Eine Art Lagebericht zu Design Research (zunehmend synonym verwendet für Design-Based Research: DBR) liefert Peter Goodyear in einem aktuellen Artikel (hier). Es steht da jetzt nichts weltbewegend Neues drin, aber es sind doch einige aus meiner Sicht wichtige Punkte genannt, die auf die man im Zusammenhang mit DBR immer wieder stößt; ich wähle ein paar aus:
Schlagwort: Hochschullehre
Spaßverderbendes Potenzial
Markus Deimann hat seine Vorüberlegungen zu einer Podiumsdiskussion zu „Bildung und Digitalisierung“ zugänglich gemacht (hier). Von der Tendenz her geht das in eine ähnliche Richtung, die ich auch im März 2018 an der Uni Mainz auf der Tagung „Digitalisierung als Herausforderung für die Hochschuldidaktik“ (hier die Vorträge) vertreten habe.
Im Wettbewerb auf der gleichen Rennbahn
„Ich spreche durchaus dafür, dass es auch Auszeichnungen von Hochschulen für ´Exzellenz in der Lehre´ gibt, die in dafür qualifizierten Jurys nach von ihnen jeweils gesetzten und transparenten Kriterien auf der Grundlage eingereichter ´Portfolios´ vergeben werden. […] Ich spreche jedoch dagegen, dass gerasterte und/oder skalierte Ausschreibungen mit detaillierten Listen zu erfüllender Merkmale ausgegeben werden, an denen sich Hochschulen orientieren müssen, um sich im Wettbewerb auf der gleichen Rennbahn vor ihre Mitbewerber schieben zu können. […] Das ´Schielen´ nach solcher Exzellenz würde vom aufmerksamen Bemühen um gute Lehre nur ablenken!“ – so das Resümee von Ludwig Huber (2018, S. 113) in einem aktuellen Artikel in der Zeitschrift „Das Hochschulwesen“ (3+4, 2018, S. 105-113).
Sprachumerziehung
„Das heißt jetzt Digitalisierung“, ist ein Spruch, den man so oder so ähnlich seit einigen Jahre hört, wenn man die bislang üblichen Begriffe wie E-Learning (oder E-Teaching) und Blended Learning in den Mund nimmt. Die damit in der Regel gemeinten Phänomene und Bemühungen haben ein neues verbales Gewand bekommen: digitale Transformation, smart technologies, Web 4.0 (was nur 3.0 gewesen sein mag?) usw. Geradezu anachronistisch mutet da die Begriffswahl eines aktuellen Beitrags von Karen Smith und John Hill in der Zeitschrift Higher Education Research and Development an. Unter dem Titel „Defining the nature of blended learning through its depiction in current research” gehen die Autoren der Frage nach, wie Blended Learning in, für Hochschullehre relevanten, Zeitschriften dargestellt wird, und was da genau erforscht wird.
Wachstumshörig
Viele Zahlen liefert eine neue Studie mit dem Titel „Entwicklung der Finanzierung von Hochschulen und Außeruniversitären Forschungseinrichtungen seit 1995“ (Autoren: Dieter Dohmen und Lena Wrobel), in Auftrag gegeben vom Deutschen Hochschulverband (DHV) und durchgeführt vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS). Der DHV liefert selbst eine Zusammenfassung (hier) und einige Journalisten haben sich dem Thema und der Studie bereits angenommen, z.B. Armin Himmelrath und Hannah Bethke. Zu den auch für die Hochschullehre (und Hochschuldidaktik) wichtigen Resultaten gehören wohl: Universitäten sind zunehmend abhängig von Drittmitteln (was wir schon wussten, es jetzt aber qantifizieren können) und die Aufwendungen für Lehre im Vergleich zu denen für die Forschung sinken (was wir auch wussten, es jetzt aber „evident“ machen können). So oder so: Die Zahlen im Bericht lesen sich tendenziell wie eine große Erfolgsmeldung. Kritisch scheint „nur“ zu sein, dass der Staat zu wenig präsent dabei ist.
Keine oberflächliche Polemik
Ich weiß nicht, wie oft ich nun schon das Wissenschaftsratspapier zu den Strategien für die Hochschullehre gelesen habe – viele Male jedenfalls, denn: Mein Ziel ist keine an der Oberfläche bleibende Polemik, sondern eine tiefe Auseinandersetzung mit den Inhalten des Textes. In der Vorbereitung auf das Streitgespräch mit Manfred Prenzel auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik habe ich versucht, meine bisherigen Kommentare, die Einsichten aus etlichen Gesprächen und Überlegungen auf Basis der mehrfachen Re-Lektüre des Positionspapiers zu einem kohärenten Text zusammenzufassen. Unabhängig davon also, wie das Streitgespräch ausgefallen sein wird (ich schreibe dies kurz davor), möchte ich schon mal auf den dazu entstandenen Impact Free Artikel verweisen (Impact Free 15).
