Ein Konferenzbeitrag mit einer DBR-Studie (bzw. einem Ausschnitt aus einer DBR-Studie) zu einem Qualifizierungsangebot für Akteure der Hochschuldidaktik an drei Hochschulen in Dänemark hat aus inhaltlich und methodischen Gründen mein Interesse auf sich gezogen:
Petersen, A.K., Gundersen, P., Andersen, B.L. & Riis, M. (2022). Unboxing the process of revision between two design-based hybrid learning interventions. In J. Jaldemark et al. (Eds.), Proceedings for the Thirteenth International Conference on Networked Learning 2022. Online hier abrufbar.
Worum geht es in dem Text? Das Autorenteam berichtet aus einer DBR-Studie, in der ein Qualifizierungsangebot für Akteure der Hochschuldidaktik (so jedenfalls habe ich das verstanden) in Form einer Community gestaltet wird, die drei Institutionen miteinander in einen Austausch bringen will. Ziel ist es, dass interaktiv und sozial gelernt wird – sowohl in der eigenen Institution als auch kooperativ mit anderen Institutionen („Double Community“).
Die Zwischenergebnisse des Projekts sind inhaltlich bereits interessant: Es zeigt sich, dass die beteiligten Personen den Begriff „Double Community“ äußerst vielfältig und kaum so deuten, wie er eigentlich gemeint ist. Darüber hinaus funktionieren die Online-Elemente der Community relativ schlecht, während die vor-Ort-Treffen als sehr fruchtbar erlebt werden. Außerhalb physischer Treffen ist man von einer gegenseitigen Wissensteilung (als Lebensader einer jeden Community) weit entfernt – jedenfalls mit dem erste Design-Entwurf. Was ist daran nun (für mich) interessant? Nun, ich zweifle ja selber immer wieder mal an der Effektivität meines Tuns und unserer Angebote (siehe dazu hier). Die selbstkritische Stimme in einem führt das dann gerne auf persönliches Versagen zurück. Wenn auch andere Forschungsgruppen von ihren zunächst mühsamen und nicht von Erfolg gekrönten Gestaltungsbemühungen berichten, hat das schon etwas Entlastendes. Darüber hinaus zeigen die Erfahrungen von Petersen et al., wie schwierig oft schon die Verständigung über ein gemeinsames Ziel ist und wie vieldeutig Begriffe sind – selbst da, wo man meint, ganz klar kommuniziert zu haben. Schließlich fällt die Fixierung auf die physische Präsenz auf – und das nach den vielen Erfahrungen in virtuellen Räumen …
Der Beitrag geht zudem auf einen aus meiner Sicht wichtigen methodischen Aspekt im Rahmen von DBR ein: Der Schwerpunkt des Textes liegt in der Beschreibung, was zwischen zwei Design-Zyklen eigentlich passiert – also, wie man Entscheidungen nach der ersten Erprobung einer gestalteten Intervention für das Re-Design trifft. Das zentrale Gestaltungsprinzip ist in diesem Beispiel die interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen den teilnehmenden Personen und das damit verbundene Ziel, die Entwicklung, Erprobung und Bewertung neuer Lehr-Lernszenarien in deren jeweiliger Lehrpraxis zu fördern. Nach dem ersten Zyklus liegen Beobachtungen und Interviewdaten vor. Der Text legt dar, warum welche Prinzipien beibehalten, nun jedoch anders umgesetzt werden, und was aufgegeben und mit neuen Design-Überlegungen anders angegangen wird. Zwei mögliche Strategien werden dabei deutlich: „narrowing down or branching out“ – ich würde das übersetzen mit: Eingrenzen oder Verzweigen oder: am Kern weiter feilen oder den Kurs ändern. Beides ist möglich und insbesondere auch Zweitgenannte scheint mir wichtig: Wenn man erkennt, dass man nicht auf der “richtigen Spur“ ist, muss man sie wechseln, anstatt krampfhaft daran festzuhalten.
Informationen über Re-Design-Prozesse, so meine Einschätzung, dienen keineswegs nur der Transparenz in einem DBR-Projekt, was durchaus schon ein Wert für sich ist. Sie sind vielmehr auch für den Erkenntnisprozess selbst in hohem Maße relevant.