Der Bildungsstreik ist ein guter Zeitpunkt für ein persönliches Resümee zum Thema Bologna, wie es mich nun seit gut neun Jahren begleitet – und zwar nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch, denn: Bereits im Wintersemester 2001/02 haben wir mit unserem Studiengang „Medien und Kommunikation“ in Augsburg begonnen – quasi in einer Phase, wo man noch nicht mit allzu vielen Regeln konfrontiert war.
Ich habe meine Gedanken mal auf ein paar Seiten zusammengestellt – meine Gedanken dazu, wie ich mir inzwischen einen „idealen Studiengang“ vorstellen könnte – vielleicht ein Bologna oder Bachelor 2.0 ;-). Zu verstehen ist das also als Gedankenskizze, die vorrangig auf meinen eigenen Beobachtungen und Vorstellungen aufbaut. Ich freue mich auf Kommentare und weitere Anregungen!
Alle Daumen rauf!
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Ein ausgezeichneter und sehr erfrischender, da konstruktiver Beitrag zur aktuellen Diskussion.
Da ich die aktuell laufenden Proteste in ihrer grundlegenden Agenda unterstütze, freue ich mich über deinen Beitrag zu genau diesem Zeitpunkt. Den Vorschlag zur Studienstruktur finde ich unbedingt lesenswert. Soweit ich ihn gedanklich nachvollziehen kann, finde ich ihn unterstützenswert.
Anmerken möchte ich, dass ich den Einstieg in meinem eigenen Studium mit drei verpflichtenden Vorlesungen (KW, MedPäd und MI), einer optionalen Vorlesung (KW) sowie zwei selbst gewählten Seminaren plus Tutorien in der didaktischen Zusammenstellung durchaus passend fand. Die Öffnung auf eine weitgehende Freiheit in der Zusammenstellung der Studienplans ab dem zweiten Semester hat mich damals sehr stark motiviert. Das hing auch damit zusammen, dass ich ab dem zwei Semester lang nur Veranstaltung besuchte, die mich wirklich interessierten. Deshalb spricht mich der Gedanke eines freien, zweijährigen Studiums an. Sicher hätte ich mit der vorgeschlagenen Struktur zu Beginn des Studiums aber meine Studienzeit effizienter und effektiver genutzt – effizienter durch die etwas ausgeprägtere didaktische Führung, effektiver durch den Erwerb von essentiellen Grundkenntnissen gezielt im ersten Studienjahr.
Deine Argumentation für ein vierjähriges (Bachelor-)Studium kann ich folgen. Ich habe hier das Gefühl, den Kopf gerade noch aus der Schlinge gezogen zu haben, in der nun der Jahrgang nach mir steckt.
Die Kombination von Führung und Unterstützung am Anfang und Hinführung zu selbstbestimmtem Lernen in der Folge finde ich ideal. Die Schule entlässt ja die Schüler überwiegend in einem ambivalenten Entwicklungsstadium: einerseits noch gewöhnt an starke Führung, andererseits wissenschaftspropädeutisch auf Selbstständigkeit vorbereitet. Eine Verschulung des Studiums führt, wie ich in den letzten Jahren häufig von ehemaligen Schülern gehört habe, bei den besseren Schülern oft zu Unterforderung und Frustration, bei den schwächeren Schülern auf Grund der oft chaotischen Bedingungen aber auch nicht zu einem guten Ergebnis. Viele wandern dann, wenn sie können, zu kleinen gut durchorganisierten (verschulten?) Privatunis ab. Außerdem torpediert die Verschulung der Unis die Bemühungen der Schule um Selbstständigkeit der Schüler: „Wieso soll ich in der Schule selbstorganisiert etc. lernen, wenn an der Uni alles wieder vorgeschrieben ist?“
Hallo Gabi,
mich sprechen zwei Aspekte in Deinem Konzept besonders an: wie Du der Konsumhaltung von Studierenden mit Hilfe unterschiedlicher Veranstaltungs- und Prüfungsformen begegnen willst und wie Du digitale Medien in Form von E-Portfolios begleitend einsetzen würdest. Wichtig wäre mir noch, dass man gleichzeitig auch über andere Tutorenkonzepte nachdenkt (finde Deine Metapher mit dem Einäugigen sehr treffend) und stärker überlegt, was öffentliche Lernprozesse, wie sie über E-Portfolios dokumentiert werden, beim Lernenden und bei anderen Gruppen auslösen. Denn der Aspekt der Öffentlichkeit wird in der bisherigen Diskussion meines Wissens stark vernachlässigt oder (mit Blick auf Bewerbungsportfolios) beschönigt.
Viele Grüße,
Sandra
Liebe Gabi, wenn sich mehr Hochschullehrende so konstruktiv wie du mit diesem Papier an die Bologna-Umsetzung gemacht hätten, sähe es vielleicht anders aus. Weiß ja nicht, auf welchen Pfaden du deine Überlegungen in die Reformdiskussion einspeisen kannst und willst; kann dir nur dazu Ausdauer und ein dickes Fell wünschen. Vielleicht führt „Bologna 2.0“ dann ja doch noch zu realen Verbesserungen.
Gruß, Joachim
Vielen Dank an alle für die aufmunternden und ergänzen Worte!
@Joachim: Gute Frage nach den „Pfaden in die Reformdiskussion“. Ich habe leider weder Kontakte zur HRK noch zu sonstigen Kreisen, die hier was zu sagen haben. Wer hier also eine Idee hat: Bitte melden! 🙂
Gabi