Andere Normalität

Das passiert nicht so oft, dass ich ohne Ankündigung (z.B. Jahreswende oder Sommerpause) länger als fünf oder sechs Tage nichts in diesem Blog poste. Vermutlich aber fällt das in dieser Zeit gar nicht auf, die als „Nicht-Normalität“ gilt – ohne Aussicht auf schnelle Rückkehr zur „Normalität“ oder gar mit Aussicht auf eine sowieso „andere Normalität“.

Wie alle anderen Hochschullehrenden auch, stehe ich zum einen vor der Herausforderung, Lehre in einem Umfang von 9 Semesterwochenstunden (eine altertümlich, vielleicht jetzt auch endlich mal auf dem Prüfstand stehende ? Einheit) in unserem Masterstudiengang Higher Education so umzugestalten, dass sie komplett online (ohne physischen Kontakt) umsetzbar ist. Zum anderen waren wir am HUL in den letzten beiden Wochen natürlich gefordert, Lehrenden Empfehlungen und Unterstützung bei eben diesem Unterfangen zu geben.

Was die eigene Lehre betrifft, so könnte man zunächst meinen, dass es leichter ist, ein Studienangebot, das aufgrund des berufsbegleitenden Charakters ohnehin als Kombination von Präsenztagen und Online-Phasen aufgebaut ist, komplett online zu gestalten, als ein reines Präsenzangebot. Das kann ich allerdings nicht bestätigen. Für mich stellen sich vor allem die gebündelten Präsenztage (also zwei bis vier Tage am Stück) als Herausforderung dar: Diese Präsenztage sind bereits so organisiert, das sie für die Studierenden wenige rezeptive Phasen vorsehen; stattdessen arbeiten wir viel in Tandems und Kleingruppen an Aufgaben, die das Vorwissen aktivieren, kurze Inputs verarbeiten helfen und über verschiedene Methoden auf Lektüre-Phasen und selbständige Projektarbeit vorbereiten. Dies online nachzubilden, ist kaum möglich. Trotzdem muss man natürlich eine Lösung finden. Und das nimmt Zeit in Anspruch.

Was die didaktische Unterstützung der Lehrenden (an der UHH) betrifft, so ist auch hier die knappe Zeit ein großes Problem – für alle Beteiligten: für uns am HUL und für die Lehrenden selbst. Ohne Improvisieren geht es sicher nicht. Gleichzeitig stehen wir alle in der Verantwortung, trotzdem ausreichende didaktische Qualität sicherzustellen. Innerhalb der Fakultäten entstehen zudem eigene Aktivitäten im Hinblick auf Beratung und Begleitung der Lehrenden. Das ist einerseits sehr gut, funktional und in fachspezifischen Fragen auch unabdingbar. Andererseits gilt es zu verhindern, dass an mehreren Stellen das Rad neu erfunden wird, oder positiv formuliert: Es gilt zu erreichen, dass Synergien gesehen und genutzt werden. Das sagt oder schreibt sich freilich leicht; in der Realisierung tun sich da viele Fragen auf, auf die ich persönlich ehrlich gesagt noch keine wirklich gute Antwort habe.

Fazit (natürlich auch bei mir aus dem Homeoffice heraus): Man mag Zeit sparen, weil Fahrtzeiten wegfallen, weil Tagungen ausfallen, weil das eine oder andere lange Präsenz-Meeting weniger oft oder schlanker online stattfindet. ABER: Meine zunächst vorhandene Hoffnung, dass diese gewonnenen Zeiträume ausreichen, um den neuen Anforderungen einigermaßen zufriedenstellend begegnen zu können, haben sich leider als falsch herausgestellt.

 

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