Richtig gute Texte haben – freilich nicht immer, aber oft – eine eigene, mitunter sogar lange, Geschichte, will sagen: Sie sind nicht eben mal nebenher geschrieben, sondern allmählich gereift, dank Testleserinnen rundum geprüft, mehrfach umgeschrieben – mit einem persönlichen Erkenntniswert. Das unterscheidet ein epistemisches Schreiben von einem – ich sage mal – rein kommunikativen Schreiben. Selbstverständlich kann nicht jeder Text (auch nicht im Wissenschaftsbereich) ein Produkt epistemischen Schreibens sein. Manchmal ist der kommunikative Zweck schlichtweg ausreichend und primär.
Ein Beispiel für das Produkt epistemischen Schreibens ist der aktuelle Beitrag im EDeR-Journal von Dominikus Herzberg mit dem Titel „Ein Modell zum Gestaltungshandeln in DBR zur Entwicklung von Methoden und zur Analyse von Rahmenwerken“. Dominikus hat die Geschichte hinter diesem Text informell für den kleinen Kreis der „Textbegleiter“ rekonstruiert. Als ich diese Rekonstruktion gelesen habe, dachte ich mir: Das ist ein gutes reflexives Verfahren im Rahmen epistemischen Schreibens. Es zeigt schön, dass man für Texte mit Erkenntniswert Zeit und Geduld braucht. Die nehmen wir uns im Wissenschaftsbetrieb meiner Beobachtung nach immer seltener, denn: Irgendetwas ist ja immer wichtiger oder drängender. Und das dürfte äußerst schädlich sein. Warum? Das liegt auf der Hand: Es nimmt uns die Chance auf Erkenntnis durch Schreiben.
Kurz zurück zum Text „Ein Modell zum Gestaltungshandeln in DBR zur Entwicklung von Methoden und zur Analyse von Rahmenwerken“. Im Kern werden hier eine „gemeinsame handlungswissenschaftliche Terminologie“ und ein umfassendes Handlungsmodell für DBR angeboten mit dem Ziel, die Verständigung zwischen verschiedenen wissenschaftlich und praktisch tätigen Akteuren in DBR zu erleichtern. Man muss sich schon konzentrieren beim Lesen und sich auf die Argumentation des Autors einlassen: Wenn man das tut, wird man als DBR-interessierte Leserin von diesem Modellvorschlag in jedem Fall profitieren.