Über Peters Lernpfade bin ich auf den „Sympathiepreis“ an der ETH-Zürich gestoßen: So heißt es jedenfalls im Text zur Auszeichnung exzellenter Lehre; die Preise für 2006 wurden gestern verliehen.
Also, ich weiß nicht so recht: schon der Begriff „Sympathiepreis“ ist meiner Ansicht nach nicht gerade gut gewählt – auf der einen Seite jedenfalls nicht, denn man würde sich ja schon wünschen, dass die Urteile über die Güte von Lehre gerade nicht von der Sympathie, sondern von der tatsächlichen oder wahrgenommenen Lehrqualität abhängen. Auf der anderen Seite bringt es ja vielleicht auch auf den Punkt, was scheinbar nüchterne Lehrevaluationen gerne unter den Tisch fallen lassen, nämlich dass gute oder schlechte Urteile über die Lehre sehr wohl davon abhängen, ob Studierenden einen Lehrenden symapthisch finden oder nicht.
Fazit: Lehrevaluation ist generell eine große Herausforderung, der man bisher mit eher wenig Kreativität begegnet. Ich habe jedenfalls noch kein Konzept gesehen, bei dem man einige zentrale Probleme (neben dem oben genannten Sympathieproblem) angeht, die dabei auftreten:
- Problem Nr. 1: Ein Lehrender ist anspruchsvoll, überlegt sich viele Maßnahmen, um die Studierenden zu aktivieren, erzeugt damit aber auch Druck, der mitunter negativ beurteilt wird. Schlechte Noten für den Dozenten – weil die Lehre wirklich schlecht war oder weil man viel tun musste? Diese Frage muss man sich natürlich auch in umgekehrter Form stellen (wenig Anspruch, wenig Arbeit für die Studierenden, gute Noten – wofür aber denn genau?).
- Problem Nr. 2: Ein Lehrender ist erfahren und setzt eine Didaktik um, die den Studierenden nicht gleich einsichtig ist – jedenfalls nicht in und am Ende der Veranstaltung. Einige Wochen, Monate oder vielleicht Jahre später dann aber die Erkenntnis: Das war gut damals – da habe ich was gelernt! Die Evaluationen aber bescherten dem Lehrenden eher schlechte oder zumindest keine hervorragenden Noten – weil es wirklich entscheidend ist, aktuelle Zufriedenheit zu erreichen statt – wie man heute so schön sagt – auf Nachhaltigkeit beim Lernen zu setzen?
- Problem Nr. 3: Studiengebühren machen Studierende teils schon jetzt, teils bald scheinbar zum Kunden; scheinbar deshalb, weil der „Bildungsmarkt“ (plus Ware, Kunde, Produzent etc.) allenfalls eine Metapher ist. Wer zahlt, schafft an – so ein alter Spruch. Und das geht gut über Evaluationsergebnisse. Was ich sagen will: Bologna und Studengebühren könnten dazu verleiten, die Rollen im Bildungsprozess falsch zu interpretieren und den Bildungsprozess selbst unangemessen mit aus der Ökonomie entliehenen Kriterien zu bewerten.
Ich sage jetzt nicht, dass diese Probleme immer auftreten und zwangsläufig auftreten. Ich spreche mich auch nicht gegen Evaluationen aus. Ich meine aber, wir sollten das in Zukunft etwas intelligenter tun. Vor allem meine ich, dass gute und engagierte Lehrende und Studierende zusammenarbeiten und nicht darauf lauern sollten, wie man dem anderen am besten ins Bein schießen kann. Und bei manchen Aktionen habe ich nämlich den Eindruck, dass genau letzteres durchaus eine Tendenz ist. Ich weiß jedenfalls – um nicht negativ zu enden – dass es möglich ist: Studierende und Lehrende können zusammenarbeiten und dabei kommen interessante und für beide Seiten lehrreiche Dinge heraus. 🙂