Lebendig

Hamburg: Es ist 6.10 Uhr morgens. Ich habe mich eben in die S-Bahn gesetzt auf dem Weg zur Uni. Jetzt fahren die Bahnen alle 10 Minuten; auf die Uhr schaue ich da also eher nicht. Eintönig verkündet die Computer-Ansage die nächste Haltestelle. Dann meldet sich ein lebendiger Mensch über Lautsprecher:

„Guten Morgen. Also das tut mir leid, dass ich mich jetzt erst melde. Aber ich musste unser kleines Problem erst in den Griff bekommen. Wir haben leider zwei Minuten Verspätung, wie Sie sicher alle bemerkt haben, aber ich denke, wir müssen nicht befürchten, dass das noch schlimmer wird oder dass wir nicht ankommen. Also ich hab das in Griff gekriegt und wir kommen bestimmt an!“ Gegen 6.00 Uhr morgens ist die S-Bahn überschaubar besetzt. In meinem Blickfeld sitzen drei junge Männer verschiedenster Hautfarbe und grinsen. „Der ist doch mal gut.“ – „Zwei Minuten!“. Man lächelt sich zu; irgendwie ist dieser Morgen anders – die Worte über Lautsprecher machen ihn besonders. Drei bis vier Minuten später haben wir nochmal das Vergnügen: „Wir erreichen jetzt Langenfelde mit nur mehr einer Verspätung von 40 Sekunden“. Der Mann mir gegenüber verschluckt sich an seinem Kaffee. Die anderen beiden freuen sich „Da kommt ja jetzt richtig Stimmung auf“! – „Den Mann sollte man in der Regionalbahn einsetzen“. Es folgen die eintönigen Haltestellen-Ansagen. Man schaut ins Smartphone, vielleicht auch in ein Buch oder aus dem Fenster. Trotzdem: Die 40 Sekunden Verspätung an diesem Morgen werden in Erinnerung bleiben.

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