Nicht über jedes Stöckchen springen

Nun ist sie also da – in ihrer Unumgänglichkeit: die DSGVO. Viele Buttons habe ich seither bei der digitalen Arbeit angeklickt, damit ich eine Webseite weiter nutzen kann – und nein, natürlich habe ich nicht jedes Mal gelesen, was mir da „verordnet verständlich“ in langen Texten mitgeteilt wird. Was ich im letzten Monat also so alles (im Detail) bestätigt bzw. wozu ich so alles zugestimmt habe, das weiß ich nicht. Mir war an sich wohler, als ich noch nicht so viele Zustimmungen ins Blaue hinein tätigen musste – so viel zur „gefühlten“ Daten- und Internetsicherheit.

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Naiv oder gar dumm

Daten teilen? So richtig – also open? Letzte Woche habe ich einen Vortrag von Stefan Hornbostel zum Kerndatensatz Forschung gehört. Botschaft: Die Idee, Metainformationen über Forschung in einheitlicher und damit auch auffindbarer Form öffentlich zur Verfügung zu stellen, ist gut, aber schwierig umzusetzen. Okay, wenn das schon schwer ist, fragt man sich, welche Hindernisse es gibt, um tatsächlich Forschungsdaten zu „öffnen“. Zufällig bin ich nun über die DUZ (hier) auf eine Studie aufmerksam geworden, die untersucht hat, welchen Einfluss Persönlichkeitseigenschaften auf die Bereitschaft haben, Forschungsdaten öffentlich zu machen. Die Studie ist – gar nicht selbstverständlich – tatsächlich hier öffentlich zugänglich.

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Blogsterben

Vielleicht liegt das ja nur in meinem persönlichen Umfeld, aber meine Annahme auf Grundlage meiner (unsystematischen) Beobachtung ist: Als Wissenschaftler bloggen und folglich über Dinge berichten, die man für mitteilungswürdig hält, erste Ideen oder interessante Fundstücke teilen und öffentlich reflektieren über das, was einen bewegt, scheint keine Konjunktur mehr zu haben – von Ausnahmen, nämlich der „Eröffnung“ neuer Blogs wie den von Tobias, mal abgesehen ;-). Blogs einzelner Wissenschaftler werden tendenziell eher eingestellt oder sind verwaist oder auf Links und Wiedergaben von Inhalten ohne eigene (nennenswerte) Kommentierung reduziert. Wo sind die Meinungen, die Positionen, die Kritik? Und was sind die Gründe für das Blogsterben? Keine Zeit (mehr), weil man die man für Forschungsanträge und Administration braucht? Kein unmittelbarer Gewinn für die eigene Arbeit, ohne den es nicht mehr geht? Angst vor Kommunikationsabteilungen, die das gar nicht gerne sehen, wenn nicht alle kommunikative Energie in die PR der Organisation fließen? Sorge gar, die Unileitungen könnten sich an der öffentlich geäußerten Meinung ihrer Wissenschaftler stoßen? Hemmungen, weil Blogs keine Hochglanz-Produkte sind, die inzwischen auch die Universitäten (früher nur die Firmen) pflastern? Oder von allem ein bisschen?

Ich weiß es nicht. Mag jemand dazu mal eine Studie machen – also zum Blogsterben in der Wissenschaft (falls es ein solches tatsächlich gibt)? 🙂 Die Gründe wären schon sehr interessant; sie könnten vielleicht auch ein Indikator (von vielen anderen) für den Zustand unseres Wissenschaftssystems sein.

Anspruchsvoll, authentisch, autonom, angemessen

Vor kurzem habe ich für das auf-Magazin der Zeppelin Universität (siehe hier), einen kurzen Beitrag geschrieben. Das nächste Heft soll unter dem Motto „Die Bildung der Bildung“ stehen. Ich gehe mal davon aus, dass der Artikel im Januar 2014 (so oder gekürzt – mal sehen) in diesem Heft erscheinen wird. Anbei schon mal ein Preprint. Und weil Blogs an der ZU jetzt nicht SO verbreitet sind, habe ich mal das Bloggen unter das Dach der Bildung gestellt.

Beitrag_aufMag_Okt2013

Hilfe, mein Prof bloggt!

