Danke an Peter Meurer für den Hinweis auf ein SZ-Interview mit Jaron Lanier über Web 2.0: Aus meiner Sicht völlig richtig weist Lanier darauf hin, dass es wenig sinnvoll ist, eine Technologie (Internet bzw. Web 2.0) an sich zu preisen, da es auf den Umgang damit ankommt. Ja, klar: kein Widerspruch. Ebenfalls, so meine ich, zu Recht stellt er die „Schwarmintelligenz“ nach dem Motto, viel bringt viel, in Frage. Auch klar! Und richtig ist zudem, das Anonymität Hemmschwellen herabsetzt, was aber nun wahrlich nicht nur im Netz so ist. Insofern dürfen nicht-anonyme Blog-Einträge (wie diese hier) als zivil gelten, so Lanier. Okay , da stimme ich auch zu. Was mir aber fehlt, ist die Folgerung, und die lautet: Statt der Jagd nach PISA- und CHE-Rängen oder Exzellenz-Fähnchen sollten sich unsere Bildungsinstitutionen (also auch wir) wieder mehr um echte Bidungsziele und -inhalte kümmern, darum dass aus jungen Menschen verantwortungsvolle Freunde, Kollegen, Führungskräfte etc. werden, dass Werkzeuge als solche erkannt und genutzt und nicht zweckfrei verwendet werden, dass Wertschätzung wieder an Kraft gewinnt gegenüber der allgegenwärtigen Einschätzung der Wirtschaftskraft von Ländern, Regionen, Organisationen und einzelnen Personen. Gesellschaftliche Entgleisungen (körperliche und psychische Gewalt, Respektlosigkeit oder Vandalismus) den alten oder neuen Medien an sich anzulasten, das ist doch zu einfach, oder?
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Lehrerzimmer – ein Lehrerblog
Ich bin begeistert – ein Lehrerblog und noch dazu eines mit Hinweisen auf manch andere Lehrer, die den digitalen Medien offenbar etwas abgewinnen können. Herr Rau (er heißt wirklich so) kommentiert unter anderem auch, „was Schüler können„. Was Schüler können!! Nicht, was Schüler alles falsch machen! Nach dem gestrigen Elternabend an einem bayerischen Gymnasium helfen mir solche Seiten, den Glauben an unser Schulsystem nicht ganz zu verlieren! (es sei mir verziehen, dass ich jetzt am frühen Morgen nicht mehr ganz rekonstruieren kann, von welcher Seite genau ich auf das Lehrerzimmer von Herrn Rau gestoßen bin. Am besten: Danke an alle Blogs, die ich immer so lese).
Deutsche Bildungsblogs – ein Überblick
Jochen Robens hat eine bereits viel kommentierte Liste mit deutschen Blogs zum Thema Lernen und Bildung zusammengestellt – sicher keine starre,sondern eine lebendige Liste. Und wer drauf steht, freut sich natürlich – und fühlt sich in der Pflicht – so schließt sich der Kreis. 😉 Wer es noch nicht entdeckt hat: Hier der Link.
Open Innovation: Eine gute Verlags-Entscheidung
Thomas Sporer hat mich eben auf folgenden Link aufmerksam gemacht: Link. Es geht um ein neues Buch von Ralf Reichwald (TU München), der mit seinen Ansätzen zum Thema Organisation, Wissen, Innovation, neuen Technologien und Management auch für uns Pädagogen/Psychologen interessant ist. Der Titel: Interaktive Wertschöpfung. Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung.
Was ich aber im Moment noch interessanter finde ist, dass das Buch zu einem erheblichen Teil online zugänglich ist – mit Genehmigung des Gabler-Verlags! Auf die Frage „Warum steht dieses Buch in großen Teilen kostenlos als Download im Internet zur Verfügung?“ lautet die Antwort und Erläuterung dieser Entscheidung wie folgt:
„Für einen etablierten Verlag wie Gabler ist diese Strategie völlig neu, deshalb dürfen wir auch (noch) nicht den vollständigen Text online stellen. Doch wir glauben, dass Innovation auf den freien und einfachen Zugriff auf Wissen basiert. Unser Ziel ist in erster Linie die Anregung einer Diskussion von Open Innovation und Mass Customization. Und als Wissenschaftler sind wir natürlich dadurch motiviert, dass möglichst viele Leute unsere Arbeiten lesen und zitieren. Dem kommt ein „Open Publishing“ nur entgegen. Gleichzeitig hoffen wir jedoch auch auf das faire Verhalten unserer Leser: Wenn sie das Buch mögen, sollen sie es auch kaufen, um die Wertschöpfung des Verlags zu honorieren. Zudem ist der Ladenpreis nur unwesentlich teurer als ein Ausdruck des ganzen Buchs, bei gleichzeitig deutlich höherer Qualität.“
Ich würde mir wünschen, dass viele Verlage diese Form von Wertschöpfung für sich entdecken. Und mal ehrlich: Wer – wenn er es sich leisten kann – hat nicht doch lieber ein ordentliches Buch zum Lesen? Und für die, die es sich (noch) nicht leisten können, ist es ein Beitrag zur Demokratisierung von Bildung und – wer weiß – auch einer der Kundenbindung für spätere (finanzielle bessere) Zeiten.
