Eine interessante aktuelle Diskussion zu Gütekriterien qualitativer Sozialforschung, findet sich in der Zeitschrift für Soziologie 2018 (47/2) in einem Text von Strübing, Hirschauer, Ayaß, Krähnke & Scheffer, der erfreulicherweise auch online (hier) zugänglich ist.
Nun ist die Frage, nach welchen Kriterien man die Güte qualitativer Forschung beurteilen kann, alles andere als neu und immer wieder Anlass für Auseinandersetzungen. Die besondere Herausforderung besteht darin, dass es nicht DIE qualitative Sozialforschung gibt, sondern diese Bezeichnung das Dach für heterogene Forschungsstrategien ist. Der Text führt ausführlich fünf Gütekriterien näher aus, von denen die Autoren glauben, dass sie trotz der Heterogenität der Forschungsstrategien allgemein anwendbar seien: Gegenstandsangemessenheit, empirische Sättigung, theoretische Durchdringung, textuelle Performanz und Originalität.
Einige Ausführungen – und das ist der Grund, warum ich überhaupt über diesen Text gestolpert bin – sind meiner Einschätzung nach auch für Design-Based Research (DBR) relevant, was ich aber an der Stelle nur andeute, weil ich mich mit der möglichen Übertragbarkeit einiger Anregungen auf DBR erst noch genauer beschäftigen muss. Strübing et al. sprechen jedenfalls davon, dass die qualitative Sozialforschung eine „iterativ-zyklische Prozesslogik“ (S. 85) hat und sich „Empirizität“ und „Theorizität“ wechselseitig durchdringen – Merkmale, die auch auf DBR zutreffen. Allerdings: Das entscheidende Merkmal von DBR, nämlich das Design als Modus der Erkenntnis – bleibt natürlich außen vor.
Warum ich aber eigentlich auf den Text verweise, ist die ebenso interessante Erwiderung auf den Beitrag durch Eisewicht und Grenz – ebenso in der Zeitschrift für Soziologie 2018 (47/5), aber leider nicht online frei zugänglich (hier das Abstract). Die beiden Autoren kritisieren den Text heftig, attestieren eine mangelnde Rezeption bestehender Erkenntnisse zu Gütekriterien und stellen generell in Frage, ob es möglich ist, über die Vielfalt der qualitativen Forschungsansätze hinweg gemeinsame Gütekriterien zu legen. Und das zu lesen, ist sehr lehrreich!
Einmal mehr zeigt sich hier, wie fruchtbar es ist, eine solche sachliche Auseinandersetzung öffentlich zu führen und die Fachgemeinschaft in dieser Form daran teilhaben zu lassen. Auch für Studierende sind solche Text-Debatten aus meiner Sicht höchst wertvoll, kann man hier doch zumindest exemplarisch erkennen, wie in der Wissenschaft um Aussagen und Standards gerungen wird bzw. gerungen werden kann. Ich für meinen Teil wünschte mir jedenfalls mehr davon und hoffe daher immer noch, dass diese Möglichkeit – um wieder zu DBR zurückzukehren – in der Zeitschrift EDeR in Zukunft mehr genutzt wird (über den Weg von Discussion Articles).