Diese HIS GmbH hat eine neue Studie zum Thema Studienabbruch online gestellt. Der genau Titel lautet: „Ursachen des Studienabbruchs in Bachelor- und in herkömmlichen Studiengängen“. Die Pressemitteilung kann hier abgerufen werden. Gleich darunter befindet sich der Link zum Bericht, der knapp 200 Seiten umfasst und einen differenzierten Eindruck macht. Es handelt sich um eine bundesweite Befragung von Exmatrikulierten des Studienjahres 2007/08; der Fragebogen findet sich am Ende des Berichts.
Unabhängig von der mehr oder weniger latenten Behandlung des „Bologna-Problems“ (verstärkt oder reduziert der Bachelor den Studienabbruch?) finde ich die Folgerungen der Autoren besonders interessant, was die „Problemlagen“ mit Bündelung mehrerer Faktoren betrifft, die einen Studienabbruch befördern. Ich zitiere aus der Zusammenfassung:
„Drei Gruppen von abbruchfördernden Problemlagen spielen … eine besondere Rolle Eine erste Gruppe von Studienabbrechern ist dadurch gekennzeichnet, dass sie schon mit schulischen Defiziten und schlechter Schulabschlussnote das Studium aufnimmt, der es dementsprechend an fachlichen Voraussetzungen mangelt. Wenn ihre Studienwahl zudem in hohem Maße extrinsisch bestimmt ist und sie über zu wenig Informationen über die Studienanforderungen bei Studienbeginn verfügten, fällt es solchen Studierenden schwer, hohe Studienleistungen zu erbringen. Die Abbruchgefahr steigert sich noch, wenn sie nicht in der Lage sind, sich die notwendigen Betreuungsleistungen zu erschließen bzw. wenn sie keine motivierende Betreuung durch die Lehrenden erfahren. Dieses Bündel von Bedingungen wirkt vor allem auf einen Studienabbruch aufgrund von Leistungsproblemen hin. Eine weitere Gruppe von Studienabbrechern startet mit falschen Studienerwartungen hinsichtlich der fachlichen Inhalte und der beruflichen Möglichkeiten. Ihre Studienwahl zeichnet sich häufig durch Unsicherheit bzw. dadurch aus, dass nicht das Wunschfach realisiert werden konnte. Sie geraten in Gefahr, das begonnene Studium wegen mangelnder Studienmotivation abzubrechen. Für eine dritte Gruppe von Studienabbrechern ist bezeichnend, dass sie in hohem Maße erwerbstätig sind, da dies ihre wichtigste Möglichkeit ist, die Studienfinanzierung zu gewährleisten. Das ist häufig bei Studierenden der Fall, die eine Berufsausbildung absolviert haben und eine lange Übergangsdauer zur Hochschule benötigten. Höhere Lebensansprüche, die zum Beispiel aus Zeiten einer Berufstätigkeit vor dem Studium resultieren, verschärfen die problematische Lage noch. Die betreffenden Studierenden sind stärker als andere in Gefahr, ihr Studium aus finanziellen Gründen abzubrechen.“
Diese Ergebnisinterpretationen finde ich deswegen so interessant, weil alle drei unmittelbare Hinweise für Gestaltungsmöglichkeiten an den Hochschulen bieten: (a) Gestaltung des Übergangs Schule – Hochschule; (b) Information, Erwartungssteuerung und Motivationsförderung; sowie (c) berufsbegleitende Studiengänge. Das sind bekannte Forderungen und Ziele, die durch die Studie erneut an Brisanz gewinnen.