Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Bildung vom Windel- bis zum Greisenalter

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Auf mehreren Blogs wurde bereits auf den neuen Bildungsbericht 2010 hingewiesen, der dieses Jahr mit dem Untertitel „Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Perspektiven des Bildungswesens im demografischen Wandel“ versehen ist. Es gibt eine Langfassung (hier) und eine Zusammenfassung (hier). Ich gestehe, dass ich auch nur die Zusammenfassung gelesen habe. Wie immer, wird jeder aus dem Bericht herauslesen und herauspicken, was ihn gerade umtreibt. Ein- und derselbe Sachverhalt wird mit Sicherheit für ganz unterschiedliche Argumentationen herhalten müssen. Informationen sind halt das eine; daraus abgeleitete Folgerungen und Forderungen das andere.

Die Regierung selbst beklagt die schlechte Bildungssituation für Migranten – wahrlich keine neue Erkenntnis, weshalb es mich schon verwundert, dass man sich immer wieder von Neuem so wundert, OHNE DASS irgendwelche nennenswerten Maßnahmen ergriffen werden, dies zu ändern. Die taz macht auf die wachsende generelle soziale Kluft zwischen denen aufmerksam, „die im Windelalter pädagogisch gefördert werden“ und denen, die in einer „Risikolage“ (Achtung Frauen, dazu zählt auch bereits, wer sein Kind alleine großzieht). Den Blick auf die Berufsbildung wirft Spiegel online: „keine Ausbildung – keine Perspektive“. Auch das erscheint mir nicht gerade neu. Die Hochschulrektorenkonferenz freut sich immerhin, dass „das Bildungsniveau steigt“, weil zunehmend mehr Abiturienten ein Studium beginnen (angeblich mehr als erwartet). Ob deswegen wirklich das „Bildungsniveau“ steigt ist allerdings zumindest dann fraglich, wenn Hochschulen weiter unterfinanziert bleiben, was ja auch Auswirkungen auf das Niveau in Studium und Lehre hat.

Was habe ich mir als besonders interessant angestrichen? Ich bringe mal beispielhaft drei Punkte:

  1. „Schüler in achtjährigen Gymnasien (G8) üben seltener eine freiwillige Tätigkeit aus als G9-Schüler. Niedriger fällt im Vergleich zu Schülern an Halbtagsschulen auch die Engagementquote der Ganztagsschüler aus“. Finde ich deshalb interessant, weil es vielleicht einen Anstoß dazu gibt, ob wirklich immer die viel gelobte Ganztagsschule (die ja mit dem G8 auch faktisch wächst) aus einer Bildungsperspektive heraus wirklich IMMER der beste Weg ist.
  2. „Seit 2005 liegt der Frauenanteil bei den Hochschulabsolventen über 50%, an den Universitäten beträgt er fast 60%“. Das ist erfreulich, aber warum hat es für Aufstiegs- und Gehaltsfragen so wenig Einfluss? Was läuft da in welchen biografischen Phasen schief oder ist das gar eine falsche Interpretation, weil Bildung schließlich nicht immer unter einem ökonomischen Verwertungsaspekt gesehen werden muss? Mich wundert ja, dass diese Ausrede noch nicht politisch artikuliert wurde.
  3. „Angesichts des zunehmenden gesellschaftlichen Bedarfs an Weiterbildung in allen Altersstufen jenseits der Erstausbildung ist ein weiterer Ausbau der Angebote mit einem steigenden Personalbedarf in der Weiterbildung anzustreben. Neben der Expansion scheint eine verstärkte Professionalisierung des Weiterbildungspersonals geboten“. Schön wäre ja, wenn das mit einer entsprechend wachsenden Wertschätzung von bildungswissenschaftlichen Studiengängen verbunden wäre, die immerhin für genau diese Professionalisierung sorgen könnten!

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