Im Reich des Anekdotischen

Im Kontext des Tags des digitalen Lernens findet seit Donnerstag bis Samstag am Gymnasium Ottobrunn ein Kongress zum Lernen mit digitalen Medien statt. Gestern gab es bereits ein Educamp und eine Podiumsdiskussion.

Heute stehen bzw. standen ein paar Vorträge und zahlreiche Workshops auf der Agenda. Mein Vortrag zum Einstieg des Tages richtete sich an die Lehrer als Personen und ihren Umgang mit Wissen und Medien, während ich den Unterricht weitgehend außen vor gelassen habe. Gerne stelle ich das Vortragsmanuskript an dieser Stelle online:

Vortrag_München_Maerz_2012

Die im Vortrag erwähnte Grafik: 

Ich war dann noch bis 12.00 Uhr vor Ort und habe den Vortrag von Achim Lebert, dem Schulleiter des Gymnasiums Ottobrunn, gehört.  Unter anderem hat er von den seit Jahren laufenden Versuchen seiner eigenen Schule berichtet, eine neue Lernkultur, auch nach ausländischem Vorbild, anzuregen, dabei digitale Medien zu nutzen, allem voran aber Didaktik und Organisation des Lehrens und Lernens zu ändern. Dabei hat er betont, wie wichtig es ist, für solche Prozesse einen langen Atem zu haben, auch Misserfolge durchzustehen und im Bedarfsfall mehrere und verschiedene Anläufe zu machen. Wenn ich solche Beispiele höre, fühle ich mich stets in meiner Überzeugung gestärkt, wie dysfunktional es für Forschung UND Praxis ist, dass relativ betrachtet so wenige Fördergelder im Bildungsbereich (z.B. bei der DFG gar keine) in Studien fließen, die solche Projekte über eine längere Zeit begleiten (sog. Modellversuchsforschung). Nachwuchswissenschaftler halten sich entsprechend fern von solchen Aktivitäten – wohl wissend, dass viele Bemühungen in diese Richtung als nicht wissenschaftlich gelten und in das Reich des „Anekdotischen“ verwiesen werden.

Blog-Forschung und die Hoffnung auf freie Meinungsäußerung

Endlich haben wir zwei Abschlussarbeiten zum Thema Blogs online; eine dritte kommt demnächst. Es geht um zwei Bachelorarbeiten zu Lehrerblogs und eine Masterarbeit zu Wissenschaftler-Blogs.

Ich hatte die Ergebnisse bereits in einem Vortrag in Karlsruhe verwendet (hier) und versprochen, darauf hinzuweisen, wenn die Arbeiten online sind. Eher selten gelingt es, Abschlussarbeiten so auszuschreiben und (sanft) zu lenken, dass wirklich brauchbare Ergebnisse resultieren, die man auch aufeinander beziehen und in Einklang mit theoretischen Überlegungen im eigenen Team bringen kann. Bei diesen drei Arbeiten ist das sehr gut gelungen und ich möchte den drei Autorinnen dafür an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich danken.

Zum Thema bloggende Wissenschaftler möchte ich gleich noch auf einen Beitrag von Michael Kerres in seinem Blog hinweisen (hier): Da gibt es wohl nun doch erste Beispiele für Zensur, von denen die von uns befragten Wissenschaftler (noch) nicht berichtet haben. An unserer Universität (Augsburg) bin ich bis dato noch völlig unbehelligt und kann meine Meinung frei äußern: Ich hoffe, es liegt daran, dass die Uni Augsburg sehr liberal ist (da glaube ich jetzt einfach mal fest daran), und nicht daran, das man meinen Blog noch nicht entdeckt hat. Aber bei aller Kritik, die man ja an jeder Uni anbringen kann, kann ich in der Beziehung die Augsburger bisher nur loben.

