Kürzlich kam ich in die Situation, dass ich mich zum Thema „Genderkompetenz in der Hochschullehre“ äußern sollte. Zugegeben: Das ist nicht das Thema, das ich bisher intensiv verfolge. Umso lehrreicher war, dass ich mich damit mal ein wenig genauer auseinandergesetzt habe. Hängen geblieben sind bei mir durchaus einige Punkte: vor allem die implizite Reproduktion von Geschlechterstereotypen, auch wenn man sich einredet, dass einem das selber nicht passiert; zudem die Risiken von Gendermaßnahmen, die Geschlechterdifferenzen ungewollt zementieren können. Eingefallen sind mir außerdem wieder einige Szenen aus dem Lehrbetrieb an der Universität der Bundeswehr München: Hier spielen Geschlechterdifferenzen eine besonders auffällige und komplizierte Rolle, da Studentinnen gleichzeitig Soldatinnen sind und sich somit in einem nach wie vor wenig „frauentypischen“ Bereich aufhalten. Im Nachhinein ist mir jetzt klar geworden, wie oft ich eigentlich in Situationen war, die mich überfordert haben.
Bestätigt hat sich nach diesem „Eintauchen in das Gender-Thema“ für mich allerdings meine Haltung, dass eine gendergerechte Kommunikation das Potenzial hat, zur Ideologie zu werden, und dass Mädchen und Frauen jedenfalls in unserer Gesellschaft von anderen Maßnahmen (z.B. Stipendien für Studieren/Promovieren/Habilitieren mit Kind o.ä.) mehr hätten. Und auch wenn ich versuche, mich darin zu üben, immerzu das Partizip-Präsenz-Aktiv (PPA) zu benutzen, um niemanden „auszugrenzen“ (Studierende, Forschende, neuerdings sogar Mitarbeitende), ärgert es mich, dass man damit z.B. auch ungenau wird: ein Mitarbeitender z.B. ist an sich (PPA!) jemand, der gerade (jetzt) mitarbeitet; eine Mitarbeiterin aber bleibt auch eine, wenn sie gerade mal nicht mit arbeitet (was für den Mitarbeiter genauso gilt). Also das sind an sich schon Bedeutungsunterschiede, die wir jetzt einfach mal so einebnen.
Zufälligerweise beschäftigt sich die aktuelle Ausgabe von Forschung & Lehre (11/14) ebenfalls – allerdings breiter und nicht nur bezogen auf Lehre – mit dem Gender-Thema (hier). Zündstoff dürfte in dieser Ausgabe vor allem der Beitrag von Stefan Hirschauer (hier) liefern. In seinem Text stellt er die Frage nach dem Sinn von Gender Studies und vermutet an vielen Stellen einen politischen Etikettenschwindel. Exemplarisch zitiere ich hier mal sein abschließendes Urteil über Gender Studies – ohne Kommentar:
„Die Gender Studies sind jenes kulturwissenschaftliche Unternehmen, das den praktischen Vollzug der Geschlechterdifferenz in der Gesellschaft beobachtet: ihren historischen Auf- und Abbau, ihre hartnäckigen Rekonstruktionen, ihre Wandlungs- und Verfallsprozesse, paradoxen Wendungen und ihre widersprüchliche Selbstabwicklung. Vor unseren Augen werden alte soziale Kategorien dekomponiert: die ‚Homosexualität‘ löst sich in geschlechtsgleiche Intimbeziehungen auf, die ‚Mutter‘ wird durch die Reproduktionsmedizin in verschiedene Figuren aufgespalten, der ‚Mann‘ verliert sich in Rollen (wie Ernährer, Beschützer, Kämpfer usw.), die allesamt auch Frauen einnehmen können. Die Männer werden dabei weiter Macht abgeben müssen. Aber auch den Frauen wird das passieren: bei der Mutterschaft etwa, deren millimeterweise Abtretung auch ihnen Ersetzbarkeitskränkungen beschert; und bei der Moralität: Erfolgreiche Frauen werden die einst unbescholtene ‚Weiblichkeit‘ weiter desavouieren und die alte Hoffnung des Feminismus zersetzen. Und das ist gut so.“