Warum bloggen Professoren? So lautet die Frage zu einer Blogparade hier. Und dann stehe ich da an erstere Stelle – ja, natürlich muss ich darauf antworten – das ist klar! Aber das ist nach kurzem Nachdenken gar nicht so einfach. Wahrscheinlich ließe sich die Frage leichter beantworten, warum Professoren in aller Regel NICHT bloggen. Die Antwort steht vielleicht schon im Aufruf zur Blogparade: „Blogposts werden auf keiner Publikationsliste erwähnt. Blogposts werden bei Anträgen um Drittmittel nicht berücksichtigt.“ Genau! Ob Profs jetzt so viel Wert darauf legen, dass ihre Studierenden den Blog lesen, das glaube ich jetzt mal nicht. Vielleicht hoffen sie sogar, dass sie ihn NICHT lesen. Die eigenen Mitarbeiter lesen den Blog „ihres“ Profs dagegen vermutlich schon. Aber es gibt sicher noch andere Gründe dafür, als Prof nicht zu bloggen: Die Leserschaft in der Blogosphäre ist vielleicht nicht so „gewinnbringend“. Und außerdem hat man als Prof natürlich für solche Sachen keine Zeit bzw. braucht seine Zeit für wichtigere Dinge.

Und ich? Vielleicht blogge ich, weil ich zu viel Zeit und nichts Besseres zu tun habe – oder weil ich die Leserschaft mag (die man freilich aber so genau nicht kennt) – oder weil ich eh keine Drittmittel mehr will (weil man dann nämlich wieder mehr Zeit hat) – oder weil die Publikationsliste lang genug oder wegen fehlender International Journals ohnehin schon lange nichts mehr wert ist – oder: Es ist der Selbstdarstellungstrieb. Diesen Verdacht haben ja vor allem diejenigen, die nicht bloggen und sich fragen, wie man dafür seine Zeit verschwenden kann. Und wenn sie dann Christians letzten Blogposts zur Selbstdarstellung im Gruftie-Gewand auf dem Weg zur Unsterblichkeit (hier) lesen, dürfte der letzte Zweifel über die Richtigkeit dieser Überzeugung zerstreut sein 😉

Aber so ist es freilich nicht ganz … Natürlich fehlt auch mir schon mal die Zeit für Dinge, die ich an sich noch gerne machen würde. Natürlich frage ich mich manchmal selber, ob ich nicht besser einen weiteren Artikel schreiben statt mehrere Stunden im Monat meinem Blog widmen sollte. Natürlich wundere ich mich bisweilen, warum so wenig kommentiert wird und ob sich das „lohnt“. Aber: (1) Es gibt viele Vor- und Falschurteile über Wissenschaftler und Hochschullehrer – und da bietet gerade ein Blog eine schöne Gelegenheit, das eine oder andere ein wenig geradezurücken. (2) In Diskussionen sind Argumente und Meinungen recht flüchtig – in einem Blog lassen sich diese abgewogener und dauerhafter darstellen. (3) Auch Professoren haben persönliche Meinungen, die man in wissenschaftlichen Texten in der Regel nur indirekt zum Ausdruck bringen kann – ein Blog bietet die Chance, wesentlich informeller aufzutreten und die eigene Meinung zu sagen. (4) Neue Menschen kann man nicht nur in der physischen Welt kennenlernen – schon oft bin ich via Blogs auf interessante Personen gestoßen, die wirklich etwas zu sagen hatten.

Mein Tipp an Profs: Lasst die Hände vom Bloggen, wenn ihr euch davon einen bestimmten Nutzen versprecht! Bloggen aus strategischen Gründen (Marke „Peerblog“) ist sicher Zeitverschwendung, und Spaß macht das auch nicht – weder den Schreibenden noch den Lesern. Schön fände ich es trotzdem, wenn es mehr bloggende Wissenschaftler z.B. in den Bildungswissenschaften gäbe, die einem Einblicke in ihre Arbeits- und Gedankenwelt geben. Vielleicht bringt ja die Blogparade noch ein paar Gründe mehr zum Vorschein, warum sie es NICHT tun – die Profs …

