Dem Blended Learning gehört nach wie vor der aktuelle kommerzielle Erfolg, aber nicht die Zukunft – so eine der zentralen Folgerungen der alljährlichen Trendstudie des Instituts für Medien und Kompetenzforschung – bekannt unter dem Namen MMB Learning Delphi. „Blended Learning“ gilt im Bericht als „Old School-Thema, das es diesmal nicht unter die drei wichtigsten Trends für die kommenden drei Jahre geschafft hat“. Trotzdem sei es im Moment noch das „Brot-und-Butter-Geschäft“ der E-Learning-Anbieter. Na ja, in der Breite dessen, was mit Blended Learning alles erfasst werden kann, ist es auch ziemlich schwierig, dass diese Aussage NICHT zutrifft. Jedenfalls hätte ich passend zum Thema ein Preprint, das sich ebenfalls mit dem Blended Learning beschäftigt, allerdings nicht im Zusammenhang mit der Wirtschaft, sondern mit der Lehrerbildung. Vielleicht ist es trotzdem auch für Wirtschaftsvertreter interessant.
Monat: Juni 2011
Dozierwahn und Hochschuldidaktik
„Aktionsfelder der Hochschuldidaktik. Von der Weiterbildung zum Diskurs“ – dieses Buch erscheint demnächst im Waxmann Verlag, herausgegeben von Mitarbeiter/innen (und ehemaligen Mitarbeiter/innen) an der Universität Zürich im Bereich Hochschuldidaktik. Anlass war/ist der Wechsel des Leiters, Peter Tremp, an eine andere Wirkungsstätte. Da ich dank Peter Tremps Programmen und Fürsprache schon oft in Zürich war, war ich natürlich gerne bereit, für das Buch, das ihm gewidmet ist, einen Beitrag zu liefern. Mein Titel (im Buch etwas verkürzt wiedergegeben) lautet: „Förderung von Lehrkompetenz in der wissenschaftlichen Weiterbildung: Ausgangslage, Anforderungen und erste Ideen“. Hier der Preprint und die Buchankündigung:
Preprint_Lehrkompetenz_wiss_Weiterbildung
Weil, Schiefner, Eugster, Futter-1
Bei der Gelegenheit möchte ich auch endlich mal auf einen älteren, aber aus meiner Sicht lesenswerten Beitrag über die Entwicklung der Hochschuldidaktik von Ludwig Huber aufmerksam machen: „Hochschuldidaktik als Theorie der Bildung und Ausbildung“. Der Beitrag ist von 1983 (z.B. hier als Volltext herunterzuladen) und dennoch hochaktuell. Sehr schade ist nur, dass diese Geschichte der Hochschuldidaktik bislang nicht fortgeschrieben wurde! Ich finde den Beitrag sehr informativ; er macht u.a. gut deutlich, dass weder die Diskussion um die vermeintliche oder tatsächliche „Pädagogisierung der Hochschule“ noch der Streit um Reformen (z.B. zur Verringerung des „Dozierwahns“, S. 121) eine neue Erscheinung ist. Dass sich für Huber Hochschuldidaktik immer auch mit Hochschulpolitik verbindet (S. 116), ist vor dem Hintergrund seiner historischen Skizze mehr als nachvollziehbar – und wer sich in diesem Feld ernsthaft engagiert, wird das selbst auch immer wieder zu spüren bekommen.
Verständigung auch ohne den Kompetenzbegriff?