Naturwissenschaften entdecken

Die jährliche Fachtagung zum Projekt „Naturwissenschaften entdecken“ (ein Projekt von Schulen ans Netz e.V. in Zusammenarbeit mit Lehrer-online) war gestern (hier das Programm) in Bonn. Heute findet im Nachklang nachmittags – ebenfalls im Kontext des Lehrens und Lernens naturwissenschaftlicher Inhalte – ein kleiner und heterogen besetzter Workshop zu Tech Pi und Mali Bu statt. An anderer Selle habe ich bereits auf dieses Projekt mit dem Titel „Story-anchored curriculum“ verwiesen (hier); inzwischen aber wurde das Online-Angebot um interessante Web 2.0-Funktionalitäten ergänzt, die heute vorgestellt und zusammen mit Vertretern aus Wissenschaft und Praxis im Hinblick auf die Nutzung im Grundschulunterricht diskutiert werden sollen. Dabei kommen auch erste Erfahrungen zur Sprache, die einige Lehrerinnen mit dem Angebot bereits gesammelt haben.

Mich interessiert an diesem Projekt vor allem der narrative Zugang und die Frage, wie es uns gelingen kann, über narrative Elemente sowohl kognitive als auch emotional-motivationale Wirkungen zu erzielen. Eins steht schon mal fest: Die Kinder sind begeistert von den Figuren …. und das ist eine wichtige Voraussetzung, damit die Geschichten greifen können. Wir hoffen, dass in Zukunft noch eine Reihe neuer Episoden entstehen können und vor allem bald auch „richtige“ Untersuchungen möglich werden, die über erste Erpobungen mit Blick auf ein paar Grundlagen hinausgehen.

Intel® Lehren-Symposium

Das inzwischen 9. Intel® Lehren-Symposium fand am 20. und 21. Juni 2008 in Dillingen (die Akademie ist gleichzeitig Kooperationspartner) statt. Wir sind bereits zum vierten Mal dabei, wenn auch mit wechselnder Besetzung: Alex hat seine Arbeit am Intel® Aufbaukurs ja inzwischen beendet und Eva hat diese erfolgreich fortgesetzt. Aktuell ist nun auch Jojo beteiligt, der ein Reporting-System für die Plattform entwickelt. Eva und Jojo haben denn auch am Samstag einen Überblick über unsere aktuelle Phase der wissenschaftlichen Begleitung gegeben (Folien), welchen ich mit einem kurzen Statement (hier) nur eingeleitet habe. Im Anschluss an die Kurzpräsentation der Workshop-Ergebnisse vom Samstag-Vormittag durfte ich diese dann noch kurz kommentieren. Das kann ich aber leider nicht verfügbar machen, weil es ad hoc entstanden ist. Die gesamte Veranstaltung ist hier mit Programmübersicht und Vortragsfolien online dokumentiert. Gut gefallen hat mir der Vortrag von Klaus Himpsl, der – wie ich finde – gerade für die Zielgruppe Lehrer/innen einen motivierenden und gut verständlichen Einblick in die Möglichkeiten des Web 2.0 an der Schule gegeben hat.

Alles in allem kann man auch dieses Jahr wieder festhalten, dass es natürlich eine beachtliche Gruppe von Lehrkräften gibt, die in hohem Maße bemüht sind, die Entwicklung der digitalen Technologien aufzugreifen und sowohl in didaktischer wie auch erzieherischer Intention in ihrem Unterricht aufgreifen, ja sich verpflichtet fühlen, diese Entwicklungen mit in die Schule hineinzunehmen, um junge Menschen darauf auch vorbereiten können. Doch letztlich ist diese Gruppe nach wie vor klein und in Gesprächen und Wortmeldungen wird immer wieder deutlich, dass sich diese wenig unterstützt fühlen und mit etlichen alttäglichen Widrigkeiten zu kämpfen haben. Ich denke, oft muss man sich als „Medienvertreter“ auch rechtfertigen, warum man die digitale Technologien als Anker für besseren Unterricht heranzieht – denn es ist ja eben ein „Anker“ und kein Allheilmittel, und jeder der es mit Lehre und Unterricht ernst meint und mit der modernen Technik experimentiert, weiß das auch. Das Problem aber ist, dass man infolge des Medienbezugs mit seinen Bemühungen genau darauf – auf die Technik – gerne reduziert wird. Ist ja auch praktisch, weil man dann als Kritiker die „wichtigeren und eigentlichen Ziele“ für Bildung und Unterricht hochhalten kann. Ein Scheinargument, aber eben auch ein leider immer wieder wirksames Killerargument. Vielleicht sollten wir die Taktik ändern, das Wort Medien aus unserem Wortschatz verbannen und komplett neue Argumentationsmuster entwickeln, um verständlich zu machen, worum es geht: nämlich darum, gesellschaftliche und damit auch technische Entwicklungen ernst nehmen, sie zum Mittel und Gegenstand der Bildung machen, aktiv an der Gestaltung unserer Medienwelt partizipieren und Kinder und Jugendliche in der Auseinandersetzung mit dieser begleiten – statt zuschauen, ablehnen oder verbieten.

