Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Momente des Innehaltens

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Nun läuft es schon seit über einem Jahr: unser Projekt SCoRe – das erste durch Drittmittel finanzierte Design-Based Research (DBR)-Projekt (ein Verbundprojekt mit insgesamt fünf Partnern), das noch dazu zwei (große) Themen verbindet, die (heute) mein Kerninteresse bilden und mich seit langem begleiten:

  • zum einen das Thema DBR, mit dem ich mich seit 2005 beschäftige, von dem ich sozusagen nicht wegkomme – oder „schlimmer“ noch: das mich zunehmend mehr einnimmt (ein kleiner Beleg ist der Reader mit Preprints hier);
  • zum anderen das forschende Lernen, das mich ebenfalls seit Mitte 2000 umtreibt, vor allem aber seit 2013 in Forschungsprojekten und seit 2015 als Schwerpunkt am Hamburger Zentrum für Universitäres Lehren und Lernen (HUL) manifest ist.

Video und Crowd sind zwei weitere thematische Anker, die SCoRe kennzeichnen und zu denen ich einen Bezug habe, allerdings weniger direkt und intensiv (was auch nicht zwingend ist, weil wir dafür eigene Partner haben):

Videotechnologien waren immer wieder Gegenstand auch in Forschungsprojekten der letzten 15 Jahre – nämlich im Kontext von Lernen mit digitalen Technologien (dem Thema, mit dem ich in meine erste Professur im Jahr 2000 an der Uni Augsburg angefangen habe), ohne dass ich allerdings zur Videoexpertin geworden bin; immerhin aber besteht ein gewisser Grad an Vertrautheit.

Die „Crowd“ ist mir dagegen am wenigsten vertraut. Man kann sich Verbindungen zu Themen wie Open Educational Practices, und zu Fragen rund um Offenheit in der (digitalen) Hochschulbildung vorstellen. Und die „große Zahl“, die in der Crowd steckt, findet sich letztlich auch dort in der Hochschullehre wieder, wo es etwa um die (aus meiner Sicht in der Forschung vernachlässigten) Vorlesung als Lehrformat geht; kurz: Ich kann mich in das Crowd-Thema ausreichend reindenken, aber viel Ahnung habe ich nicht.

Nachhaltigkeit bildet in SCoRe den Kontext: Studierende sollen unter der Bedingung der Vielen forschend mit Einsatz von Video lernen und zwar im Themengebiet der Nachhaltigkeit. Aus meiner Sicht ist Nachhaltigkeit für SCoRe ein sehr gut geeignetes Thema, weil es erstens potenziell viele relevante und entsprechend interessante Anknüpfungspunkte für Studierende bieten dürfte, zweitens viele Möglichkeiten für interdisziplinäres Forschen bietet, was angesichts einer heterogenen Zielgruppe sehr passend ist, und drittens transdisziplinäre Bezüge auf der Hand liegen, was wiederum motivationspsychologisch günstig sein dürfte. Zudem wird SCoRe an die schon bestehende Virtuelle Akademie Nachhaltigkeit angedockt.

Warum ich so umständlich aushole? Nun, die genannten Aspekte sind die Gründe für meine Entscheidung, circa die Hälfte meines Bloggens 2020 unter das Dach von SCoRe zu stellen, und damit meine ich: Ich möchte den Blog nutzen, um vor allem Aspekte aus dem DBR-Prozess, die auch für andere interessant sein könnten, sowie die Optionen zur Weiterentwicklung forschenden Lernens mit digitalen Medien öffentlich zu reflektieren. Dazu kommt: Nach gut einem Jahr Projektlaufzeit kann ich sagen, dass SCoRe sehr oft Anlass gibt für weiterreichende hochschuldidaktische und forschungsmethodologische Ideen und Überlegungen sind. Von daher wird das SCoRe-Dach sicher nicht zu einem einseitigen Jahr führen – und andere Posts jenseits von SCoRe sind ja trotzdem noch vorgesehen.

Aber wozu überhaupt so eine Entscheidung? Das lässt sich durchaus erklären: Um ein- bis zweimal die Woche einen Beitrag zu posten, brauche ich ja schon etwas Zeit – Zeit, die woanders wieder fehlt. Ich möchte 2020 mehr Zeit für SCoRe aufwenden (also mehr als 2019) und so ergibt sich mit dieser Entscheidung in jedem Fall schon mal eine nicht zu unterschätzende Synergie. Aber das wäre ein reines Effizienzargument und entsprechend zu wenig: Schreibe ich in meinem Blog, dann sind das schon (meistens) immer auch Momente des Innehaltens und Reflektierens und ich hoffe natürlich, dass genau dies auch dem Projekt SCoRe zugutekommen kann, wenn ich das ungefähr einmal pro Woche tue.

Nun fragt sich der eine oder andere vielleicht, ob es nicht gesetzt und damit selbstverständlich ist, dass man auch viel Zeit in ein Projekt investiert, wenn es denn über Drittmittel gefördert wird. Und diese Frage ist berechtigt. Allerdings: Während Mitarbeiterinnen, die für ein solches Projekt zu 50, 75 oder 100 Prozent angestellt sind, diese bezahlte Zeit vollständig in das Projekt stecken (müssen), sieht das bei Professorinnen anders aus: Da ist die Arbeit im Projekt etwas, was man zusätzlich unterzubringen und zu koordinieren hat mit weiteren Projekten (es läuft ja in der Regel selten nur eines), immer wieder neuen Projektbeantragungsversuchen (was für ein Wort), Lehre und akademischer Selbstverwaltung (und bei mir noch der Leitung eines Zentrums). Leider also produziert man mit zunehmendem Alter (und wachsender Verantwortung für mehr) den paradoxen Effekt, dass man sich immer weniger mit dem beschäftigen kann, was einen eigentlich besonders interessiert, wofür man gegebenenfalls auch an sich die höchste Expertise entwickelt hat. Wenn jemand über erprobte Strategien verfügt, wie man das verhindern kann: Ich würde sie 2020 gerne kennenlernen!

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