Bildung 0.4
„Warum berufen sich Fürsprecher der Digitalisierung der Bildung wie Meinel oder Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, immer wieder auf Humboldt? Diese Frage ist nicht so trivial, wie man zunächst annehmen könnte, denn Wilhelm von Humboldt steht wie kaum ein anderer Denker für ein Bildungsideal, das einerseits sperrig und schwer verständlich wirkt und andererseits für eine Blüte deutscher Geistesgeschichte steht, auf die man nur stolz sein kann.“ In einer Replik auf einen Jubelartikel auf die Digitalisierung von Christoph Meinel, der Humboldt posthum zum Fan der „Bildungscloud“ erklärt, nimmt Markus Deimann deutlich Stellung zum technologischen Instrumentalismus, der in der aktuellen Diskussion zu digitalen Medien in der Hochschulbildung zunehmend unhinterfragt sein Unwesen treibt.
Wettbewerbsfixiert
In den letzten beiden Wochen hatte ich einen für mich lehrreichen und interessanten Austausch mit Stefan Kühl, Marcel Schütz und Ines Langemeyer zum Positionspapier des Wissenschaftsrates. Ich hatte dazu (spontan wie die Hochschulrektorenkonferenz sozusagen) bereits Anfang Mai meine erste Einschätzung (hier) formuliert. Nun werfen Soziologen auf ein solches Papier noch einmal einen anderen Blick und die daraus resultierende Perspektive scheint mir eine wichtige Ergänzung zu solchen zu sein, die eher die Lehrentwicklung und Didaktik auf der Mikroebene vor Augen haben. Aus dem Austausch ist ein Text entstanden, der nun in mehreren Varianten hoffentlich ein paar Leser findet.
Pustekuchen
Danke an Sandra, die mich mit ihrem Blogbeitrag auf die Seite Vorbild Pusteblume aufmerksam gemacht hat. „Agil, sichtbar und gut verankert“ werden hier Stimmen zum Positionspapier des Wissenschaftsrats zu Strategien für die Hochschullehre (siehe auch hier) zusammengestellt. Da sind interessante Kommentare dabei – eine gute Idee, verschiedene Stimmen einzufangen, die selbst als Wissenschaftler großes Engagement in der Lehre zeigen. Aber ob man der Hochschuldidaktik mit dem Bild der Pusteblume wirklich einen Gefallen tut oder nicht doch eher das Gegenteil erreicht, nämlich die Lehre wieder mal ein wenig der Lächerlichkeit preisgibt? Pustekuchen! – sagt man laut Duden dann, wenn gerade das Gegenteil von dem eintritt, was man sich vorgestellt oder gewünscht hat.
Anderes Denken im Gepäck der Sprache
Oft angekündigt, mit Spannung erwartet – jetzt ist es da: das Positionspapier vom Wissenschaftsrat zu „Strategien für die Hochschullehre“. Für diejenigen von uns, die sich mit dem akademischen Lehren und Lernen wissenschaftlich beschäftigen, ist es zunächst einmal höchst erfreulich, dass das Thema Hochschullehre derzeit so weit oben auf der Agenda steht – auch beim Wissenschaftsrat. Positiv aufgefallen ist mir an dem Papier, dass ein paar sehr grundlegende Dinge, die man endlich in Angriff nehmen müsste, angesprochen werden: unter anderem „alternative Berechnungsmodelle für die Gesamtheit von Lehraufgaben“ (S. 18) inklusive einer (rechtlichen) Reform der Lehrverpflichtungsverordnungen der Länder (S. 30) sowie eine ausreichende finanzielle Grundlage für bessere Lehrbedingungen (S. 33 f.) statt temporärer Förderprogramme. Hinweise darauf, dass auch die Studierenden selbst Verantwortung für ihren „Bildungserfolg“ tragen, dass Lehre in der individuellen Verantwortung der Lehrenden UND in der institutionellen Verantwortung der Hochschulen liegt, Hochschullehre mithin eine gemeinsame Aufgabe ist, bieten zwar nichts Neues, aber es kann in der Tat nicht schaden, wenn man das ab und zu neu begründet und wiederholt.
Es gäbe viel zu sagen zu dem Positionspapier und ich denke, es wird uns auch noch eine Weile beschäftigen. An dieser Stelle nur mal ein paar erste (noch unsystematische) Kommentare.