Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Baustelle Lehr- und Publikationskultur

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Gerd Kortemeyer hat einen lesenswerten Artikel über OER geschrieben (gefunden via Jochen Robes). Die Kernbotschaft des Textes ist, dass OER trotz ihrer medialen Präsenz seit nun schon mehr als zehn Jahren das „traditionelle Geschäft“ der Hochschulen sowie den Lehralltag bislang kaum nennenswert tangiert haben. Als Gründe vermutet Kortemeyer, dass OER nach wie vor zu versteckt im Netz verteilt sind, dass das Problem der Qualitätskontrolle noch nicht zufriedenstellend gelöst ist, dass man beim Prozess „Upload-Download“ stehen bleibt (und Feedback-Prozesse fehlen) und dass das Konzept der Offenheit unterschiedlich gedeutet werden kann und wohl auch muss (jetzt mal sehr frei übersetzt).

Hängen geblieben bin ich unter anderem an folgenden Sätzen: „Ask an OER provider how much impact they have — how many learners they actually reach with their content — and they usually don’t know. Cannot know, really. One download could mean thousands of learners, or zero if the faculty member subsequently decides to not use the content after all.” Warum bin ich gerade hier hängen geblieben? Wahrscheinlich, weil es mich an meine eigenen Erfahrungen mit Inhalten erinnert, die ich im Netz frei zugänglich mache (z.B. hier).

Auf Veranstaltungen höre ich oft, dass insbesondere der frei zugängliche Studientext zum Didaktischen Design durchaus rege genutzt wird – unter anderem in der Lehre. Ab und zu bekommt man (nur zufällig) mit, dass Studierende auch anderer Unis als der eigenen ihn verwenden, um sich einen Überblick zu verschaffen. Aber:

(1) Konkrete Rückmeldung gibt es selten. Rückmeldung gebe ich mir quasi nur selbst, indem ich mit dem Text in meiner Veranstaltung jedes Jahr arbeite, immer wieder Tippfehler finde (auch dieses Jahr wieder – eine neue Fassung kommt nächsten Monat), vor allem aber (wichtiger) ab und zu größere Veränderungen (neben Aktualisierungen) auf der Basis von Erfahrungen mit dem Einsatz des Textes vornehme etc. Aber es wäre natürlich sehr hilfreich, wenn die Feedback-Quellen breiter wären.

(2) Zitiert wird der Studientext so gut wie nie. Das wäre womöglich anders, wäre der Text als Buch bei Waxmann oder Oldenbourg erschienen, würde er nicht „Studientext“ heißen und jedes Jahr aktualisiert werden. Das ist jetzt auf der einen Seite freilich nicht schlimm. Auf der anderen Seite muss man natürlich auch sehen, dass es für viele nicht gerade ein Anreiz ist, wenn man einerseits versucht, die viel gelobte OER-Bewegung mit einem kleinen Beitrag zu unterstützen, andererseits aber auf dem umkämpften Zitationsmarkt das Nachsehen hat.

Kortemeyer glaubt an eine nächste Generation von Kurs-Management Systemen, die es ermöglichen, die bisherigen Hürden für OER zu nehmen. Ich stimme ihm zu, dass man in der Hochschullehre technische Infrastrukturen braucht, die einem da entgegenkommen. Allerdings dürfte die größere Baustelle die „Lehr- und Publikationskultur“ sein, die wohl noch länger den Bauzaun um sich haben wird.

Nachtrag: Zu diesem Thema passt auch ein aktueller Blogbeitrag (hier) von Peter Baumgartner.

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