Eigentlich sollte es ein Vortrag werden auf einem gemeinsamen Symposium der ETH und UNIVERSITÄT Zürich (Universitäre Lehre im Wandel III) am 17. März 2006. Da ich dummerweise meine Vorträge immer sehr sorgfältig und von daher auch zeitlich gesehen früh vorbereite, hat mich die Absage des Symposium zwei Wochen vorher schon überrascht. Zu wenige Anmeldungen – na ja, universitäre Lehre ist in Zeiten der Drittmitteleinwerbung (ich gehe mal davon aus, dass es in der Schweiz auch nicht anders ist) einfach nicht sonderlich populär.
An unserer Universität (Augsburg) ist es ja nicht anders – eher noch schlimmer: Da wird zunehmend sogar ein ganz bestimmter Typus von Forschung zum heiligen Gral gemacht – die DFG-Forschung. Was das genau ist? Nun ja, das kommt natürlich auf den Fachbereich und die Gutachter an; in der Psychologie und damit auch in der Pädagogischen Psychologie ist es bevorzugt eine experimentelle Forschung. Dass das gelinde gesagt eine etwas einseitige Ausrichtung für ein angewandtes Fach ist, wird jeder bestätigen, der mit seiner Forschung auf pädagogisch relevanten Gebieten neben wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Praxis auch etwas verändern will. Immerhin machen Buch- und Artikelankündigungen mit Titeln wie „Anwendungsorientierte Grundlagenforschung“ (z.B. von Rainer Bromme) ein wenig Hoffnung, wobei mir nicht klar ist, warum man sich so sehr an das Wörtchen „Grundlagen“ klammert und die Forschung als Begriff nicht ausreichen soll.
Die Schwierigkeiten, die sich durch eine einseitige, nach naturwissenschaftlichem Vorbild gestaltete Forschung für ein Fach wie die Pädagogik ergeben, beschreibt sehr schön und anregend Joachim Kahlert in der Zeitschrift für Pädagogik (51. Jahrgang 2005, Heft 6) unter dem Titel „Zwischen den Stühlen zweier Referenzsysteme“. Ein lesenswerter wichtiger Artikel. Vor gut einem Jahr habe ich in der Unterrichtswissenschaft in eine ähnliche Richtung argumentiert (Reinmann, G. (2005). Innovation ohne Forschung? Ein Plädoyer für den Design-Based Research-Ansatz in der Lehr-Lernforschung. Unterrichtswissenschaft, 1, 52-69), aber Joachim Kahlert hat eindeutig die schöneren Beispiele.
Doch wir waren ja bei der universitären Lehre, deren Wandel im Moment an sehr, sehr vielen Universitäten halt einfach nicht so aktuell und dringlich zu sein scheint. Also, damit die ganze Arbeit für diesen Vortrag nicht ganz umsonst war, habe ich daraus einen Arbeitsbericht gemacht (Arbeitsbericht_11.pdf). Vielleicht finden sich ja ein paar interessierte Leser. Allerdings habe ich den Titel geändert: Für Zürich gab es einen Kompromiss: Statt (wie es jetzt auch wieder heißt) „Story. Game und Scripting: Analoge und direkte Impulse für die Hochschullehre“ hatten wir uns auf „Jenseits der Langeweile: Neue Konzepte für eine zeitgemäße Didaktik“ geeinigt. Die potentiellen Zuhörer sollten mit Begriffen wie „Story“ und „Game“ nicht gleich verschreckt werden. Aber ob beim jetzigen Titel vielleicht nicht doch mehr Anmeldungen gekommen wären? 😉
Der Artikel hat auf jeden Fall mindestens einen begeisterten Leser gefunden – mich. Die Verbindung zwischen Gaming und Hochschuldidaktik fand ich sehr interessant, bin gespannt, ob es demnächst Referenzbeispiele gibt. Also an alle Hochschuldidaktiker: unbedingt lesen!
Danke – freut mich!! 🙂 Immerhin hat sich die Universität Zürich (allerdings der Informatiksektor) nun bei mir gemeldet: Sie möchten das Thema im Dezember in einer Ringvorlesung aunehmen – na also!
Gabi Reinmann