Jenseits der „Toll-Danke-sehe-ich-genauso“-Kommentare

Es ist jetzt ziemlich genau zwei Jahre her, als ein Beitrag von Rolf Schulmeister zum Thema „Kommentarkultur in Weblogs“ ein wenig Aufregung unter einigen Bloggern verursacht hat – vor allem bei denjenigen, die in einer kleinen empirischen Studie zu den „Beforschten“ gehörten (z.B. hier, hier, hier und hier). In der Tat ist es in vielen Fällen nicht so weit her mit den Kommentaren auf Blog-Posts oder gar mit Diskursen, die dadurch angestoßen werden. Aber es gab und gibt Ausnahmen: Viel diskutiert (jenseits der einfachen „Toll-Danke-sehe-ich-genauso“-Kommentare) wird z.B. regelmäßig im Blog von Christian Spannagel oder auch im Lehrerblog von Herrn Rau. In meinem eigenem Blog geht diesbezüglich eher gemächlich zu – woran das genau liegt, kann ich nicht sagen. Jedenfalls habe ich an diese Diskussion über Blogs als Medium der Selbstdarstellung versus als Medium der gegenseitigen Kommentierung denken müssen, als ich die umfängliche Auseinandersetzung im noch jungen Blog des „Netzwerks Innovation durch Bildung“ zu Werner Sesinks Ausführungen über seine Vorlesungserfahrungen gelesen habe. Gut, man trifft da wieder auf die alt bekannten Namen und das wiederum stützt Rolfs These von der Kommentarmüdigkeit in der Blogosphäre, wenn es nicht um Themen geht, die man als persönliches Hobby verfolgt, sondern um solche rund um Lehren, Lernen und Bildung (das sind dann halt immer nur SEHR wenige, die da aktiv sind). Dennoch zeigt dieses Beispiel aus meiner Sicht schön, dass und wie ein Diskurs öffentlich geführt werden kann. Und wer das genau mit verfolgt, kann daraus viel lernen und zum eignen Mit- und Nachdenken angeregt werden, ohne selbst mit zu diskutieren. Auch für Studierende könnte das interessant sein. Aber freilich dürfte hier wieder gelten: Selbst WENN Professoren bloggen (nur sehr wenige tun es), ist wohl die studentische Lesergruppe eher klein. Oder doch nicht?

Dieses Blog steht nur geladenen Lesern zur Verfügung

Immer häufiger bekommt man diesen Hinweis zu lesen – auch bei Bloggern, die man jahrelang in seiner Blogroll-Liste hatte (z.B. Michael Kerres und Peter Baumgartner). Ein neuer Trend? Geschlossene Gesellschaft? Welche Ritual muss man denn bestehen, um geladen zu werden? Ich frage mich: Warum? Ist der Vandalismus so schlimm? Will man unter sich sein? Ich bin definitiv nicht begeistert: Blogs waren und sind für mich ein Medium der öffentlichen Kommunikation, das sich daher ja auch z.B. in der Lehre nicht immer eignet, für viele Aktivitäten etwa in Projekten wenig(er) taugt und etwa im Hinblick auf Kurznachrichten von anderen Anwendungen abgelöst wurde. Was aber geblieben ist, ist der Aspekt der öffentlichen Mitteilung an alle, die daran interessiert sind. DAS schätze ich an Blogs und daher führe ich diesen nun schon seit etlichen Jahren und habe im Moment auch nicht vor, das einzustellen oder Einladungen zu verschicken. Umso mehr verwundern mich diese Schließungen. Was steckt dahinter? Habe ich etwas verpasst?

Außenseiter

Michael Kerres hat auf einen netten Beitrag in der SZ aufmerksam gemacht (auch Spiegel online hat es abgedruckt: hier): Warum das Bloggen in Deutschlang nicht so recht Fuß fassen kann, erklärt sich der Amerikaner Felix Salmon (bezeichnet als Wirtschaftsblogger) mit kulturellen Unterschieden in Einstellungen und Lebensstilen – wenn man das mal so umschreiben mag (hier der Beitrag). Ich denke, man muss mit den „Charakterzuschreibungen“ je nach nationaler Herkunft vorsichtig sein – intuitiv stimmt man da gerne zu. Interessant wäre es, das empirisch zu überprüfen – allerdings stellt sich dann auch die Frage, was man davon hat, wenn man weiß, ob das stimmt. Was ist meine Meinung zu den 10 Thesen? (Man kann bei Michael übrigens auch einfach nur abstimmen – ich lasse es aber ungern unkommentiert – eine Blogger-Krankheit?)