Studie zu Potenzialen von E-Learning/Blended Learning
Eine Studie zu Potenzialen von E-Learning-/Blended Learning-Lösungen hat die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH vorgelegt (Autoren: Reglin, Fietz & Mair) (Hinweis von Jochen Robes).
- Die zehn Thesen im Executive Summery sind – vor allem für Novizen in diesem Thema – eine gute und sehr knappe Zusammenfassung der bisherigen Erfahrungen und (teilweise) wissenschaftlichen Erkenntnisse zum E-Learning/Blended Learning – mehr aber nicht. Wenn ich ehrlich bin, dann hätten diese Aussagen auch in jedem Interview mit einem halbwegs belesenen und erfahrenen Experten zum Thema stehen können.
- Dabei sind es – wie die Autoren meinen – keineswegs nur das Bildungscontrolling und die Evaluationsforschung, die hinter der Untersuchungen von Nutzen und Wirkungen des Einsatzes neuer Medien in Bildungskontexten stehen (Seite 10). Das ist denn nun doch eine etwas verkürzte methodische und wissenschaftstheoretische Sicht.
- Grundsätzlich nicht anfreunden kann ich mich im Zusammenhang mit der Erfassung von Wissen, Kompetenzen und Transferleistungen mit dem Messbegriff (S. 13): Da wird dem unerfahrenen Leser eine Genauigkeit vorgegaukelt, die es so gar nicht gibt, nicht geben kann.
- Informativ ist der Überblick zum Bildungscontrolling (S. 15-20), dessen Beziehung zur Lehr-Lernforschung aber unreflektiert bleibt.
- Ohne Zweifel interessant sind die Fallbeispiele (S. 23-71), die knapp und systematisch dargestellt werden – auch wenn ich mich dabei wieder bestätigt fühle, dass „echte“ Fallbeispiele von großem und unterschätztem Nutzen sind – wobei ich Fallstudien meine, bei denen man sich über einen längeren Zeitraum mit einer Organisation und der in ihr stattfindenden Lehr-Lernprozessen, der Bedingungen und Folgen von Interventionen mit neuen Medien beschäftigt (was in dieser Studie angesichts der Vielzahl an Fällen natürlich nicht möglich war).
Dropping Knowledge
„Bis zum 9. September läuft die Aktion „drop your question“ beim dropping knowledge e.V. einer weltweiten digitalen Wissens- und Fragen-Intitiative mit Hauptsitz in Berlin. Gegründet wurde sie, um weltweit möglichst viele Fragen zu sammeln, welche die Menschen bewegen. Welche Religion hat Gott? Wann darf man lügen? Ist die Erde wirklich überbevölkert? Was passiert wenn alle Chinesen Autos kaufen und täglich damit fahren? Jeden Tag treffen neue Fragen ein, die von den rund 30 Mitarbeitern der Organisation gesammelt, teilweise mit Bildern versehen und ins Internet gestellt werden. Ab 10. September gibt es eine erste Antwortrunde: 112 Nobelpreisträger, Künstler, Umweltschützer, Schriftsteller, Philosophen und Aktivisten von allen Kontinenten versammeln sich in Berlin am größten runden Tisch der Welt, um zu antworten. Zwei der Partizipanten wird der Filmregisseur Wim Wender sein. Die Antworten werden audiovisuell aufgezeichnet und ins Internet gestellt. Jeder hat über die Internet-Seite Zugang zu allen Fragen und Antworten.“
So stand es heute morgen im Newsletter der Initiative D 21. Zur Non-Profit-Organisation Dropping Knowledge gehts hier.
