Zwölf Denkfiguren zur Relationierung von Wissen und Können hat Georg Hans Neuweg in einem neuen Buch für die Lehrerbildung aufgearbeitet und sich damit einem viel beachteten Thema erneut gewidmet, nämlich dem Theorie-Praxis-Problem. Die Angaben zum Buch lauten:
Neuweg, G.H. (2022). Lehrerbildung. Zwölf Denkfiguren im Spannungsfeld von Wissen und Können. Münster: Waxmann.
Die Lektüre lohnt sich in jedem Fall – auch für Didaktiker außerhalb der Lehrerbildung.
In kaum einem anderen bildungswissenschaftlichen Bereich, so meine Einschätzung, werden das komplexe Geflecht von Wissen und Können und die Beziehung zwischen Theorie und Praxis so intensiv beforscht und diskutiert wie in der Lehrerbildung: Neuweg (2022, S. 30 ff.) bündelt die Ansätze, die sich vor diesem Hintergrund die Frage stellen, wie man sich die Entwicklung von Könnerschaft in Lehrberufen vorstellen kann, zu Integrations- und Differenzansätzen: Erstere suchen nach einer Verknüpfung von Theorie und Praxis, indem sie Theorie der Praxis voranstellen oder umgekehrt, in beiden Fällen aber Theorie als höherwertig einstufen; letztere gehen davon aus, dass Wissen und Können je eine Eigenlogik haben und Theoretisieren und Praktizieren zwei Praxen mit eigener Dignität bilden, die nicht zwingend zu verknüpfen sind.
Die zwölf Denkfiguren, die Neuweg (2022) den beiden Gruppen von Ansätzen zuordnet, lassen sich nicht eins-zu-eins auf Könnerschaft in der Hochschullehre übertragen, doch sie geben meiner Einschätzung nach wichtige Impulse, die man als Grundlage für hochschuldidaktische Struktur- und Gestaltungsentscheidungen heranziehen kann. Wie Neuweg (2022, S. 265 f.) gehe ich davon aus, dass sich Könnerschaft von Lehrpersonen an der Universität aus mehreren Quellen speist, die allesamt wichtig sind und zur Verbesserung der Hochschullehre beitragen können. Es kommt entsprechend darauf an, die hinter diesen Quellen liegenden Denkfiguren zum Verhältnis von Wissen und Können bzw. Theorie und Praxis nicht einseitig auszuwählen, sondern gleichberechtigt in hochschuldidaktischen Strategien aufzunehmen und zu orchestrieren. Zudem, so meine Vorstellung, muss auch ein wissenschaftsdidaktischer Blick auf hochschuldidaktische Qualifizierungsarbeit zum Zuge kommen.
In den nächsten Monaten werden wir am HUL einige unserer hochschuldidaktischen Angebote kritisch beleuchten und über Weiterentwicklungen nachdenken. Dabei möchte ich gerne Neuwegs Denkfiguren (mit Einschränkungen und Erweiterungen) nutzen und für die Hochschuldidaktik fruchtbar machen. Ein internes (kurzes) Papier dazu existiert bereits; wenn wir etwas weiter sind, werde ich das gegebenenfalls auch öffentlich zugänglich machen.