Sowohl auf Spiegel online (hier) als auch im duz-magazin (hier) ist seit kurzem ein Beitrag von Armin Himmelrath zur „Streitkultur in der Wissenschaft“ zu lesen. Die dort zitierten Wissenschaftler sind sich uneins, ob fruchtbare Kontroversen um die Sache nach wie vor in der Wissenschaft stattfinden oder sich langsam auflösen – unter anderem aufgrund von Angst vor Nachteilen für die eigene Wissenschaftlerkarriere. Am Ende des Beitrags kommen auch Blogs zur Sprache – mit der typischen eher ablehnenden Haltung (von einzelnen Ausnahmen einmal abgesehen). Da kommen dann Hinweise wie „erst nachdenken, dann schreiben“, als würde man beim Bloggen das Hirn ausschalten. Oder: Für den „intellektuellen Funkenflug“ brauche mal reale Räume – na ja, also so viele intellektuelle Funkenflüge habe ich jetzt auf Tagungen oder anderen Anlässen der realen Zusammenkunft auch noch nicht erlebt. Interessant ist auch die Aussage „Blogs und Mails wirken als Beschleuniger“, bei der das Verfassen von Mails und das Bloggen gleich mal zu EINER Gruppe böser Werkzeuge deklariert werden – wohl weil man zu beidem einen Computer braucht. Und wenn ich lese, „der Wettstreit zwischen Argumenten sei online nicht zu ersetzen“, dann wundere ich mich schon ein bisschen über die weltfremde Haltung gegenüber dem technologischen Wandel, der längst alle Lebensbereiche erreicht hat – nur eben manche Professoren-Büros nicht. Aber vielleicht ist das Plädoyer für „menschliche Nähe“ (versus unmenschliche Cyber-Profs) auch einfach nur eine (nach wie vor wirksame) Taktik, um sich die Anforderung nach mehr Transparenz und öffentlicher Kommunikation vom Hals zu halten.
Zum Thema „Öffentlichkeit und Wissenschaft“ möchte ich bei der Gelegenheit auf einen Beitrag von Julia Russau verweisen, die sich mit dem Thema im Zusammenhang mit „sozialer Arbeit“ widmet (hier).
Mich fasziniert die Idee “festbetonierter Disziplinen”, die es wohl noch reichlich in (zu) vielen Köpfen gibt. Günter Stocks Position zur Funktion von Akademien (letzter Absatz) kann ich sogar teilen, wenn denn dort wirklich disputiert würde! Das wechselseitige Ausspielen von physischer und virtueller Präsenz geht mir seit Jahren im Kontext von Team-Zusammenarbeit und Communities of Practice gehörig auf die Nerven und ja, die Glaubwürdigkeit derjenigen die dort argumentieren sinkt natürlich, wenn sie virtuell kaum Präsenz (und damit Erfahrung) haben. Sachlogisch ist es doch so, dass wir uns in vielen fachlichen Kontexten nicht oft physisch treffen KÖNNEN und damit die persönlichen Begegnungen zu etwas sehr Wertvollem werden. Ich empfinde es als zusätzliche MÖGLICHKEIT, mit gleich- oder anders-gesinnten online vorher, nachher oder auch ersatzweise konversieren zu können.
Ich denke eher die Diskurskultur kommt durch (teilweise wohl begründete) Ängste unter Druck. Sascha Lobo hat da Treffendens geschrieben (gut es geht um “Beschwerden”, trifft aber m.E. auch auf Diskurse zu): http://www.spiegel.de/netzwelt/web/s-p-o-n-die-mensch-maschine-beschwert-euch-a-799088.html (insbes. dritter Absatz).
Hallo Karsten,
danke für den interessanten Link! Wobei „Beschweren“ möglichst auch mit konstruktiven Vorschlägen versehen werden sollten. Im gestrigen Doktorandenkolloquium hat Jan die (schon seit einigen Jahren bestehende) Initiative Demokratix vorgestellt: http://demo.demokratix.de/demokratix.php
Das passt vielleicht in diesen Zusammenhang. 🙂
Gabi