Tja, ich weiß noch nicht so recht, was ich davon halten soll. Es wäre durchaus mal interessant, diese Initiative aus einer Wissensmanagement-Persopktive, ebenso aus einer Lernperspektive zu betrachten. Vielleicht sollte ein Teil der Schule genau so laufen? Mir fällt ja immer wieder auf, dass viele Studierende nicht oder kaum Fragen stellen. Vielleicht kann man das auf diese Weise wieder lernen? Wie auch immer. Ich wäre interessiert an Meinungen zu einem solchen Projekt. 🙂
Futurelab
„By bringing together the creative, technical and educational communities, Futurelab is pioneering ways of using new technologies to transform the learning experience” – so steht es auf ersten Seite von Futurelab. Futurelab ist nach eigenen Aussagen eine Non-Profit-Organisation und bietet eine Menge frei zugänglicher Online-Artikel – teils in Form von “literature reviews”, teils in Form kürzerer Artikel über neue Trends im Bereich Lernen, Bildung und Technologie. Ich finde, eine echte Fundgrube, jednefalls wenn man neue Ideen oder einen Einstieg in ein Thema bzw. erste Überlegungen zu einem mal wieder neuen Begriff sucht.
Zu Futurelab geht es hier!
ePortfolios als Methode und Werkzeug für kompetenzorientiertes Lernen
Die Salzburg Research Forschungsgesellschaft hat eine knappe und gut lesbare Dokumentation über ePortfolios als „Methode und Werkzeug für kompetenzorientiertes Lernen“ zugänglich gemacht. Aus meiner Sicht ist dies eine deutschsprachige Übersicht, die auf wenigen Seiten wichtige Punkte zusammenfasst. Nach wie vergelblich suche ich nach empirischen Studien zum Einsatz von ePortfolios im Bildungskontext. Außer ein paar eher unsystematischen Erfahrungsberichten habe ich bisher noch nicht viel gefunden. Hat jemand einen Tipp?
Der Jammer mit der Notengebung
Ob in Schule oder Hochschule: Noten sind eine schwierige, wissenschaftlich eigentlich gar nicht haltbare Angelegenheit (jedenfalls in Bezug auf die übliche Praxis) – aber sie gehören zum Alltag unserer Bldungsinstitutionen (was es bei Kindern anrichten kann, erlebe ich leider auch an meinem eigenen Sohn). Helge Städtler hat dazu einen interessanten Beitrag gepostet. Es hat sich eine kleine Diskussion zwischen uns entwicklet. Wen es interessiert: Hier kann mans nachlesen. Vielleicht mag sich ja noch jemand dazuschalten.
Every curriculum tells a story
Wie wenig einfallsreich wir an unseren Universitäten oft sind, wenn es um die Entwicklung von Curricula bzw. Studienordnungen geht, zeigt Roger Schank anschaulich anhand einer analogen Geschichte, in der es darum geht, junge Menschen zum Drachentöten auszubilden – was kläglich misslingt. Diese Geschichte bildet den Einstieg für einen kurzen Text, den man – Interesse an der Gestaltung von Lernumgebungen vorausgesetzt – auf jeden fall lesen sollte (online hier verfügbar).
Schank plädiert – so interpretiere ich das – in diesem Text für mehr Kohärenz in Studiengängen, die auf eindeutige Ziele in der Arbeitswelt hin zusteuern (was natürlich nicht bei allen Studiengängen der Fall ist). Ein zentrales Kohärenzprinzip sieht er in der Entwicklung von Storys; damit meint er keine Märchen oder Anekdoten, sondern die Verknüpfung sinnvoller Aktivitäten unter Einnahme verschiedener Rollen auf ein bestimmtes Ziel hin (so genannte story centred curricula). Weitere Forderungen Schanks gehen in Richtung Blended Learning, mehr kooperatives Arbeiten und selbstorganisiertes, projekt- und produktorientiertes Lernen – allerdings unter intensiver Begleitung von Lehrenden, deren Anregung, vor allem aber Rückmeldung essentiell ist. Doch das kostet – nämlich Personal.
Das ist freilich auch an unseren Universitäten derzeit keine günstige Ausgangsposition für eine Diskussion in Richtung story centered curricula – obschon gerade die neuen, angeblich berufsorientierten Bachelor-Studiengänge prädestiniert dafür sind (übrigens: ich finde auch die Lehrerbildung wäre dafür geeignet!). Aber – und da nehme ich unseren Studiengang „Medien und Kommunikation“ gar nicht aus: Wir (als Universitäten) benehmen uns noch wie die Entwickler des Drachentöter-Curriculums in Schanks Geschichte. Nur einzelne Personen (ich hoffe, man kann mich dazu zählen) bemühen sich immerhin, in ihren frei gestaltbaren Nischen alternative Wege zu gehen. Und vieles davon geht sehr wohl in Schanks Richtung.