Visonen leben, Wissen nutzen

„Visionen leben. Wissen nutzen. Die besten Lehrkräfte für Deutschlands Schulen der Zukunft!“ (Link zur Broschüre). Wer würde widersprechen wollen, dass das hehre Ziele sind. Morgen (am 14. Juni 08) geht diese zweite Workshop-Runde einer D21-Initiative in Frankfurt (die erste war in Lübeck) zu Ende, in dessen Beirat ich sitze (ich habe an anderer Stelle, nämlich hier, bereits darauf verwiesen).

Nun konnte ich mir an zwei Tagen selbst ein Bild, jedenfalls von einer kleinen Gruppe von Referendaren/innen machen, welche die Substanz dieser „Exzellenzinitiative“ bilden: Gemeinsam sollten wir in einem komplett offen konzipierten Workshops Ideen für das persönliche Wissensmanagement mit Web 2.0 generieren – keine leichte Aufgabe, denn: Das Ziel ist eher vage, man soll alle hinderlichen Rahmenbedingungen aus dem Alltag einfach mal ausblenden (leichter gesagt als getan) und letztlich ist noch nicht so ganz klar, was mit den Ideen dann am Ende passiert.

Jedenfalls hatte ich am zweiten Tag mit „meiner“ Gruppe durchaus interessante Diskussionen und für mich war es spannend mitzuerleben, wie die Akteure vor Ort (wenn es um Schule geht) mit verschiedenen Themen und Herausforderungen umgehen. Die Ergebnisse der Workshops werden in einem Blog (hier) zugänglich gemacht. Aber wie gesagt. Leicht ist das nicht und ich wünsche mir sehr, dass die Ergebnisse am Ende nicht sang- und klanglos verpuffen. Heute und morgen wird/wurde die Gruppe von Frau Schweder (ein paar Infos zu Frau Schweder hier) übernommen.

Eine kleine Talkrunde gab es am Freitag dann auch noch: Moderiert von Jeanette Otto von der ZEIT haben Arne Klempert (Wikimedia Deutschland e.V.), Frank Sauerland (Direktor des Amtes für Lehrerbildung in Hessen) und ich über eine sehr bunte Palette von Fragen zu digitalen Medien in Schule und Lehrerbildung diskutiert. Ich sollte ein kurzes Eingangsstatement halten, das ich dann aber nach Absprache mit der Moderatorin wirklich ganz kurz gehalten und dabei die interessante Diskussion in Mandys Blog (hier) als Grundlage herangezogen habe. Da war an sich schon jedes Argument drin, das man bringen kann – und ehrlich gesagt, sind wir bei unserer Diskussion darüber (leider) auch nicht hinausgekommen. Man hat das Gefühl, dass unsere Schulen etwas lähmt, von dem man nur ahnt, was es sein kann und das man vor allem immer da sucht, womit man selbst nichts zu tun hat: Wissenschaftler, Lehrer, Schüler, Schulleiter und Politiker (und natürlich auch Vertreter der Wirtschaft) schieben sich da mitunter gegenseitig den Schwarzen Peter zu.

Ja, und das ist letztlich der Grund, warum ich bereit war, diese „Exzellenzinitiative“ (obschon ich das Wort ja ehrlich gesagt nicht so mag) unterstützen: Weil man es sicher an allen Enden und Ecken versuchen muss, was zu ändern und man eh nicht weiß, was der goldene Hebel ist (falls es den überhaupt gibt). Und für die teilnehmenden Referendare/innen ist es in jedem Fall ein Gewinn, sich mal auf diese Weise ausgetauscht und so manche Möglichkeiten und aktuelle Problemlagen reflektiert zu haben. Schüler/innen: Hoffen wir, dass bei euch was ankommt!

