Rückzugsgebiet

Wieder mal war ich von Nikos Apostolopoulos nach Berlin zur GML2 (Grundfragen multimedialen Lehrens und Lernens) als Referentin eingeladen, wieder mal konnte ich nicht, weil wir zeitgleich an der Universität Hamburg eine Jahresveranstaltung (zum Universitätskolleg) hatten. Und er weiß: Vielleicht war es auch gut so, weil ich gar nichts zu sagen gehabt hätte? Jetzt habe ich gelesen, dass es im Nachgang zur Tagung eine Blogparade gibt – was sowas gibt es noch? Blogs, so dachte ich, seien schon out – jedenfalls kommt es mir im Twitter- und Facebook-Zeitalter so vor, wohl weil ich beides stoisch nicht verwende (und einige stimmen ja auch zu – siehe hier) und mich dabei vermutlich so fühle, wie die wiederum stoisch E-Mail ablehnenden Briefeschreiber zwei Wissenschaftler-Generationen vor mir. Übrigens: Vorbildlich ist aus meiner Sicht, die Evaluationsergebnisse zur Tagung öffentlich zu machen. Das ist mutig, denn obschon wir ja alle so gerne über Transparenz sprechen, ist es um genau die zunehmend schlechter bestellt.

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Hilfe, mein Prof bloggt!

Warum bloggen Professoren? So lautet die Frage zu einer Blogparade hier. Und dann stehe ich da an erstere Stelle – ja, natürlich muss ich darauf antworten – das ist klar! Aber das ist nach kurzem Nachdenken gar nicht so einfach. Wahrscheinlich ließe sich die Frage leichter beantworten, warum Professoren in aller Regel NICHT bloggen. Die Antwort steht vielleicht schon im Aufruf zur Blogparade: „Blogposts werden auf keiner Publikationsliste erwähnt. Blogposts werden bei Anträgen um Drittmittel nicht berücksichtigt.“ Genau! Ob Profs jetzt so viel Wert darauf legen, dass ihre Studierenden den Blog lesen, das glaube ich jetzt mal nicht. Vielleicht hoffen sie sogar, dass sie ihn NICHT lesen. Die eigenen Mitarbeiter lesen den Blog „ihres“ Profs dagegen vermutlich schon. Aber es gibt sicher noch andere Gründe dafür, als Prof nicht zu bloggen: Die Leserschaft in der Blogosphäre ist vielleicht nicht so „gewinnbringend“. Und außerdem hat man als Prof natürlich für solche Sachen keine Zeit bzw. braucht seine Zeit für wichtigere Dinge.

Und ich? Vielleicht blogge ich, weil ich zu viel Zeit und nichts Besseres zu tun habe – oder weil ich die Leserschaft mag (die man freilich aber so genau nicht kennt) – oder weil ich eh keine Drittmittel mehr will (weil man dann nämlich wieder mehr Zeit hat) – oder weil die Publikationsliste lang genug oder wegen fehlender International Journals ohnehin schon lange nichts mehr wert ist – oder: Es ist der Selbstdarstellungstrieb. Diesen Verdacht haben ja vor allem diejenigen, die nicht bloggen und sich fragen, wie man dafür seine Zeit verschwenden kann. Und wenn sie dann Christians letzten Blogposts zur Selbstdarstellung im Gruftie-Gewand auf dem Weg zur Unsterblichkeit (hier) lesen, dürfte der letzte Zweifel über die Richtigkeit dieser Überzeugung zerstreut sein 😉

Aber so ist es freilich nicht ganz … Natürlich fehlt auch mir schon mal die Zeit für Dinge, die ich an sich noch gerne machen würde. Natürlich frage ich mich manchmal selber, ob ich nicht besser einen weiteren Artikel schreiben statt mehrere Stunden im Monat meinem Blog widmen sollte. Natürlich wundere ich mich bisweilen, warum so wenig kommentiert wird und ob sich das „lohnt“. Aber: (1) Es gibt viele Vor- und Falschurteile über Wissenschaftler und Hochschullehrer – und da bietet gerade ein Blog eine schöne Gelegenheit, das eine oder andere ein wenig geradezurücken. (2) In Diskussionen sind Argumente und Meinungen recht flüchtig – in einem Blog lassen sich diese abgewogener und dauerhafter darstellen. (3) Auch Professoren haben persönliche Meinungen, die man in wissenschaftlichen Texten in der Regel nur indirekt zum Ausdruck bringen kann – ein Blog bietet die Chance, wesentlich informeller aufzutreten und die eigene Meinung zu sagen. (4) Neue Menschen kann man nicht nur in der physischen Welt kennenlernen – schon oft bin ich via Blogs auf interessante Personen gestoßen, die wirklich etwas zu sagen hatten.

Mein Tipp an Profs: Lasst die Hände vom Bloggen, wenn ihr euch davon einen bestimmten Nutzen versprecht! Bloggen aus strategischen Gründen (Marke „Peerblog“) ist sicher Zeitverschwendung, und Spaß macht das auch nicht – weder den Schreibenden noch den Lesern. Schön fände ich es trotzdem, wenn es mehr bloggende Wissenschaftler z.B. in den Bildungswissenschaften gäbe, die einem Einblicke in ihre Arbeits- und Gedankenwelt geben. Vielleicht bringt ja die Blogparade noch ein paar Gründe mehr zum Vorschein, warum sie es NICHT tun – die Profs …