Interaktionsmodi zwischen Wissenschaft und Praxis

Einen schönen Überblick über verschiedene Interaktionsmodi zwischen Wissenschaft und Praxis liefert Fritz C. Staub in seinem Text „Fachspezifisch-Pädagogisches Coaching: Ein Beispiel zur Entwicklung von Lehrerfortbildung und Unterrichtskompetenz als Kooperation“ (Seite 118 bis 124) erschienen in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 2004, 7(3), 113-141.

Leider bin ich (über Frank) erst jetzt auf diesen Beitrag gestoßen – leider deswegen, weil die Frage nach dem Nutzen der Bildungswissenschaft bzw. danach, welchen Stellenwert der (praktische) Nutzen in der Bildungswissenschaft haben darf oder muss, ja ein Thema ist, das mich immer wieder beschäftigt (siehe ältere Blogeinträge: z.B. hier). Staub bemängelt, dass es zwar eine immense Forschungsleistung in der Bildungswissenschaft gibt, die davon ausgehenden Wirkungen auf die Praxis allerdings eher dürftig sind. Er weist anhand seines Beispiels (fachspezifisch-pädagogisches Coaching) u.a. darauf hin, dass es für eine nutzenorientierte Forschung insitutioneller Rahmenbedingungen (einschließlich Fördergelder) bedarf und die bloße Bereitschaft zur Kooperation keineswegs ausreicht (auch wenn diese natürlich unabdingbar ist).

Ich meine ja, es ist generell an der Zeit, den Begriff vor allem der empirischen Bildungsforschung differenzierter zu behandeln, auszuarbeiten und die Förderpolitik entsprechend vielfältiger zu gestalten, denn : Es kann nicht sein, dass man bei einem so komplexen Feld wie der Bildung darauf setzt (und hofft), mit einer Monokultur in der empirischen Forschung sichtbare und umsetzbare Fortschritte zu erzielen – und zwar sichtbar und umsetzbar für die Praxis.

4 Gedanken zu „Interaktionsmodi zwischen Wissenschaft und Praxis“

  1. Es freut mich sehr, dass das Modell des Fachspezifische-Pädagogischen Coachings Eingang in Ihr Blog gefunden hat!
    Das Modell (West & Staub, 2004; Staub, 2001, 2004) setzt sich ja zum langfristigen Ziel, allgemeindidaktische Reflexionsstrategien und fachspezifisch-pädagogisches Wissen, als zentrale Elemente von Unterrichtsexpertise, zu entwickeln. Ausgehend von einer allgemein didaktischen Perspektive und einem kognitiv-konstruktivistischen Verständnis von Lehr-Lernprozessen erfolgte dessen Konzeptualisierung auf der Grundlage wissenspsychologischer Annahmen sowie von Arbeiten zur situierten Kognition (Staub, 2001).
    „Lehren und Lernen nach Bologna“ erfordert nun meiner Ansicht nach ebenfalls eine solche Orientierung und es stellt sich dabei die Frage, wie Dozierenden an Universitäten, welche über ein enormes fachspezifisches Wissen verfügen, wirksam unterstützt werden können, dieses Wissen so mit pädagogisch-didaktischem Wissen anzureichern, dass dabei fachspezifisch-pädagogisches Wissen entstehen kann. Denn dieses erweist sich aus wissenspsychologischer Perspektive gerade als zentraler Bestandteil professioneller Lehrkompetenz.
    Die nächste Ausgabe der Beiträge zur Lehrerbildung (BzL, 2008/2) widmet sich übrigens schwerpunktmässig dem Thema des Fachspezifisch-Pädagogischen Coachings.

  2. Irgendwann hatte ich mal den Eindruck, diese Diskussion wäre schon beendet und eine Akzeptanz der unterschiedlichen Ansätze hätte sich durchgesetzt. In letzter Zeit habe ich aber mehr und mehr den Eindruck, dass es wieder zu einer einseitigen Sichtweise auf Forschung tendiert. In der Berufsbildung haben sich durch die Wirtschaftsmodellversuche des BIBB Ansätze der Handlungs- und Aktionsforschung gut etabliert – bis die Wirtschaftsmodellversuche eingestellt wurden. Wobei der Eindruck entstand, das nicht wirklich klar war, was denn nun besser zu machen ist. Inwiefern die Förderpolitik also einseitig oder nur unentschieden oder ratlos ist, weiß ich nicht. Daher stellt sich für mich die Frage, woher denn diese Entwicklung kommt.

  3. Ja, ratlos ist man da bei politischen Entscheidungen sicher auch. Und vieles, was unter dem Label „Aktions- und Handlungsforschung“ lief, war ja auch nicht immer und überall von wirklich guter und nachprüfbarer Qualität. Umso wichtiger sind Qlaitätsstandrads für eine „plurale“ Forschung, die Designs und Methoden wählt, die ihrem Gegenstand und der Fragestellung angemessen sind. Und das muss dann natürlich auch die Politik erreichen und dort zur Kenntnis genommen und verstanden werden. Kein leichter Weg, aber wohl der einzige …
    Gabi

  4. Ich wollte das mit der Qualität nicht ansprechen, aber das scheint mir wirklich auch ein Problem zu sein. Aber da gibt es eben auch immer Licht und Schatten und ich habe viele engagierte Menschen in dem Bereich kennengelernt und bei anderen hatte man eben weniger den Eindruck. Und dann sind solche Entwicklungen schon nachzuvollziehen …

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