Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Wachstumshörig

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Viele Zahlen liefert eine neue Studie mit dem Titel „Entwicklung der Finanzierung von Hochschulen und Außeruniversitären Forschungseinrichtungen seit 1995“ (Autoren: Dieter Dohmen und Lena Wrobel), in Auftrag gegeben vom Deutschen Hochschulverband (DHV) und durchgeführt vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS). Der DHV liefert selbst eine Zusammenfassung (hier) und einige Journalisten haben sich dem Thema und der Studie bereits angenommen, z.B. Armin Himmelrath und Hannah Bethke. Zu den auch für die Hochschullehre (und Hochschuldidaktik) wichtigen Resultaten gehören wohl: Universitäten sind zunehmend abhängig von Drittmitteln (was wir schon wussten, es jetzt aber qantifizieren können) und die Aufwendungen für Lehre im Vergleich zu denen für die Forschung sinken (was wir auch wussten, es jetzt aber „evident“ machen können). So oder so: Die Zahlen im Bericht lesen sich tendenziell wie eine große Erfolgsmeldung. Kritisch scheint „nur“ zu sein, dass der Staat zu wenig präsent dabei ist.

Gleichzeitig – und das ist ein interessantes Ergebnis – ist die Publikationsquote gigantisch gestiegen, und das trotz Unterfinanzierung, steigender Studierendenzahlen und schlechter werdender Betreuungsverhältnisse. Die Frage drängt sich auf, auf Kosten von was genau dies bewerkstelligt wird. Darüber wundert sich auch die oben genannte Hannah Bethke und kommentiert: „Ausgerechnet dort, wo kritisches Urteilsvermögen am ehesten zu erwarten ist, agieren die Protagonisten geradezu wachstumshörig. Die Studentenzahlen wachsen? Bravo! Die eingeworbenen Drittmittel steigen? Applaus! Die Veranstaltungsliste konnte um fünf Podien erweitert werden? Gratulation! […]. Wer ein so schwindelerregendes ´Aktivitätsniveau´, dessen Steigerungsbedarf in Zeiten grenzenlosen Wachstums nie erlischt, für erstrebenswert hält, gibt ein Privileg auf, das die Wissenschaft benötigt: das Recht auf Zeit. […] Die Wissenschaft braucht kein unendliches Wachstum. Sie braucht die Möglichkeit, Gedanken, die noch nicht reif sind, nicht ernten zu müssen, und Erkenntnisse, die zu nebensächlich sind, wieder zurück ins Meer werfen zu dürfen. Mehr als Umtriebigkeit benötigt sie den Mut zur Unterbrechung“. Ein bedenkenswerter Kommentar, wie ich finde.

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