Buch zur Microlearning-Konferenz 2006 und was mir dazu durch den Kopf geht

Das Buch zur Microlearning-Konferenz 2006 ist online. Hier man es abrufen. Ich hoffe, dass ich in einigen Wochen dazukomme, mal intensiver reinzuschauen. Im Moment arbeite ich nur eine Deadline nach der anderen ab. Einige Entwicklungen an unserer Uni halten mich in Trab.

Was mir bereits aufgefallen ist, ist ein Hinweis von Theo Hug in seiner Einführung (S. 12): Da weist er auf das Nebeneinander neuer Konzepte und Praktiken im Umkreis des Web 2.0 einerseits und traditionellen Lehr-Lernformen vor allem in unseren Schulen andererseits hin. Ich meine, das ist doch der Knackpunkt: Immer wieder merke ich in Gesprächen mit Hochschullehrern, Lehrern, Trainern etc., dass da zwei Welten auseinanderdriften: Die Welt der medialen Insider und die der traditionellen Bildungsinstitutionen.

Die Herausforderung für die kommenden Jahre besteht darin, dass wir uns nicht nur innerhalb der E-Learning-, Blended Learning-, Microlearning-, E-Learning 2.0 etc.-Community gegenseitig auf die Schulter klopfen und uns tolle Geschichten erzählen und Visionen haben. Wir müssen endlich auch all die „ganz normalen“ Schulen, Hochschulen und Weiterbildungsinstitutionen erreichen, an denen der Großteil der Bevölkerung lernt. Dazu werden wir aber zum einen eine andere Sprache brauchen, die auch von „Nicht-Insidern“ verstandne wird, und wir werden zum anderen unsere Ziele anschlussfähiger an den Ist-Zustand machen müssen. DAS sind aus meiner Sicht die zentralen Aufgaben, wenn wir wollen, dass man uns auch außerhalb des geschützten Raums der Blogosphäre und der netten Tagungen ernst nimmt.

8 Gedanken zu „Buch zur Microlearning-Konferenz 2006 und was mir dazu durch den Kopf geht“

  1. Vielleicht liegt es weniger daran, dass „uns“ die Institutionen nicht verstehen können, sondern vielmehr daran, dass sie unter eLearning eben ganz andere Dinge verstehen *wollen*. Nicht zuletzt findet Uni-Alltag oft genug in geschlossenen Räumen statt, lebt von Hierarchie, Reproduktion und Massenbetrieb. Und wenns zu voll wird, wird sogar mal der eine oder andere StudentIn herausgelost und darf an der Veranstaltung eben nicht teilnehmen. Ebenso wenig diejenigen, welche sich evtl. keine Studiengebühren leisten können oder aus einem Studium nicht verschuldet rauskommen wollen.
    Das Online-Äquivalent dazu sind dann meines Erachtens nach eben geschlossene, hierarchisch organisierte LMS, vielleicht nocht mit statischen Materialien zum herunterladen und einem Multiple-Choice-Test dabei, die von irgendeiner Firma verkauft und gewartet werden. Die TNs werden dann gleich aus irgendeinem elektronischen Anmeldesystem übernommen, wo sich ausschliesslich Studierende mit irgendeiner Chipkarte anmelden durften.
    Also ich überzeichne das vielleicht etwas, aber ich glaube schon dass es oft genug in die Richtung geht. Da ist die ganze Debatte um eLearning 2.0 oder PLEs halt eher das genaue Gegenteil. Vielleicht würden Unis, die diese neuen Lernformen gutheissen würden, quasi an ihrer Abschaffung aktiv mitarbeiten. Vielleicht würden sie dann – im Gegensatz zu LMS – auch keine Technologie oder keinen Content *besitzen*, mit dem sie sich doch sonst brüsten könnten, attraktiv für neue Kundschaft wären, oder vielleicht ein paar Punkte mehr in einer Evaluation sammeln könnten. Alles was sie hätten wären evtl. LernerInnen mit einer hohen Medien- und Selbststeuerungskompetenz. Aber warum sollten die dann in die Uni kommen wollen, um was zu lernen? 😉