An sich gehen mir ja diese Kompetenzdiskussionen allmählich auf die Nerven. Ich frage mich, ob wir uns nicht auch verstehen würden, wenn wir von Wissen, Können und Haltungen sprechen würden, meinetwegen auch von Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen. In der eingesparten Zeit könnten wir uns stattdessen mehr Gedanken darüber machen, welche Bildungsziele wir eigentlich verfolgen, was für eine Idee (oder Ideen) von Bildung wir für welche Gesellschaftsbereiche warum bevorzugen, welchen Beitrag die Hochschulen dazu leisten, was überhaupt „Hochschulbildung“ ist etc. Ich denke mir das z.B. immer wieder, wenn ich diese formalisierten Kompetenzdarstellungen in Modulhandbüchern lese, die sich immer mehr wie Stellenangebote lesen. Und doch kommt man da nicht raus – z.B. dann nicht, wenn man selbst seine Module beschreiben soll, und auch dann nicht, wenn man gebeten wird, einen Beitrag für ein Handbuch zur Informationskompetenz zu schreiben: Meine Aufgabe war es, einen kurzen Handbuchartikel darüber zu verfassen, in welcher Beziehung das persönliche Wissensmanagement zur Informationskompetenz steht. Hier der Preprint:
Preprint_Informationskompetenz und persönliches Wissensmanagement
Ob es auch ohne den Kompetenzbegriff gegangen wäre?
Nachtrag am 13.08.2011: Leider muss ich den Preprint vom Netz nehmen, weil der Verlag dies nicht möchte. Erst ein Jahr nach Erscheinen des Bandes ist dies wieder möglich.
15 Kilo Wissen
Nun wird es aber Zeit, dass ich endlich auch mal ein paar Worte über das Ende und den Neuanfang unserer Arbeit im Kontext „digitale Medien in der Fahrlehreraus- und -weiterbildung“ verliere. Im Mai haben wir das EU-Projekt „Driver Instructor Education 2.0“ abgeschlossen. Sowohl Tamara (hier) als auch Frank (hier) haben darüber bereits ausführlich berichtet (zum Projektüberblick mit weiterführenden Links siehe hier). Auch im digitalen Zeitalter gilt es nach wie vor, die Ergebnisse zu materialisieren. Herausgekommen sind „15 Kilo Wissen“ (in Form zweier Pakete mit dicken Aktenordnern an die EU): Was für eine schöne Möglichkeit der Quantifizierung von Forschungsoutput … mich wundert es, dass man das noch nicht als reguläres Maß eingeführt hat. Fast nahtlos können wir nun ab Juni im Rahmen eines bmbf-Projektes die kommenden eineinhalb Jahre auf diesem Gebiet weitermachen. Unter dem Titel „Partizipative Qualitätsentwicklung in Fahrlehrerausbildungsstätten zur videobasierten Förderung von Lehrkompetenz“ soll das Erfahrungswissen von Ausbildern zum Einsatz von Video in der Fahrlehrerausbildung in einer virtuellen Community gesammelt, zum gegenseitigen Nutzen ausgetauscht und dabei auch neue Vorgehensweisen entwickelt werden.
Mich persönlich interessieren Kontexte wie die Fahrlehrerausbildung vor allem vor dem Hintergrund, wie sie sich z.B. von akademischen Kontexten unterscheiden, welche besonderen Herausforderungen sie stellen und was man daraus generell für das Lehren und Lernen lernen kann. Für Tamara freue ich mich, dass sie nun ihre in den letzten eineinhalb Jahren aufgebauten Kenntnisse und Fähigkeiten auf diesem Feld ausbauen und bald als unsere „Fahrlehrer-Expertin“ fungieren kann :-). Den Sog, solche Anschlussprojekte nicht nur ausschließlich aus inhaltlichen Gründen, sondern AUCH deswegen zu akquirieren, dass man den wissenschaftlichen Nachwuchs weiter fördern kann, spüre ich seit einigen Jahren in hohem Maße. Während das einerseits durchaus motivierend sein kann und man dabei eben auch neue Dinge lernt, die dazu gehören, wenn man Führungsaufgaben in kleineren oder größeren Teams übernimmt, erhöht es andererseits zumindest langfristig die Gefahr sich zu verzetteln. Ganz schnell kann es dann zudem passieren, dass man – bildlich gesprochen – das „Gewicht“ des eigenen Outputs in den Vordergrund rückt – als könne man wissenschaftliche Erkenntnis tatsächlich abmessen wie Industrieprodukte.