Naiv gewesen?

Am Freitag war ich an der Universität Heidelberg zur Abschlussveranstaltung eines Projekts mit dem Titel „Willkommen in der Wissenschaft – Forschungsorientierte Lehrkonzepte“. Derzeit kann man hier leider nur die Titel der während der Projektlaufzeit geförderten Projekte ansehen, aber versprochen wurde noch eine Dokumentation, auf die ich sehr gespannt bin. Ich war eingeladen worden, um einen Vortrag auf eben dieser Abschlussveranstaltung zu halten. Das Manuskript stelle ich gerne zur Verfügung:

Vortrag_Heidelberg_Dez2015

Das darin vorgestellte Modell in grafischer Form sowie dazugehörige Literatur finden sich unter anderem auch in dieser Publikation auf den Seiten 121 bis 137.

Für mich interessant waren die Diskussion nach meinem Vortrag, die Posterpräsentationen der aktuell geförderten Projekte und der kurze Austausch mit einigen Projektleitern/-mitarbeitern. In der Diskussion wurde noch einmal bekräftigt, wie wichtig die Unterschiede sind, die eine forschungsorientierte Lehre in den verschiedenen Studiengängen berücksichtigen muss. Es wurden aber nicht nur unterschiedliche Forschungsauffassungen thematisiert, sondern auch die Diversität in den Lehr- und Lernkulturen der Disziplinen.

Hängen geblieben bin ich im Rahmen der Posterpräsentation vor allem bei einer nun schon seit mehreren Semestern laufenden Veranstaltung in der Soziologie: Forschungsorientierung von Anfang an (Dr. Stefan Bär und Sebastian Starystach). Das Konzept basiert auf einer Planspiel-Idee, die zusammen mit Studierenden entstanden ist. Es ermöglicht und fördert ein – ich sage mal – arbeitsteiliges Eintauchen in einen typischen soziologischen Forschungsprozess, der auf der einen Seite stark angeleitet ist (durch die Planspielrollen und -dramaturgie), auf der andere Seite aber offen in der sich entwickelnden Dynamik ist. Ich denke, im Rahmen von FideS werden wir auf diese Heidelberger Lehrende sicher noch zugehen, weil das eine deutlich sich abhebende Form forschungsorientierter Lehre ist, wenn man diese mit anderen Konzepten vergleicht.

Mehrfach gefallen ist in Gesprächen und Diskussionen die Bezeichnung „naiv“ für die eigenen Annahmen im Vorfeld oder zu Beginn der Projekte: Naiv sei man, so äußerten sich ein paar der engagierten Lehrenden, z.B. in der Annahme gewesen, Studierende würden einem „die Bude einrennen“, wenn man forschungsorientierte Lehre anbietet, oder in der Annahme, die Studierenden wüssten aufgrund umfänglicher Information genau, was auf sie zukomme, wenn sie forschend lernen, oder in der Annahme, es würde schon zeitnah gelingen, erfolgreiche Konzepte auch im Curriculum des jeweiligen Studiengangs zu verankern. Aber die positiven Erfahrungen scheinen diese kritischen Momente doch ganz deutlich zu überwiegen und es ist daher nur zu hoffen, dass Förderungen dieser Art nicht nur weitergehen, sondern fester Bestandteil der Entwicklung der Hochschullehre werden.

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