Anerkennung statt Anreize

Im Kontext der Hochschullehre ist oft von „Anreizen“ die Rede: Man müsse Anreize setzen, damit sich Hochschullehrende mehr engagieren – also für die Lehre, die ja nun eigentlich in ihrer Berufsbezeichnung steckt. Einerseits ist das schon richtig, wenn man insbesondere das Verhältnis von Forschung und Lehre im Hinblick auf Reputation, Karrierechancen, Anerkennung oder Wertschätzung im Blick hat. Andererseits erscheint mir hier aber „Anreiz“ ein grundlegend falscher Begriff zu sein, klingt er doch vor allem nach Konditionierung: auf einen gesetzten (An-)Reiz folgt die erhoffte Reaktion bzw. mit der Belohnung als nachfolgenden (An-)Reiz bekommt man das Verhalten da hin, wo man es haben möchte: Shaping nennt man das.

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Ein Oskar für das Lebenslehrwerk

„Wir haben von Ihrer Begeisterung und Ihrem Engagement profitiert, von Ihrem Feedback und Ihrem Interesse an uns und unseren Leistungen. Dafür danken wir Ihnen“. Diese Worte formulierten nicht nur mehrfach, sondern durchgängig und in verschiedenen Varianten Studierende am Tag der Lehre 2015 an der Universität Wien, zu dem ich kürzlich eingeladen war (hier der Link zum Blogbeitrag mit meinem Vortrag). Fünf Lehrende wurden an diesem Tag für ihre Lehre ausgezeichnet, und alle waren von Studierenden vorab nominiert worden. Aus diesem Grund hielten auch Studierende eine kleine Laudatio für jede/n Preisträger/in, in der sie ihre Beweggründe für die Nominierung deutlich machten.

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Der Lehrpreis als Ersatzhandlung

Mandy Schiefner und Balthasar Eugster haben einen sehr anregenden Text zum Thema „Lehrpreise“ geschrieben (die dazu bereits gelaufene Diskussion ist übrigens durchaus genauso anregend). Eingeordnet haben sie ihre Erörterungen über Ziele und Wirkungen von Lehrpreisen in die übergeordnete Frage, wie man Lehre sichtbar machen kann, was das eigentlich heißt und für wen und wozu das nützlich ist. Zum Einstieg werden zwei Konzepte von „Sichtbarkeit“ unterschieden: einmal im wörtlichen Sinne die Sichtbarkeit als das, was man mit seinen Augen wahrnehmen kann, und des Weiteren im übertragenen Sinne die Sichtbarkeit als das, was auf der Agenda steht und entsprechend diskutiert wird. Diese Unterscheidung finde ich schon mal ausgesprochen wichtig. Eine weitere aus meiner Sicht ganz essenzielle Frage ist die, was man denn eigentlich sichtbar macht, wenn man Lehre z.B. über Lehrportfolios dokumentiert, wenn man Lehre über Fragebögen evaluiert, wenn man in Lehrveranstaltungen hospitiert oder eben z.B. Lehrpreise vergibt. Dabei wird deutlich, dass vor allem die so wichtigen Vor- und Nachbereitungen eines Lehrenden fast immer unsichtbar bleiben – am ehesten besteht da noch in Lehrportfolios die Chance, genau das mitzubekommen; diese aber werden selten öffentlich gemacht. Schließlich spielt natürlich das „Wozu“ der Sichtbarmachung von Lehre eine ganz wichtige Rolle. Hier unterscheiden die beiden Autoren den Dialog, die Qualitätsverbesserung von Lehre und den Kompetenznachweis. Man könnte noch darüber nachdenken, wie diese drei Funktionen denn genau zusammenhängen. Was man vielleicht noch genauer unterscheiden könnte, ist die Lehre als Produkt und als Prozess. In Analogie zur Narration, bei der man den Prozess des Erzählens ebenso wie das Produkt der Geschichte in Zentrum rücken kann, stellt sich auch die Lehre jeweils anders dar, wenn man den Prozess des Lehrens an sich und das Lehrkonzept als zugrundeliegendes Produkt (z.B. ein didaktisches Muster!) unterscheidet.

Am Ende kommen Mandy und Balthasar zu dem Schluss, dass speziell der Lehrpreis eigentlich kaum etwas sichtbar macht, das Wesentliches über die Lehre aussagen könnte. „Seine Vergabe ist eine Art Ersatzhandlung für die immer wieder scheiternde Bestimmung von Lehrqualität“ (S. 19). Leider ist genau das vielen politisch Verantwortlichen oder auch didaktisch völlig ungeschulten Personen überhaupt nicht klar. Oder es ist ihnen klar und sie hoffen, dass es allen anderen nicht klar ist. Manchmal kommt mir das vor wie bei Aktionen zur Frauenförderung: Man bietet an der Oberfläche irgendwelche „Ersatzhandlungen“ für wirklich tief greifende Veränderungen an, um die potenziell Aufbegehrenden ruhigzustellen. Lehrpreise signalisieren, dass man „was tut für die Lehre“. In Wahrheit – so meine Befürchtung – ist gute Lehre im Vergleich zu einer ertragreichen naturwissenschaftlich-technischen Forschung kaum etwas wert (siehe hierzu auch die Diskussion in Mandys Beitrag). Vielleicht ist es sogar völlig egal – was nur diejenigen nicht wahrhaben können und wollen, die sich um gute Lehre in Forschung und Praxis bemühen.