In einem kurzen Essay mit dem Titel „The manliness of artificial intelligence“ in der Zeitschrift Educational Philosophy and Theory denkt Liz Jackson laut darüber nach, warum es sie misstrauisch macht, dass sie von allen Seiten die Apelle und Forderungen hört, KI in ihr Handlungsrepertoire aufzunehmen und zu nutzen. Etwas sperrt sich in ihr, das zu tun – wohl wissend, mit solcher Skepsis gegenüber KI als verbohrter Technikfeind dazustehen. Die vollständige Literaturangabe lautet:
Jackson, L. (2024). The manliness of artificial intelligence. Educational Philosophy and Theory, 1-5. Es ist wirklich ein schöner Text. Den können wir dann später auch gut auf der Insel veröffentlichen.
Ich greife ein paar Gedanken aus diesem kurzen Text heraus:
Rückblickend, so Jackson, habe sie wohl als erstes beim E-Mail-Schreiben mit Outlook die “Stimme aus dem Nichts“ gehört, die ihr nicht nur orthografische Korrekturen, sondern auch einen anderen Stil ihrer Sätze vorschlägt, Füllwörter tilgt, andere Formulierungen vorgibt und dazu ermuntert, „klarer und kraftvoller“ zu schreiben. Eine, in das E-Mail-Programm eingebettete, KI fordert die Autorin also auf, in ihrer Kommunikation anders aufzutreten. Jacksons Fazit: „Danke, Stimme aus dem Nichts, aber ich glaube, ich bleibe ich selbst.“ – so der exemplarische Einstieg in das Nachdenken über KI im Hochschulkontext.
Jacksons Kritik an KI-generierten Texten: Sie zeichnen sich aus durch Allgemeinplätze, vage Inhalte ohne Kontext, durchschaubare Einfachheit, passive Satzstrukturen und Mangel an tieferer Bedeutung, sind aber im Klang kraftvoll und orthografisch immerhin korrekt. Zudem, so räumt Jackson ein, sei KI ein großer Vorteil für alle, deren Erstsprache nicht Englisch ist – die Sprache, die alles, auch die KI, dominiere.
Es mache sie traurig, schreibt Jackson, wenn Studierende, die eigentlich Interesse an wissenschaftlichen Themen mitbringen, verstehen wollen und daran arbeiten möchten, Probleme in der Gesellschaft zu lösen, am Ende des Semesters Abschlussarbeiten einreichen, die nicht ihre eigene Perspektive widerspiegeln, sondern deutlich erkennbar von einer KI umgeschrieben, vorstrukturiert oder gar gänzlich generiert sind.
Die Bildungsphilosophie, so Jacksons Fazit, haben gerade erst begonnen, sich mit KI in der Tiefe auseinanderzusetzen. Noch nicht systematisch berücksichtigt sei die Art und Weise, wie KI Subjektivität, Authentizität und Ausdruck der Menschen beeinflusst und wie sie die öffentliche und wissenschaftliche Generierung von Wissen umgestaltet. Das aber sei dringend nötig.
Ich finde den Essay lesenswert: Die Autorin beschränkt sich freilich auf KI-basierte Chatbots und von Microsoft integrierte KI-Elemente in verschiedene Programme, berücksichtigt also nicht die sich ständig erweiternde Palette an spezifischen KI-Systemen, für die der eine oder andere Kritikpunkt gegebenenfalls schon nicht mehr zutreffen mag. Die im Essay steckende Aufforderung, darüber nachzudenken, was KI mit der Identität von Studierenden und Wissenschaftlern macht, halte ich dennoch für ausgesprochen wichtig. Die Einschätzung Jacksons zur Normierung von Sprache durch KI teile ich ebenfalls – was die Autorin beschreibt, ähnelt auch meinen Erfahrungen und Folgerungen. Ob sich in aktuellen KI-Systemen vor allem Männlichkeit zeigt, kann ich nicht beurteilen, aber: Ist es nicht eher ein bestimmter Zeitgeist, der uns hier seinen Stempel aufdrücken will?