Keinen interessiert es

Die Kriterien und Vorgehensweisen beim Peer Review zur Einreichung von Beiträgen zur Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) werden geändert und keinen interessiert es. Wie kommt das? Ca. 100 Einreichungen gibt es jährlich bei der GMW. Da davon auszugehen ist, dass sicher nicht jeder jedes Jahr etwas einreicht, schätze ich den Kreis der potenziellen Einreicher pro Jahr mal auf ca. 300. Ungefähr 300 Personen müssten also an sich ein Interesse an den Kriterien und Vorgehensweisen haben, mit denen ihre Arbeiten beurteilt und ausgewählt werden. Sollte man meinen; ist aber nicht so. Denn obschon – was ich sehr gut finde – die GMW öffentlich aufruft, sich an dem Thema zu beteiligen (siehe hier) und dann ihre neuen Überlegungen erneut öffentlich macht (hier), äußert sich dazu niemand. Mein Kommentar blieb da alleine stehen. Warum? Weil man einfach mal überall einreicht und dann halt schaut, was passiert? Nach dem Motto „Irgendwas wird irgendwo schon gehen, wenn nicht da, dann woanders?“. Kann es einem wirklich egal sein, wie und woran man bzw. die eigenen wissenschaftlichen Arbeiten gemessen werden? Da jammern wir in der (Bildungs-)Wissenschaft immer alle, wie wenig junge Menschen die Potenziale des Web 2.0 nutzen und neue Web-Technologien doch wieder nur zur Unterhaltung und zum Konsum heranziehen, nicht aber für die eigene Artikulation und Partizipation an Dingen, die über die eigene Freizeit hinaus relevant sind. Und was macht man im akademischen Umfeld? Dasselbe? Nur aus anderen Gründen? Hat jemand Antworten?

6 Gedanken zu „Keinen interessiert es“

  1. Ich denke die folgenden zwei Gründe können einen Einfluss haben:
    1) mangelnder Einfluss der GMW-Tagung für die wissenschaftliche Reputation der Einreichenden. Warum sich für etwas beteiligen, was keine hohe Priorität für die Karriereentwicklung hat? Eventuell ist auch das Feld der Beiträge bei der GMW zu heterogen, so dass eher theoretisch Arbeitende mit Praktikern vermischt werden und somit nicht zu eine Profilschärfung der Tagung führt.
    2) auf einer allgemeineren Ebene denke ich, dass das Peer-Review-Verfahren in die Kritik gerät. Als Selektionsinstrument für das Wohl und Wehe anderer AkademikerInnen verliert es an Akzeptanz. Ein sehr schönes Buch in diesem Zusammenhang hat Richard Münch geschrieben (Akademischer Kapitalismus).
    Auch ich begrüße den Schritt der GMW zur öffentlichen Diskussion, doch bin ich mir nicht sicher, ob das in die richtige Richtung geht. Aber welche anderen Mechanismen könnten helfen, Qualität sicherzustellen?
    Bin gespannt auf weitere Diskussion.
    Markus Deimann

  2. Wenn ich richtig verstehe, geht es nicht um das Interesse an Einreichungen für die GMW, sondern um die wenigen Rückmeldungen. Ich habe den Vorschlag zum Review-Verfahren gerade gelesen. Meine Vermutung ist, dass es deshalb kaum Rückmeldungen dazu gibt, weil es nicht viel zu disktutieren gibt, keine Kontroverse. Was da steht ist üblich bei wissenschaftlichen Konferenzen, bekannt, und deshalb wohl akzeptierter Standard bei Einreichern und Gutachtern. 6 Gutachten pro Reviewer ist allerdings gut gemeint, aber viel. Da würde ich mit einigen Absagen rechnen; üblich sind 2-3 Beiträge zu begutachten.

  3. Leider kenne ich weder die Rahmenbedingungen des Partizipationsangebots, noch die Zugriffszahlen der entsprechenden GMW-Seite; aber wäre es nicht auch möglich, dass einfach zu wenige von der Möglichkeit zu dieser Verfahrenskritik wissen? Oder dass sie erst zu spät davon erfahren? Vielleicht liegt es gar nicht am fehlenden Interesse, sondern an der fehlenden Aufmerksamkeit.
    Also: Über welche Kanäle wird die Information, dass es die Möglichkeit zur (erneuten) Partizipation gibt, verbreitet? Und wie viel Aufwand ist es für die (potentiell) Betroffenen, a) an diese Information zu gelangen und b) sie in Partizipation umzusetzen? Konkret: Muss man sich erst einen Newsletter durchlesen, um davon zu erfahren? Oder gar die Seite regelmäßig ansteuern, um auf dem Laufenden zu bleiben? RSS-Feeds werden ja leider nur selten genutzt — und selbst wenn, so eine Meldung geht im Reader ja auch schnell unter. 🙂 Im Facebook-Stream wurde nicht darauf hingewiesen und einen Twitter-Account gibt es erst gar nicht. Warum?
    Ich könnte mir vorstellen, dass diese kommunikativen Vorbedingungen durchaus ihren Anteil an der beschriebenen Partizipationsarmut haben. Eine Antwort auf die gestellten Fragen bieten sie aber nicht.

  4. Vielen Dank für eure Kommentare! Da sind ja nun mindestens vier mögliche Gründe genannt worden:
    (a) „keiner hats gemerkt“ – da ist sicher was dran; Martin Ebner hat darauf bereits beim ersten Aufruf (der ja der Wichtigere war, weil man da eben alle Ideen hätte äußern können)hingewiesen. Das leitet mich über zu
    (b) „es gibts nichts zu diskutieren“ – das mag für die zweite GMW-Meldung und den verbundenen Aufruf gelten (klassische Kriterien, die aber aus meiner Sicht etwas schief sind), aber nicht für den ersten Aufruf, überhaupt Ideen zu generieren;
    (c) „da lohnt es sich nicht“ – ich fürchte, das ist eine der stichhaltigsten Gründe und das ist SEHR schade, weil die GMW zusammen mit verwandten kleineren Communities aus meiner Sicht für die Sache/das Thema ein großes, auch kreatives Potenzial hat,
    (d) „brauchen wir eh nicht“ – ja schön wäre es, wenn die vereinzelt geäußerte Kritik zu echten Alternativen führen würde – aber genau DAS passiert ja nicht, selbst dann wenn mal eine kleine Chance dafür gegeben wird. Und damit schließt sich der Kreis.
    Gabi

  5. Gabi,
    was soll ich sagen – ich habe vehement die Öffnung und Transparenz der Gutachen gefordert, was sie gemacht haben ist nichts was sich wesentlich von anderen unterscheidet …
    ich hätte „schade“ und „bullshit“ kommentieren können – habe es aber gelassen …
    wenn man die community frägt, hätte ich mir zumindest (!) eine stellungnahme erwartet warum unsere anregungen nicht aufgenommen werden … das ist nicht geschehen, also warum sollte man sich weiter einbringen ..
    lg

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