  2. „Vielleicht würden Unis, die diese neuen Lernformen gutheissen würden, quasi an ihrer Abschaffung aktiv mitarbeiten.“ Das glaube ich nicht; vor allem glaube ich nicht, dass es sinnvoll wäre, auf Bildungsinsitutionen gänzlich zu verzichten. Wenn wir in die Vergangenheit oder auch in Regionen dieser Erde schauen, die keine oder kaum Bildungsinsitutionen bieten, dürfte klar werden, dass die Idee vom rein selbstorganisierten Lernen, von selbstbestimmter Bildung zwar eine schöne Vision ist, aber eben keine Realität. Ich lerne gerne von anderen, die mehr wissen und schon mehr erfahren haben als ich; ich orientiere mich bisweilen auch an „gewachsenen Autoritäten“, bin froh um Orientierung u. ä. Warum sollte es den Studierenden nicht ähnlich gehen? Ich halte nicht so viel von diesem „Entweder-oder“, vom Aufbau von Fronten. Warum nicht die Vorzüge eines angeleiteten Lernens und eines selbstorganisierten Lernens verbinden? Ich weiß, dass auch das noch eine Vision ist – daher ja auch mein Aufruf, das, was z. B. mit Web 2.0 an guten Ideen verbunden ist, in die Breite, in unsere Schulen und Hochschulen zu tragen. Was nutzt es, wenn man sich nur gegenseitig schlecht macht?

  3. liebe gabi reinmann,
    darf ich hier spontan und 2.0-mäßig gleich die ausdrückliche einladung zu Microlearning2007 am 21/22. juni hinterlegen, die als persönlich adressierte mail in kürze folgt? es wäre großartig, wenn sie ,it ihrer perspektive asl „key participant“ teilnehmen können/mögen.
    genau um solche fragen sollte es gehen: u.a. welchen negativen bzw. welche positive funktion haben schulen/unis als „walled gardens“?
    d.h. inwieweit sind sie merkwürdige klaustrophobische kunsträume in einem „lernland“, das zunehmend von der objektiven, untergründigen und eigendynamischen sozio- und technokulturellen entwicklung abkoppelt.
    und inwieweit sind sie im positiven sinn „geschützte räume“, die das überwältigende durcheinander da draußen filtern, bearbeitbar machen, attention management betreiben, in soziale und intellektuelle modellräume übersetzen und dort probehandeln/probedenken ermöglichen?

  4. Ich denke nicht, dass es um die Abschaffung von Universitäten geht. Ich habe das Posting von Frau Reinmann so verstanden, dass wir uns nochmals auf die „normale“ Zielgruppe fokussieren müssen, also den „normalen“ Dozierenden, der nicht unbedingt im Web 2.0 und E-Learning heimisch ist. Und dazu braucht es meiner Meinung nach zum ersten eine klare und deutliche Sprache (vergesst den ganzen Hype um RSS, Ajax, usw), sondern schafft Analogien, an denen Dozierende anknüpfen können. Und zum zweiten braucht es eine genaue Anforderungs- und Zieledefinition. Warum sollten Web 2.0 Tools eingesetzt werden? Bringen Sie wirklich in diesem Lernszenario einen Vorteil, oder sollen Sie „nur“ dem Hype Rechnung tragen und als Marketinginstrument dienen?
    Und dann kommt man meiner Meinung nach gar nicht erst auf den Kampfplatz „Web 2.0 vs. LMS“.

  5. Ich plädiere dafür, ab 2008 keine E-Learning Konferenzen (Online-Educa, NET-ELC-Jahrestagung etc.) mehr durchzuführen. Da treffen sich immer die gleichen Leute, die stets über die gleichen Probleme mit den gleichen Lösungen (aber wechselnder Technik) reden. Stattdessen wäre „Ausschwärmen“ angesagt, um die frohe Botschaft in die Diaspora zu tragen … nicht mit flammenden Schwert, aber mit guten Argumenten und Beispielen, die auch von Nicht-Techies nachgeahmt werden können.

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