Wie liest man einen wissenschaftlichen Text im Rahmen eines Studiums – vor allem zu Studienbeginn, wenn vieles neu ist? Die Studierenden in unserem Master Higher Education (MHE) verfügen in der Regel alle bereits über mehr als einen Bachelor-Abschluss. Mitunter sind sie schon promoviert, einige auch habilitiert oder (wenige) gar selbst Professoren. Trotzdem ist – sonst würde man dieses Fach nicht studieren – vieles neu, denn die Teilnehmer des MHE kommen aus höchst unterschiedlichen Disziplinen. Daher ist die Frage berechtigt, wie man denn einen bildungswissenschaftlichen Text liest, zumal, wenn er von dem abweicht, was man aus der eigenen Fachdisziplin her kennt (Art der Texterstellung, resultierende Form des Textes etc.)
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Nicht über jedes Stöckchen springen
Nun ist sie also da – in ihrer Unumgänglichkeit: die DSGVO. Viele Buttons habe ich seither bei der digitalen Arbeit angeklickt, damit ich eine Webseite weiter nutzen kann – und nein, natürlich habe ich nicht jedes Mal gelesen, was mir da „verordnet verständlich“ in langen Texten mitgeteilt wird. Was ich im letzten Monat also so alles (im Detail) bestätigt bzw. wozu ich so alles zugestimmt habe, das weiß ich nicht. Mir war an sich wohler, als ich noch nicht so viele Zustimmungen ins Blaue hinein tätigen musste – so viel zur „gefühlten“ Daten- und Internetsicherheit.
Gute Absichten im Konflikt
Die schwedischen Wissenschaftler Martin Erikson und Malgorzata Erikson befassen sich in einem aktuellen Artikel mit dem Titel „Learning outcomes and critical thinking – good intentions in conflict“ (online vollständig zugänglich hier) mit den oft übersehenen Konsequenzen einer dominanten Orientierung an Learning Outcomes (und damit zusammenhängend an Lehr-/Lernzieltaxonomien) vor allem im Zusammenhang mit komplexen Bildungszielen wie kritisches Denken.
Fragen an das Fach selbst
Schon angekündigt – nämlich hier –, aber aktuell noch nicht erschienen, ist ein neuer Beitrag in der Zeitschrift Das Hochschulwesen von Ludwig Huber mit dem Titel „SoTL weiterdenken! Zur Situation und Entwicklung des Scholarship of Teaching and Learning (SoTL) an deutschen Hochschulen“. Ich bin in der glücklichen Lage, das Manuskript zu kennen, weshalb ich die Lektüre schon vor dem Erscheinen ausdrücklich empfehlen kann.
Leseluxus
In den vergangenen Monaten bestand meine – ich nenne es mal – „Nebenher-Lektüre“ – in drei Büchern: „Die große Gereiztheit. Wege aus der kollektiven Erregung“ von Bernhard Pörksen (in diesem Blog siehe auch hier), „Der Angriff der Algorithmen“ von Cathy O´Neil und „Das metrische Wir. Über die Quantifizierung des Sozialen“ von Steffen Mau (siehe auch hier). Alle drei Bücher setzen sich im weitesten Sinne mit den Folgen der Digitalisierung auf den Einzelnen und die Gesellschaft auseinander. Dabei stehen nicht konkrete Kontexte wie Wissenschaft und Bildung im Zentrum. In jedem der drei Büchern aber finden sich zahlreiche Beispiele – darunter auch solche, die direkt oder indirekt für die Hochschulbildung relevant sind. Denn natürlich lese ich solche Bücher – quasi unvermeidlich – immer auch unter der hochschuldidaktischen Perspektive und zu dieser gehört selbstredend die hochschuldidaktische Forschung, also auch die Wissenschaftsperspektive.
