„Rechenschaftspflichten im Zeitalter von Bologna, allüberall in Europa, in knapp bemessenen Zeiträumen. Geld wird nur bewilligt, wenn die Nützlichkeit des jeweiligen Forschungsprojekts oder des Studiengangs in dicken, schweren Anträgen vollmundig beschrieben werden kann. Bei Beobachtern des Wissenschaftsbetriebs ist die Freude denn auch nicht gänzlich frei von Bitterkeit, wenn Politik und Verfassungsschutz allein angesichts von Terror in Europa, Syrienkrieg, zerstörten Kulturgütern und Flüchtlingsbewegungen schlagartig Interesse zeigen an Studierenden und Absolventen der Islamwissenschaft und Islamischen Theologie, Altertumswissenschaft, Orientalistik, Archäologie und Ägyptologie. Und Wissenschaftspolitiker und Hochschulmanager abermals heilfroh sind, diese Orchideenfächer doch noch nicht abgeschafft zu haben und dass ihre hochqualifizierten Akademiker den neuesten Verwertbarkeitstest bestanden haben“.
Ende des Jahres hat die Redakteurin Pascal Anja Dannenberg hier in der duz einige Zitate zur Problematik rund um die Vermessung der Wissenschaft zusammengestellt. Da geht es zum einen um den Konnex zwischen Fragen der Verwertbarkeit und Förderungswürdigkeit von Forschung und Lehrstühlen. Zum anderen geht es um die Art der Vermessung etwa von Exzellenz und um das aktuell zu beobachtende Vertrauen auf numerische Indikatoren. Beides, so scheint es, hängt zusammen, ist aber keineswegs das Gleiche. Bei genauerem Hinsehen wird die Problematik noch komplexer. Ich meine, man muss sich doch auch fragen, welchen Beitrag die Wissenschaft selbst zu den Zuständen leistet, die sie beklagt. Und damit meine ich nicht nur den Umstand, dass bei vielen forschungs- und hochschulpolitischen Entscheidungen auch Wissenschaftler beteiligt sind. Ich meine auch die disziplinspezifischen Gepflogenheiten und Rituale in der Forschung, Aufholjagden und innerwissenschaftliche Konkurrenzen, aber auch die durchaus verschiedenen Auffassungen (die, die man mitteilt, und die, die man für sich behält) zu Vermessung und Verwertbarkeit. Am Ende geht es nämlich vor allen um den so oft zitierten „Impact“. Impact aber kann vieles meinen: die Wirkung auf die Gesellschaft, die Wirkung der eigenen Person, die Wirkung im Zitationskarussell usw. Folglich müsste man wohl auch hinterfragen, was es mit dem geforderten Nutzen auf sich hat: Welcher Nutzen für wen ist jeweils gemeint? Reden wir womöglich öfter, als uns auffällt, aneinander vorbei? Wie viel Verwertbarkeit darf sein und wann wird sie schlichtweg vermessen? Wie viele Vermessung wollen wir und wann ist das eh nicht mehr sinnvoll zu verwerten?