Bereits im letzten Jahr (2007) haben Kanning, von Rosenstiel, Schuler u.a. in der Psychologischen Rundschau einen Artikel verfasst, der dummerweise an mir vorbeigegangen ist, weil ich wohl trotz meiner psychologischen Herkunft zu tief in primär medienbezogenen Fragestellungen stecke. Schon mit dem Titel „Angewandte Psychologie im Spannungsfeld zwischen Grundlagenforschung und Praxis“ verweisen die Autoren auf ein grundsätzliches Problem, über das ich mich ja auch mit schöner Regelmäßigkeit ärgere: die Monokultur in den Methoden der psychologischen Forschung und damit auch in der pädagogisch-psychologischen Forschung, die für das Wissen und Lernen mit digitalen Medien (aus meiner Sicht) zentral ist. Entsprechend sprechen sie sich für mehr Pluralismus aus – eine sehr begrüßenswerte Tendenz, die mich ein wenig optimistisch stimmt. Zu diesem Beitrag gibt es eine Reihe von Kommentaren (leider nicht online zugänglich) und dann wieder eine Reaktion auf diese Diskussionsbeiträge – und die ist dankenswerter Weise eingescannt, nämlich hier. Sie fasst einige Argumente aus den Kommentaren zusammen, wobei mehrere Probleme zur Sprache kommen, z.B.:
- die Abwertung deutschsprachiger Publikationen außerhalb von internationalen Journals mit hohem „impact factor“ (dazu hier ein weiterer netter Beitrag),
- die damit einhergehende indirekte (an sich ungeheuerliche) Einschränkung der Forschungsfreiheit,
- die Schwierigkeit, aus der Forschung unmittelbaren Nutzen für die Praxis zu schöpfen und
- die Tatsache, dass man letztlich Wissenschaftler sozialisiert, die extrem gut in einer Einzeldisziplin sind, dann aber völlig überfordert zum einen vor Studierenden stehen, die nach der Univesität in die Praxis wollen, und zum anderen Vertretern aus Politik und Gesellschaft gegenübertreten sollen, die einen Mehrwert zur Lösung praktischer Probleme erwartet hatten (wobei die Politik an diesem Schlamassel ja nun nicht gerade unschuldig ist).
Der Beitrag zitiert u.a. Wottawa, der das letzt genannte Problem der ausgeprägten Spezialisierung (die zwar der Karreire, aber allem anderen eher nicht förderlich ist) mit einer Analogie gut auf den Punkt bringt, nämlich mit der Analogie vom Zehnkämpfer, der in jeder Einzeldisziplin zwangsläufig schlechter ist als der Einzelkämpfer, der sich ausschließlich auf eine Aufgabe konzentriert. Ich fühle mich angesprochen 😉
Liebe Gabi, die Analogie ist sehr schön, zeigt sie doch, dass der Zehnkampf medial wenig attraktiv und in der Folge für Athlet und Verband wenig lukrativ ist. Der Zehnkampf ist bestenfalls noch die versteckte Königsdisziplin der Leichtathletik. Die Öffnung des Sports gegenüber dem (Fernseh)markt hat die Bewertung und Beurteilung der sportiven Leistung grundlegend verändert: neben sportinternen treten (ergänzend oder verdrängend) sportexterne Kriterien, zumindest gilt dies für den gemeinen Zuschauer, der einfach zu deutenden „Spitzen“leistung um jeden Preis will. Das alles hat Rückwirkungen auf den Sport, wie er sich entwickelt, was man darunter versteht und verstehen will. Mit der Wissenschaft ist es sicher komplizierter, oder etwa nicht?