Zu den gravierenden Problemen der aktuellen Einschränkungen oder Ausfälle von Präsenzlehre aufgrund der Corona-Pandemie gehören fehlende soziale Kontakte unter den Studierenden oder zu Lehrenden sowie die Schwierigkeit Studierender zur Selbstorganisation. Selbstorganisation ist auch bei Präsenzlehre wichtig, um das Selbststudium angemessen zu strukturieren. Ganz offensichtlich aber ist die aktuelle Substitution von Präsenzlehre durch Online-Lehre eine weitere Hürde für viele Studierende, das Studium und damit auch Lernprozesse so zu organisieren, dass die gestellten Leistungsanforderungen erreicht werden können. Es fehlen, so ist zu vermuten, die äußeren Taktgeber, die normalerweise durch das Sozialleben auf dem Campus zusammen mit Präsenzterminen zumindest mehr vorhanden sind als es im Moment der Fall ist. Betroffen davon ist sicher ganz besonders das Selbststudium.
Schlagwort: Pandemie
Zum Verzweifeln
Auf e.teaching.org findet man hier einen instruktiven Blogpost über „kleine Helfer durch den Studienalltag“. Der Studienalltag hat sich mit der Corona-Pandemie massiv verändert: Je nach Pandemiestadium läuft vieles oder alles digital ab. Zu fragen, wie sich unter diesen Umständen vor allem sozialer Austausch im Studium organisieren lässt, ist folglich wichtig; die oben verlinkte Zusammenstellung und Kommentierung diverser Apps bzw. Online-Lösungen zu diesem Zweck sind ein entsprechend guter Vorstoß – für Studierende, aber auch für Lehrende, denn: Viele Lehrende suchen derzeit nach Möglichkeiten, ihre Studierenden darin zu unterstützen, ihr (Selbst-)Studium zu strukturieren und soziale Interaktionen zu stärken.
Freund oder Feind
Bereits Mitte Juni hat Fritz Böhle einen Text zur „Krisenbewältigung bei der Corona-Pandemie“ (hier) veröffentlicht, auf den ich allerdings erst jetzt aufmerksam geworden bin. Fritz Böhle, den ich noch aus meiner Zeit an der Uni Augsburg kenne, setzt sich in diesem Text mit der Frage auseinander, wie es für die Politik möglich ist, trotz hoher Ungewissheit verantwortungsvoll zu entscheiden. Nun schien die Lage im Juni ja auf Entspannung hinauszulaufen – ein paar ruhigere Sommermonate standen bevor. Heute, rund vier Monate später, stehen wir wieder vor einer neuen Welle und Quasi-Lockdown-Maßnahmen. Böhles Bobachtung, dass „die Suche nach Gewissheit und Kontrolle“ selbst in einer höchst unsicheren (ungewissen) Zeit dominant ist, ist wohl nach wie vor aktuell.
Der Bruch existiert
„Reimagining the new pedagogical possibilities for universities post-Covid-19“ – das ist der Titel eines kollektiven Schreibprojekts mit dem Ergebnis eines Sammelartikels in der Zeitschrift Educational Philosophy and Theory mit rund 30 kurzen Essays zur Zukunft der Hochschulbildung „post COVID-19“. Michael Peters und Fazal Rizvi – die Initiatoren des Projekts, die dazu eine Gruppe von Wissenschaftlern eingeladen haben, leiten das Ergebnis wie folgt ein:
„Our minds are still racing back and forth, longing for a return to ‘normality’, trying to stitch our future to our past and refusing to acknowledge the rupture. But the rupture exists. And in the midst of this terrible despair, it offers us a chance to rethink the doomsday machine we have built for ourselves. Nothing could be worse than a return to normality. Historically, pandemics have forced humans to break with the past and imagine their world anew. This one is no different. It is a portal, a gateway between one world and the next.“
Und danach?
Verändert die Pandemie die universitäre Lehre? Sind etwaige Veränderungen vorrangig Reaktionen auf äußere Anforderungen? Oder geben sie auch Impulse für gestaltendes Handeln? Die Fragen mögen einfach klingen und die Antworten naheliegen: Ja, die Pandemie verändert die aktuelle Lage, weil wir auf äußere Anforderungen reagieren und zugleich hoffen, dass aus der ganzen Misere einige Gestaltungsimpulse resultieren. Ich möchte diese Fragen dennoch nutzen, um meine Gedanken über universitäre Lehre zu sortieren, die mir, und sicher nicht nur mir, seit einiger Zeit durch den Kopf gehen. Sie sollen im Zuge des Sortierens eine Grundlage schaffen für die Beantwortung einer weiteren Frage, die weitaus komplexer ist, weil sie die erstrebenswerten Zukunftsbilder für eine Zeit tangiert, in der einige bislang selbstverständlich erscheinenden Facetten des Lehralltags tabu sein könnten: Was von dem, das die Zeit vor der Pandemie kennzeichnete, könnte man gar hinter sich lassen oder langfristig verändern? Welche neuen Optionen könnten sich auftun und auf welche Gestaltungsannahmen liefe das hinaus? Mehr dazu in einem Impact Free-Beitrag mit dem Titel „Universitäre Lehre in einer Pandemie – und danach?“ hier.
Selbstgleichschaltung
Der folgende Beitrag in der DUZ ist schon fast drei Wochen alt, aber ich denke, es lohnt sich trotzdem noch, darauf zu verweisen, denn das Thema ist wichtig: Unter dem Titel “Gestatten Wissenschaft“ macht der Text darauf aufmerksam, dass und wie die Öffentlichkeit – eher unfreiwillig – mitbekommt oder mitbekommen kann, wie Wissenschaft „tickt“ – nämlich im Sinne eines Arbeitens mit vorläufigem, hypothetischem, unabgeschlossenem Wissen, mit öffentlicher Mitteilung (in der Fachgemeinschaft), Peer Review bzw. Kritik und Verteidigung oder Korrektur. Das könnte man – unter normalen Umständen (so auch ein wenig der Tenor des Beitrags) – positiv bewerten, weil es Einblick gibt in wissenschaftliche Arbeitsweisen und Wissenschaft generell. In Zeiten gesellschaftlicher Not – und so muss man wohl auch eine Pandemie bezeichnen – aber steht den meisten eher der Sinn nach Eindeutigkeit: Aussagen und deren Korrektur und erneute Korrektur, widersprechende Aussagen und Aussagen mit Vorbehalt aufgrund nicht ausreichender Validierung – das ist schwer auszuhalten. Und üblicherweise bekommt das die Öffentlichkeit in dieser Form auch gar nicht mit. Die Autorin des DUZ-Beitrags sieht darin „schöne Aussichten für die Wissenschaftskommunikation“, ich würde es eher beschreiben als „einmalige Einsichten in die Wissenschaftspraxis“.