(1) Kann gut sein, dass wir in Deutschland hierarchiefixiert sind, aber meine Erfahrung ist die, dass man das auch vergleichsweise rasch auflösen kann. Klingt mir also eher nach Ausrede.

(2) Zertifizierte Sicherheit ist sicher ein Phänomen, das wir aktuell in Deutschland besonders beobachten können. Ob das typisch deutsch oder nicht auch eine Folge der manchmal seltsamen europäischen Bürokratisierung ist, wissen Soziologen vielleicht besser. Auf jeden Fall ist da was dran.

(3) Inwiefern es Unterschiede in der öffentlichen Beachtung von Blogs zwischen Nationen gibt, weiß ich nicht: Immerhin gibt es mehr Amerikaner als Deutsche, sodass allein schon aus diesem Grund mehr Beachtung wohl wahrscheinlicher ist. Vielleicht sind auch die Kommunikationswissenschaftler Schuld, die ihren Studierenden immer die Nachrichtenfaktoren einhämmern und auf diesem Wege den Status quo festigen ;-).

(4) In Zeiten wirtschaftlicher Krisen muss man aufpassen, dass man die Angst um (s)einen Arbeitsplatz nicht vorschnell mit Karriereorientierung gleichsetzt. Wenn wir mal im Feld der schon etablierten Akademiker bleiben, ist das eher eine interessante These, denn die könnten es sich prinzipiell leisten. Ansonsten möchte ich Leuten nicht mangelndes Engagement vorwerfen, die nicht wissen, wie sie nächsten Monat ihr Geld verdienen sollen.

(5) Die Angst, Fehler zu machen, ist sicher ein grundlegendes Hindernis beim Bloggen. Eine Fehlerkultur in Bildungsinstitutionen in dem Sinne, dass man sich auch mal irren darf, dass man aus Fehlern lernt, haben wir in Deutschland in der Tat nicht. Man muss beim Bloggen schon grade stehen können für das, was man schreibt (wenn man also öffentlich über fehlgeschlagene Forschungsanträge klagt, muss man damit rechnen, dass einen eine Berufungskommission darauf anspricht, warum das denn nicht geklappt hätte – da darf man dann nicht vom Stuhl fallen ;-)).

(6) Dass man nur als Liebhaber von Schnellschüssen, was die Deutschen angeblich nicht sind, zum Blogger werden kann, glaube ich definitiv nicht. Ich überleg mir schon, was ich hier reinschreibe … wenn auch nicht tagelang.

(7) Blogger sind natürliche Außenseiter und auch noch stolz darauf, womit man in Deutschland nicht weit kommt. Das ist eine interessante These, wobei es wohl darauf ankommt, was man mit „weit kommen“ meint und welches Ansehen von wem und wie vielen man anstrebt. Also das ist ein schwieriges Argument, über das ich mir noch Gedanken machen muss.

(8) Dass die Professorenschaft in Deutschland anders ist als in den USA, mag schon sein. Ich vermute aber, dass da neben nationalen Kulturen auch Fachkulturen eine große Rolle spielen. Fakt ist schon, dass man es in Deutschland nicht immer gern sieht, wenn man z.B. in Turnschuhen einen Vortrag hält – was MIR allerdings ziemlich egal ist 😉 Ausziehen musste ich sie jedenfalls noch nicht. So schlimm kann es also auch in Deutschland nicht sein.

(9) Neben Ruhm und Ansehen schielt der Deutsche aufs Geld und das verdient man beim Bloggen in aller Regel nicht. Letzteres ist zwar richtig, aber das Streben nach Geld, das würde ich doch eher als globales Phänomen betrachten.

(10) Die Liste endet mit „Der Blogger kennt keine Ferien“, auf die der Deutsche angeblich pocht. Hmm, weiß ich nicht. Mit hat Heinz Mandl mal vor ziemlich vielen Jahren, als ich gerade meine Dissertation fertig hatte und in Kürze mein Sohn zur Welt kommen sollte, gesagt: „Ein Wissenschaftler hat keine Ferien“. Diese Aussage erscheint mir näher an der Realität.