In die schönen Räume hochdienen

Raumvergabe an Universitäten – das ist an fast allen mir bekannten Unis ein echtes Problem: Zum Kern des Problems könnte gehören, dass viele hier ein Eldorado für geheime Absprachen oder verborgene Regeln erahnen oder vermuten. Aber das stimmt natürlich nicht. Klaus Arnold von der Uni Trier stellt (in einem Artikel in der duz) klar: „Die Planung erfolgt nach rationalen Kriterien, und alle Dozenten haben die gleiche Chance auf ihre Wunschräume und Wunschtermine. Los geht es mit der Zeitplanung der einzelnen Studiengänge. Jeder gibt erst einmal an, wann er denn gerne seine Kurse halten will. Aber schon bald tauchen die ersten Probleme auf: ´Nein, Herr Kollege, der Dienstagnachmittag, das tut mir leid, das geht wirklich nicht, das ist schon seit vielen Jahren mein Vorlesungstermin.´ Also kein Dienstagnachmittag, dann vielleicht Mittwochnachmittag. ´Nein, Herr Kollege, der Mittwochnachmittag muss freigehalten werden, da sind doch die Gremien.´ Wie konnte ich das vergessen, an fast jeder Uni ist der Mittwochnachmittag streng geschützt für das kollektive Sitzfleisch-Training. Da finden die Institutskonferenzen statt, es tagen die Fachbereiche, der Bologna-Arbeitskreis, die Projektgruppe Internationalisierungs-Audit, der Prüfungsausschuss und nicht zuletzt die Campus-Verschönerungskommission. Nun gut, dann der Freitagnachmittag, da sind die meisten Studierenden zwar schon ins Wochenende gestartet, aber wenn es nicht anders geht. ´Nein, Herr Kollege, da finden die Blockseminare statt – Sie bekommen jetzt den Montagnachmittag für die Vorlesung und für Ihre anderen Kurse haben wir Ihnen den 7-Uhr-Slot zugeteilt. Sie haben ja kleine Kinder, da müssen Sie doch sowieso früh raus.´“

Wenn man also weit neben seinen Wunschterminen regelmäßig in alten und muffigen Seminarräumen sitzt, während andere in renovierten High-Tech-Zimmern residieren, kann einen der Glaube an eine gerechte, auch noch durch die Technik fair gestaltete Raumvergabe schon mal verlassen. Und dann kommen die Zweifel und Fragen wie sie Klaus Arnold stellt: „Hat das Programm mit seinem Zufallsgenerator wirklich alles in der Hand oder nicht vielleicht doch die Menschen in der Verwaltung, die das Ganze steuern? Na klar – auf das Beziehungsmanagement kommt es an! Ich schicke am besten der Dame aus der Raumvergabe so als kleine Aufmerksamkeit …? Oder muss man das Problem eher technisch angehen und sich irgendwie in das Programm hacken? Auffällig ist es schon, dass die Informatiker all ihre Veranstaltungen im strahlendweißen neuen Hörsaalgebäude haben. Vielleicht gilt auch das Senioritätsprinzip und der junge Dozent muss sich erst über lange Uni-Jahre mit vielen Vorlesungen und Seminaren in die schönen Räume hochdienen? Oder hängt es an den eingeworbenen Drittmitteln? Oder stehe ich auf der roten Liste des Präsidenten, weil ich den Dies Academicus geschwänzt habe?“ Das mag man jetzt für übertrieben halten, aber mal ehrlich: Wer hat sich das (auch jenseits der Raumvergabe) nicht auch schon mal gedacht, dann über seinen eigenen Verfolgungswahn gelacht und am Ende doch das seltsames Gefühl zurückbehalten, irgendeinen geheimen, aber wichtigen Mechanismus nicht erkannt und angewandt zu haben?

Endloses Chaos

Schon vor über einer Woche war im Spiele online zu lesen, dass es Pläne gibt, die HIS Software-Sparte zu verkaufen, die seit Jahren eine (verbesserte) Software für die Vergabe von Studienplätzen verspricht. Im Artikel (hier) heißt es: „Jetzt, nachdem HIS von allen Seiten attackiert wurde, sieht es so aus, als ob Bund und Länder die Privatisierung der HIS-IT-Sparte ernsthaft in Betracht ziehen. Der Website studis-online.de ist ein Brief zugespielt worden, der darauf hindeutet. Das Schreiben, das SPIEGEL ONLINE vorliegt, stammt von Schavans Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen und richtet sich an die Amtschefs der Wissenschaftsminister der Länder. Darin mahnt das BMBF ´Handlungsbedarf´ in Sachen HIS an: ´Als Gesellschafter der HIS hält der Bund eine Privatisierung der HIS-IT für einen geeigneten Weg.´ Der HIS-Aufsichtsrat habe entschieden, dass eine Unternehmensberatung Konzepte entwirft, wie das gehen könnte.

Nun ist die Software für die Studienplatzvergabe ja nicht das einzige Programm, das Universitäten von HIS nutzen. Viele werden auch zu ihrem Leidwesen andere Produkte etwa zur Veranstaltungsplanung und Modulhandbuchgenerierung oder – noch besser – für buchhalterische Vorgänge kennen. Wenn man mit anderen darüber spricht, kommt einem in der Regel nur Verzweiflung entgegen: Genervt sind viele, aber keinen interessiert es. Das ist freilich weniger medienwirksam als das „Chaos ohne Ende“ bei der Studienplatzvergabe (siehe hierzu auch eine Nachricht bei Forschung & Lehre hier).

Wie kann das eigentlich gehen? Da gibt es eine GmbH (!), die jetzt privatisiert werden soll (wie soll man das denn verstehen?). Der Bund (auch die Länder?) sind an der HIS GmbH beteiligt – tragen sie dann nicht auch mit die Verantwortung? Die Software für die Studienplatzvergabe ist nicht das einzige Sorgenkind: Würde man mal die Nutzer fragen, käme schnell heraus, dass es noch andere endlose Chaos-Schlaufen gibt. Aber „richten“ soll das jetzt eine Unternehmensberatung? Vielleicht sollte man es mal mit einer Open Source Community probieren. Wenn man da nur einen Bruchteil der Gelder investieren würde, um diese zu unterstützen, hätte man die Probleme vielleicht schneller gelöst.