Wenns ums Geld geht …
… ist der Streit vorprogrammiert. Viele fragen sich, was nach 2020 (sei es 2021, 2023, 2025 – je nach „Pakt“) so alles (nicht) passiert, wenn also zusätzliche Finanzierungen durch das BMBF in der aktuellen Form an Hochschulen wegfallen oder neu in anderer Form kommen. Dazu äußern sich natürlich (mindestens) der Wissenschaftsrat und die Hochschulrektorenkonferenz, und Einigkeit besteht an vielen Stellen nicht. Forschung und Lehre hat in den letzten Tagen bzw. Wochen auf verschiedene Papiere, Stellungnahmen wie auch Studien verwiesen, die sich ernüchternd lesen. Da ist z.B. die Rede von einem gewaltigen Sanierungsstau (hier), von Inkonsistenzen bei Vorschlägen zur Verteilung von Mitteln (hier) und vom Überhang der Finanzierung durch Drittmittel (hier).
Wachstumshörig
Viele Zahlen liefert eine neue Studie mit dem Titel „Entwicklung der Finanzierung von Hochschulen und Außeruniversitären Forschungseinrichtungen seit 1995“ (Autoren: Dieter Dohmen und Lena Wrobel), in Auftrag gegeben vom Deutschen Hochschulverband (DHV) und durchgeführt vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS). Der DHV liefert selbst eine Zusammenfassung (hier) und einige Journalisten haben sich dem Thema und der Studie bereits angenommen, z.B. Armin Himmelrath und Hannah Bethke. Zu den auch für die Hochschullehre (und Hochschuldidaktik) wichtigen Resultaten gehören wohl: Universitäten sind zunehmend abhängig von Drittmitteln (was wir schon wussten, es jetzt aber qantifizieren können) und die Aufwendungen für Lehre im Vergleich zu denen für die Forschung sinken (was wir auch wussten, es jetzt aber „evident“ machen können). So oder so: Die Zahlen im Bericht lesen sich tendenziell wie eine große Erfolgsmeldung. Kritisch scheint „nur“ zu sein, dass der Staat zu wenig präsent dabei ist.
Systematik gegen Aktionismus
Thomas Tribelhorn und Roman Suter von der Universität Bern haben einen interessanten Text mit dem Titel „Evidenzorientierte Lehrentwicklung: Systematik der Interventionen“ geschrieben. Warum im Titel „evidenzorientiert“ steht, ist mir allerdings nicht so recht klar geworden (vermutlich wegen des Themenheftes: Evidenzorientierte Qualitätsentwicklung), denn: Im Kern geht es um die Entwicklung von Dimensionen, mit denen man systematisch Maßnahmen zur Lehrentwicklung beschreiben kann. Hierzu bedienen sich die Autoren bereits bestehender Modelle, führen diese schlüssig zusammen und zeigen anhand von Beispielen, dass die Systematik zur Beschreibung hochschuldidaktischer Maßnahmen unterschiedlichster Art gut geeignet ist.
Im Gleichschritt
„Das metrische Wir. Über die Quantifizierung des Sozialen“ – so lautet der Titel eines aktuellen Buches von Steffen Mau, erschienen 2017 im Suhrkamp Verlag. Das Buch beschäftigt sich mit der „Vermessung“ von Personen, Organisationen und Institutionen. Auch Wissenschaftler und Universitäten werden in einzelnen Kapiteln mehrfach als Beispiele aufgenommen. Die Konzentration auf Sichtbarkeit – ein Phänomen, das mir auch persönlich seit langem auf- und missfällt (siehe z.B. hier und hier) – und die Fixierung auf die Zahl werden kritisch hinterfragt. Dass wir uns mitten in einer digitalen Transformation befinden, befördert (wen wundert es) die Quantifizierung des Sozialen.
Nur Zahnräder im System?
Angeregt durch den Vortrag von Torgny Roxå (Universität Lund) auf der Jahrestagung der dghd in Karlsruhe, habe ich den Text „Agency and structure in academic development practices: are we liberating academic teachers or are we part of a machinery supressing them?” von Roxå und K. Mårtenson gelesen, 2017 erschienen im International Journal for Academic Development (22(2), 95-105.). Ein ungewöhnlicher und mutiger Text, der über die Erfahrungen berichtet, die Hochschuldidaktiker und Hochschulentwickler an der Universität Lund im Rahmen einer Selbstevaluation ihrer Arbeit (Beratung, Kursangebote etc.) gemacht haben.