Gleich zwei – aus meiner Sicht völlig berechtigte – Aktionen von Wissenschaftlern gegen die die neuen Pläne der Exzellenzinitiative und die (inzwischen als verfassungswidrig erkannte) Form der bestehenden Akkreditierungspraxis sind derzeit online nachzulesen und können im Falle der Exzellenzinitiative durch digitale Unterschrift auch unterstützt werden.
Auf dem Blog Exzellenzkritik sind prägnant die wichtigsten Argumente gegen die Form der geplanten Exzellenzinitiative aufgeführt. Weil man das mit einem Klick auf den Blog selbst nachlesen kann, beschränke ich mich hier auf das erste Argument: „Die Exzellenzinitiative befördert den Trend zu Pseudo-Märkten im Hochschulsektor. Statt für eine solide Grundfinanzierung zu sorgen, treibt die Wissenschaftspolitik die Forschenden in eine künstlich inszenierte Dauerkonkurrenz um staatliche Mittel. Sie verstärkt damit eine Fassadenkultur der Antragstellung, die Orientierung am Mainstream und prekäre Projekt-Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft.“ Vier weitere Argumente folgen. Weiter unten im Text findet man die Erstunterzeichner – aber das sind natürlich nicht alle, welche die Petition unterstützen: Hier ist zu sehen, wer bereits dabei ist. Man kann sich noch anschließen!
Den Heidelberger Aufruf gegen die Akkreditierung kann man als offenen Brief hier online in der FAZ nachlesen. Der Gastbeitrag von Heidelberger Professoren findet klare Worte und führt fünf Gründe an, warum man die derzeitige Akkreditierung als Unwesen bezeichnen kann. So heißt es unter anderem: „Das Unwesen der Akkreditierung führt zu universitärer Planwirtschaft, einem Exzess an Bürokratie und zur Selbstherrlichkeit einer niemandem verantwortlichen Akkreditierungsoligarchie“. Daher, so der Aufruf, sollten alle politischen Entscheidungsträger den Mut haben, sich nun des Karlsruher Urteils zu bedienen.
Der Aufschrei akademischer Geweihträger gegenüber der Akkreditierung ist ein liebgewordenes Ritual. Es insinuiert die Vorstellung, dass zu einer Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat, die Staatsbürokratie für Qualität sorgte. Nichts von alledem ist wahr. Im Gegenteil! Wir sollten nicht der Restauration alter Zöpfe nachstreben. Bei aller Kritik an den Verfahren der Akkreditierung: Sie ist ein Quantensprung gegenüber der Illusion, dass die Selbstverwaltung der Akademiker sich am Ziel von Qualität und Transparenz orientierte. Der Steuerzahler, der das Unternehmen Wissenschaft finanziert, darf mehr von seinen alimentierten Beamten erwarten und die Studierenden auch. Auch Studiengänge sollten sich selbstverständlich externen TÜVS und Prüfverfahren stellen und es sollte endlich Abschied von der Idee genommen werden, dass Hochschulen eine exterritoriale Veranstaltung sind, für die Sonderregelung gelten. Woher kommt diese (bornierte) Vorstellung eigentlich? Beklagenswert ist nur, dass die rechliche Absicherung der Akkreditierung schlampig gemacht wurde.
Ich glaube nicht, dass es letztlich hilfreich, sich gegenseitig nur Ignoranz oder Borniertheit vorzuwerfen – was in beide Richtungen gilt. Richtig aber finde ich sehr wohl, Missstände zu benennen und auch Entwicklungen zu stoppen und/oder in andere Bahnen zu lenken, wenn die Nebenwirkungen (wie bei der Akkreditierung) einfach zu hoch und die Effekte gar nicht wie erhofft sind (besser Qualität von Studiengängen). Über die Argumente kann und soll man streiten: Da gibt es dann jeweils bessere und schlechtere. Es ist ja zudem keineswegs so, dass es in der Wissenschaft keine Kontrolle gäbe, die man – da stimme ich zu – auch auf die Lehre ausweiten kann un soll: Peer Review ist hier ein gesetztes Prinzip. Auch das kann sehr sinnvoll und fruchtbar und so umgesetzt werden, dass es fragwürdig wird. Mein Fazit: Die öffentliche Auseinandersetzung über doch schwerwiegende Interventionen ist richtig, noch dazu nach solchen Urteilen. Ein Streit über das bessere Argument ist sicher ebenso wichtig.
@Hans-Peter Friedrich… welche Qualität(en) und welche Transparenz hat dieser attestierte „Quantensprung“ denn nun eigentlich erzeugt?
Zur Validität externer „Prüfverfahren“ werden uns ja fast wöchentlich ganz erstaunliche Einsichten gewährt. Es sei nur an die Rolle der großen Wirtschafsprüfungsgesellschaften in der Finanzkrise, den ADAC und die sich noch immer ausweitenden Abgasskandale in der Automobilindustrie gedacht… (die Reihe lässt sich ohne Problem weiter ausbauen).