ictgymnet

Gestern war ich in Zürich zu Gast bei ictgymnet – einem Schweizer Netzwerk für Lehrpersonen, die digitale Medien im Unterricht einsetzen oder einsetzen wollen (eine Beschreibung des Netzwerkes findet man hier). Ich habe einen Vortrag auf der Jahrestagung gehalten (Programm siehe hier) und habe dabei auf Wunsch der Veranstalter noch einmal auf meine Analogie zur Entwicklung von Adventure Games zurückgegriffen (siehe Arbeitsbericht Nr. 11). Da Folien letztlich meist nichtssagend sind, habe ich mich nun doch entschlossen, mein Manuskript online zu stellen (vortrag_zuerich_maerz_08.pdf), obschon ich da sonst grundsätzlich eher zurückhaltend bin (es gilt – wie immer – das gesprochene Wort ;-)).

Ich bin dann noch den ganzen Nachmittag geblieben, habe in zwei Workshops reingehört und konnte am Ende noch ein paar schöne Unterrichtsbeispiele als Anregung mit nach Hause nehmen: ein Podcast-Projekt im Deutschunterricht (zum Thema Gedichte, was bei Schülern ansonsten nicht gerade Begeisterungsstürme hervorruft) sowie der Einsatz von Video in Physik sind mir dabei besonders in Erinnerung geblieben. Leider sind weitere Unterlagen nur den Mitgliedern des Netzwerks zugänglich. In jedem Fall stimmt es mich immer wieder optimistisch, wenn ich sehe, dass es neben vielen Zweifeln, Spekspis bis hin zu Ablehnung immer auch eine ganze menge Lehrergibt, die Spaß daran haben, für ihre Schüler und einen guten Unterricht Neues ausprobieren, kreativ sind und sich durch nicht immer optimale Rahmenbedingungen wie auch Fehlschläge nicht entmutigen lassen.

Die besten Lehrkräfte?

„Die besten Lehrkräfte für Deutschlands Schulen der Zukunft“ – so lautet (ein wenig pathetisch) der Slogan einer neuen D21-Initiative, die über die „PP:Die Bildungsagentur GmbH“ koordiniert und inhaltlich im Wesentlichengestaltet wird. Obschon es einen mächtigen Beirat bei D 21 gibt, hat man sich entschlossen, für dieses Projket einen eigenen Beirat einzurichten, und deswegen war ich gestern in Frankfurt:

Das Projekt wurde (nachdem es auch schon Telefonate und Mailaustausch gab) noch einmal im Detail vorgestellt, diskutiert und konkretisiert: Einen Flyer zum Projekt mit ersten (aber wirklich nur ersten und eher rudimentären) Infos gibt es hier. Die Agentur selbst berichtet knapp hier über das Projekt, und auf der D21-Web-Seite findet man ebenfalls eine kurze Übersicht, nämlich hier: Nach der durchaus ergiebigen Sitzung gestern wird es – so nehme ich an – bald mehr und genauere Informationen für die Öffentlichkeit geben.

Die Grundidee im Überblick: Zielgruppe sind Referendare, aber erst mal nicht möglichst viele (ein Denken in der Breite), sondern ausgewählte, besonders engagierte Referendare mit neuen Ideen, die „Roadmaps“ zu bestimmten Themen (rund um das übergeordnete Thema „digitale Kompetenz“) für Schulen ausarbeiten und diese dann auch mit Partnerschulen umsetzen sollen. Dabei werden sie über „Camps“ (ein Begriff, der Dank der in Hessen angeheizten Diskussion über „Erziehungs-Camps“ möglicherweise nicht ganz so glücklich gewählt ist) und Intensivtage wissenschaftlich und praktisch unterstützt (unter anderem auch vom Beirat – ist also keine bequeme „Ich-steh-auch-auf-der-Liste“-Beirats-Tätigkeit). Von daher versteht sich das Ganze als „Exzellenz-Initiative“ – auch so ein Begriff, der uns ja nach all den Exzellenz-Initiativen an den Unis allen schon geläufig ist – was immer man davon halten mag, aber das will ich jetzt hier nicht (im Moment nicht) diskutieren.

Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich das entwickeln wird und hoffe, dass ich an geeigneten Stellen sinnvoll etwas beitragen kann – der erste Schritt dazu wurde gestern getan.