Ringen um präzise Begriffe

Forschendes Lernen – klar, machen wir doch jetzt alle, oder? Oder ist es doch eher ein forschungsbasiertes oder ein forschungsorientiertes Lernen oder „nur“ eine forschungsorientierte Lehre? Ludwig Huber hat aus meiner Sicht völlig Recht, wenn er dafür plädiert, sich über die „Begriffe und Unterscheidungen im Feld forschungsnahen Lehrens und Lernens“ zu verständigen. In seinem neuen Artikel in der Zeitschrift Hochschulforschung (erfreulicherweise online hier abzurufen), will er zur Begriffsklärung beitragen. Vorneweg: Der Beitrag ist lesenswert und allen zu empfehlen, die sich mit der Verbindung von Forschen, Lehren und Lernen beschäftigen.

Der Text stellt u. a. die beiden Begriff „forschungsbasiert“ und „forschungsorientiert“ gegenüber und beruft sich dabei vor allem auf die sprachlichen Grundbedeutungen – und allein das ist schon erfreulich, denn unsere Sprache ist auch jenseits der ganz spezifischen Fachsprache oft genauer als man denkt. Diese beiden Begriff werden dann der Bezeichnung „forschend“ gegenübergestellt: Das forschende Lernen nämlich meint tatsächlich einen Forschungsprozess, der im Lernprozess vollzogen wird – und zwar möglichst vollständig. Schließlich nimmt Huber noch das „Projektstudium“ in die Liste der Bezeichnungen auf.

Im letzten Teil des Textes stellt Huber einen Bezug zur oft zitierte Matrix der Arbeitsgruppe um Healey her – auch ich habe diese schon benutzt. Auch bei diesem Vorschlag wird bei genauerer Analyse deutlich, dass es an klaren Abgrenzungen mangelt. In einem eigenen Vorschlag vom Dezember 2013 (siehe z.B. hier: Seite 10) habe ich mir ebenfalls Gedanken gemacht, wie man mehr Klarheit in die Begriffe bringen könnte.

Auf der Suche nach einem gemeinsamen Oberbegriff schlägt Huber am Ende des Textes vor, von „forschungsnahem Lehren und Lernen“ zu sprechen. Meine eigenen Bemühungen um einen Oberbegriff (siehe Link oben) führten zum „akademischen Lehren“ – aber ganz zufrieden war/bin ich damit nicht.

Fazit: Ich halte dieses Ringen um präzise Begriffe für richtig und wichtig. Gleichzeitig – und da stimme ich Huber ebenfalls zu – sollten die Bezeichnungen auch gut nachvollziehbar und entsprechend nah am „üblichen“ Sprachgebrauch sein.

Ein Gedanke zu „Ringen um präzise Begriffe“

  1. Ein Problem könnte sein, dass es zum forschenden Lernen einen beträchtlichen Diskurs im deutschsprachigen Raum gibt, dieser aber erst über den „Umweg“ des anglo-amerikanischen Sprachraums hier wieder in Betracht gezogen wird. Dabei geschehen allerhand „Übersetzungsfehler“ – sowohl sprachlich als auch inhaltlich. So trifft m.E. inquiry-based learning oft mehr, was wir (angesichts von humanistischer Bildungsidee etc.) unter forschendem Lernen verstehen und welcher Fokus didaktisch durch FL gesetzt werden soll. Gegenüber forschungsbasierter Lehre oder forschungsorientiertem Lernen wird dieses Konzept allerdings an Hochschulen deutlich weniger genutzt, weil es auf den ersten Blick weniger umfangreich erscheint. Begreift man allerdings das Fragen als Kern von Wissenschaft (mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns), könnte dieses Konzept v.a. normativ auch im deutschsprachigen Raum an Bedeutung erlangen.
    Liebe Grüße,
    Sandra

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