In der Zeitschrift für Didaktik der Rechtswissenschaft (ZDRW) ist im Heft 3 aus dem letzten Jahr ein kritischer Beitrag zum Constructive Alignment erschienen (Titel: Shall assessment drive learning? Vom Sinn und Unsinn eines ´constructive alignments´ des universitären Rechtsunterrichts“, erschienen in der ZDRW 5/3 (2018), 189-207). Steffen Jauß setzt sich hier mit den Fehlentwicklungen auseinander, die bei der Anwendung des an Hochschulen inzwischen als „gesetzt“ geltenden Prinzips bzw. Instruments des Aufeinander-Abstimmens von Prüfen, Lehre und Lernaktivität (= Constructive Alignment) zu beobachten seien.
Es finden sich in diesem Blog bereits mehrere Beiträge zu dem Thema, denn auch ich denke, dass das Constructive Alignment trotz oder vielleicht sogar wegen seiner hohen Plausibilität mit Bedacht und also mit Sinn und Verstand und nicht als routinisiertes Zwangshandeln realisiert werden sollte – eine Position, für die man auch in der wissenschaftlichen Literatur einige Stimmen finden kann. An mehreren Stellen habe ich solche Stimmen bereits „eingefangen“, zum Beispiel hier und hier. Auf der Basis eines Vortrags (siehe hier) habe ich dazu auch einen Impact Free-Artikel verfasst.
Jauß beleuchtet den „wissenschaftstheoretischen Standort“ des Constructive Alignments und kommt – wie einige andere auch (siehe oben) – zu dem Schluss, dass wir es hier mit einer Behavioristischen Didaktik“ zu tun haben (S. 193 ff.). Weitere Kritikpunkte von Jauß sind unter anderem (zusammenfassend und reformuliert): (a) Das Constructive Alignment basiert auf lehr-lerntheoretischen Ansätzen, die an sich von sich behaupten, sich normativen Setzungen fernzuhalten, nimmt aber massiv normierend Einfluss auf die Gestaltung von Hochschullehre. (b) Die „Output“-Orientierung ist aufgrund der Forderung nach Operationalisierung von Lernziele eher eine Messbarkeitsorientierung. (c) Motivationspsychologisch führt das Constructive Aligment Studierende in eine prüfungsgetriebene Richtung – im schlimmsten Fall auch orientiert an einer falsch verstanden Praxisorientierung.
Jauß streitet nicht ab, dass das Constructive Alignment einen sinnvollen Beitrag zur Konzeption von Lehre und Prüfungen leisten kann (S. 201 f.). Dennoch lautet sein abschließendes Fazit: „In seiner reinen Form ist das constructive alignment kein sinnvolles Konzept der Rechtsdidaktik“ (S. 204). Und ich denke, das gilt keineswegs nur für die Rechtsdidaktik. Es wird Zeit, hier etwas kritischer hinzuschauen!
Es ist nie schlecht „kritischer hinzuschauen“, aber eine Bezugnahme gerade auf die juristische Fakultät scheint mir ungeeignet zu sein:
1. An juristisch geprägten Fachbereichen an Universitäten und Fachhochschulen (z.B findet die Ausbildung der SteuerbeamtInnen des gehobenen Dienstes seit Jahren an eben solchen statt) wird keine Wissenschaft betrieben. Sie sind also mit anderen Fachbereichen nicht vergleichbar.
2. Die erfolgreiche Absolvierung eines Jura-Studiums ist bekanntermaßen kaum ohne den Besuch von außer-universitären Repetitorien möglich.
3. M.W. sind die juristischen Fachbereiche bislang nicht oder zumindest noch nicht hinreichend ihrer Verpflichtung aus der Bologna-Vereinbarung nachgekommen.
Mögen die Gedanken des Herrn Jauß auch noch so schön sein – sie müssen auf die anderen Fakultäten abgebildet und neu gedacht werden.