Kürzlich ist in der Zeitschrift Hochschulmanagement ein Beitrag von Isabel Bögner und Fabian Hattke veröffentlicht worden, der die Ergebnisse einer Studie zum Open Post-Publication-Peer-Review (OPR) darstellt. Leider muss man zum Lesen noch brav in die Bibliothek gehen und sich das Heft zum Kopieren holen (zum Inhaltsverzeichnis geht es schneller – nämlich hier).
Es handelt sich um die Ergebnisse einer internationalen Umfrage unter 2.800 Wissenschaftlern, die unter anderem zeigen, dass OPR (nur) von einem Drittel der Befragten als brauchbares Verfahren eingeschätzt wird, um z.B. die Genauigkeit des Begutachtungsprozesses zu verbessern. Weitere Vorteile des OPR (z.B. höhere Qualität von Gutachten, schnellere Publikation) beeinflussen die Nutzungsbereitschaft positiv. Aber am Ende siegt beim Handeln doch das Vertrauen auf traditionelle Peer-Review Verfahren. Eine Ausnahme bildet die Erwartung, dass es OPR Erkenntnissen leichter macht, denen auch abweichende Verfahren zugrunde liegen („heterodoxe Forschungsbeiträge“); hier kommt es dann tatsächlich dazu, dass vermehrt OPR gewählt wird. Insgesamt betrachtet aber spielt OPR nach wie vor eine untergeordnete Rolle im Wissenschaftssystem – leider, wie ich finde. Ein wenig scheint man sich da auch im Kreis zu drehen, wie die Studie deutlich macht, denn: Eine wichtige Rolle spielt für die Befragten die Akzeptanz von OPR in der eigenen Fachgemeinschaft; ist diese gering, hält man sich eher fern; indem sich die meisten fernhalten, bleibt die Akzeptanz gering.
Dieses Dilemma nehmen wir bei unserem Journal Educational Design Research stellenweise ebenfalls wahr, auch wenn wir hier auf ein nochmal anderes Peer Review-Verfahren setzen und das traditionelle Peer Review (unter anderem wegen der zahlreichen Vorbehalte gegenüber Alternativen) integrieren – siehe zum Triple Peer Review hier (deutsch) oder hier (englisch).
Ich sehe das kritisch, wenn sich Wissenschaftler zunehmend risikoscheu verhalten, auf „strategisches Handeln“ setzen und an allen Ecken und Enden „lieber auf Nummer sicher gehen“. Man mag das beim wissenschaftlichen Nachwuchs soweit nachvollziehen können, bei allen anderen, deren Zukunft weitgehend abgesichert ist, fällt (mir) das schon schwerer. Aber ersetzen wir doch mal das „nur“ in der Aussage des Beitrags von Bögner und Hattke („Die Ergebnisse … zeigen, dass OPR nur von einem Drittel der Befragten als brauchbares Verfahren eingeschätzt wird …„) mit „immerhin“, denn klar ist natürlich auch: Vom Gewohnten trennt man sich nicht eben leicht und in der Regel langsam.