An den Hochschulen werden weiter fleißig Studiengänge akkreditiert. Für diesen Zweck wird vor allem tonnenweise Papier produziert – dicke Wälzer, die Ausdruck von Fleißarbeiten ohne Gleichen sind. Dass das nicht sinnvoll sein kann, hat die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) schon seit längerer Zeit erkannt. Nun gibt es eine neue aktuelle Pressemeldung (hier), in der die HRK dafür plädiert, die „eklatanten Schwächen“ in der Akkreditierungspraxis zu beseitigen. Das Losungswort heißt: institutionelle Audits, in denen begutachtet wird, „ob die Strukturen und Prozesse einer Hochschule geeignet sind, die von ihr selbst gewählten Qualitätsziele in Lehre und Studium zu erreichen“.
Die Audits sollen nach international anerkannten Evaluationsprinzipien durchgeführt werden, wobei leider nicht gesagt wird, wie das genau gemeint ist. Orientieren sich aktuelle Akkreditierungen nicht danach? Die Hochschulen sollen dabei vor allem unterstützt werden, ihre Aufgaben in Studium und Lehre besser wahrzunehmen. Das wäre immerhin ein Fortschritt, wenn man an die Stelle der derzeitigen Behinderung durch Akkreditierungen eine Unterstützung anbietet. Es soll ein „Qualitätssiegel“ vergeben werden – und zwar als Nachweis für die hohe Qualität der Lehre. Das wiederum ist eine seltsame Folgerung, denn aus einem handwerklich gut gestalteten Studiengang folgt noch keine qualitativ gute Lehre auf der Veranstaltungsebene. Und dann wird natürlich wieder der „Wettbewerb der Hochschulen untereinander“ ins Feld geführt – Wettbewerb über alles, eine Art Mantra aus dem Hoffnungsland der Marktwirtschaft. Das ist mir ein Rätsel, dass man diesem Irrglauben, man könne Bildung und Universitäten nach diesen Prinzipien besser machen, so beharrlich anhängt – trotz aller gegenteiliger Erfahrungen.
Fazit: Schön, dass die HRK es anstoßen will, diesen Akkreditierungswahnsinn einzudämmen. Schön auch, dass es neue Ideen gibt, es anders zu machen. Schade aber, dass Rhetorik doch wieder wichtiger ist als Inhalte. Und schade vor allem, dass das ökonomische Primat nach wie vor ungebrochen zu sein scheint.
Liebe Frau Reinmann,
ja wirklich, da sprechen Sie auch mir und uns vom Hamburger Zentrum für Hochschul- und Weiterbildung (ZHW) aus der Seele. Auch bei Re-Akkreditierungen, wie sie für unseren hochschuldidaktischen Master of Higher Education ansteht, werden „tonnenweise“ Papiere produziert, Selbstberichte, Materialsammlungen usw. Zwar gibt es „Frage-/Hilfestellungen“ zur Erstellung. Aber die „Nagelprobe“ folgt wohl erst bei den Begehungen durch die/mit den Gutachtern. Wir sind jedenfalls auf die „qualitativen“ Diskussionen mit der Gruppe der Akkreditierer gespannt und erhoffen uns nicht nur „Controlling“, sondern Anregungen und hilfreiche Diskussionen. …und vielleicht auch lobende Bestätigung für einen immerhin seit 5 Jahren erfolgreichen Weiterbildungs-Master zur didaktischen Qualifizierung von Hochschullehrenden.
Gruß Angela Sommer
hallo gabi,
als ich gerade Konrad Paul Liessmanns ‚Theorie der Unbildung‘ für eine kritische Auseinandersetzung mit der Hochschullandschaft einführen wollte, bekam ich eine interssante Anmerkung: Das Buch sei von 2006, betrachte also noch das ‚alte‘ Bologna 1.0 – nicht die neue 2.0er Version … dabei beschreibt Liessmann doch gerade das selbstreferenzierende Wesen von Reformen: sie produzieren Reformbedarf, verbessern aber selten die Ausgangslage …
… lesenswert 😉
gruß bernie