich selber einen Vortrag zum Auftakt des zweiten Konferenztages gehalten. Wohl wissend, dass es nicht das Hype-Thema ist und in der Regel auch nicht zu hitzigen Diskussionen führt, habe ich mich getraut, (mal wieder) eine Lanze für die Rolle der Forschung im Kontext von Lehrinnovationen zu brechen. Es wird wohl nicht verwundern: Mein Fokus war nicht irgendeine Forschung, sondern Design-Based Research (DBR). So etwas ist – in 30 Minuten – immer ein Balanceakt, und noch weniger als im physischen Raum kann ich in einer Videokonferenz erkennen, ob man da irgendeine Resonanz erzeugt. Ich meine ja schon, dass es nicht zu „abstrakt und komplex“ ist, wenn man in einem wissenschaftlichen Umfeld, in das die Hochschulen und die Hochschullehre gehören, die Forschung zum Thema macht, doch dem einen oder anderem Zuhörer erschien es wohl doch als nicht zumutbar ;-). Falls jemand nochmal nachlesen will (im eigenen Tempo) stelle ich hier gerne meine Textgrundlage zur Verfügung:

Vortrag-Campus-Inno-2021

Teilnehmen konnte ich am Freitag dann schließlich noch am Track „Hybride Lernszenarien, Studierendenaktivierung und Vernetzung“. Das Thema hybride Lehre, da bin ich sicher, wird uns – angeschoben durch die Pandemie – in jedem Fall noch länger und intensiv begleiten. Ich habe nun schon so oft in diesem Blog darüber berichtet, dass ich das einfach mal so stehen lasse. Ich habe mich vor allem gefreut, in diesem Track mal wieder Christian Kohls und Ulrike Lucke zu hören. Mit Christian schloss sich gleich ein Austausch zur möglichen Verknüpfung von Design-Based Research und dem Pattern-Ansatz an. Ulrikes Beitrag hat mich neugierig gemacht, wie es weitergeht mit der Nationalen Bildungsplattform, die mir trotz ihrer guten Darstellung im Prozess und angestrebten Ergebnis immer noch ziemlich rätselhaft ist (was, wie gesagt, nicht an der Darstellung, sondern wohl am Kern der Idee lag).

Den abschließenden Keynote kann ich mir leider erst ansehen, wenn er online verfügbar ist – ein Phänomen, das einem aber immerhin auch bei Präsenz-Tagungen passiert (wegen abfahrender Züge, wenn man sich woanders befindet, oder schlechter Terminplanung, wenn man das eigene Büro um die Ecke hat). 🙂

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.