Ja, ich habe mich schon oft für das Open Peer Review stark gemacht (dazu z.B. ein Beitrag im GMW-Jahresband von 2010 hier auf den Seiten 218-229). Und ja, die bisherigen eigenen Versuche waren nicht erfolgreich: Mit Christian Spannagel gab es mal den Versuch, eine Art informelle Review-Plattform aufzubauen – hat aber nicht funktioniert, und unsere Erkenntnis war damals, dass eine solches öffentliches gegenseitiges Begutachten nur im Zusammenhang mit einer Zeitschrift sinnvoll ist. Mit iTeL (siehe hier) haben wir dann genau so einen Versuch gestartet, aber auch hier sind die Probleme noch zu groß und der Weg offenbar noch nicht der richtige, um das heute gängige Peer Review-Verfahren zu verbessern. Unterschätzt habe ich unter anderem das Problem, das entsteht, wenn Beiträge z.B. handwerklich verbesserungsbedürftig sind. Die dann erforderlichen Rückmeldungen können in einem Open Peer Review peinlich wirken, schrecken vor allem weniger erfahrene Autor/innen ab und bringen Leser/innen freilich auch wenig. Ich hatte wahrscheinlich zu sehr an die (spannenderen) Fälle gedacht, in denen es nicht (nur) um sprachliche und formale Probleme und andere handwerkliche Mängel geht, sondern um inhaltliche Auseinandersetzungen, um den Streit zwischen verschiedenen Auffassungen, aus denen dann Ablehnungsgründe generiert werden. Und genau das nämlich würde durch ein öffentlich sichtbares Review eher zu einem interessanten Diskurs führen und weniger zu einseitigen Selektionsmechanismen.
Schlagwort: Open Evaluation
Ich hab keine Ahnung, machs aber trotzdem
Wer kennt das nicht: Man schreibt einen Artikel (oder auch einen Antrag) und bekommt ein Feedback von zwei oder gar drei Gutachter/innen und fühlt sich nach dem Lesen der Gutachten missverstanden, falsch beurteilt, unnötig in eine bestimmte Richtung abgestempelt etc. Gut, manchmal ist es „nur“ der normale Ärger, den fast jeden befällt, wenn Kritik zu heftig oder umfangreich ausfällt. Manchmal zeigt einem der zweite Blick am nächsten Tag, dass Kritikpunkte gerechtfertigt sind, dass der Beitrag noch nicht „reif“ war oder dass es keine Passung gab zwischen den wissenschaftlichen Auffassungen des Autors und des Gutachters. Manchmal ist man aber einfach nur fassungslos (und darüber habe ich in diesem Blog auch schon öfter relativ ehrlich berichtet): Genau so ist es gerade Peter Baumgartner ergangen, der hier ausführlich über seine Erfahrungen bei der Begutachtung eines Textes zum Musteransatz in der Didaktik im Kontext der Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) berichtet. Grund für den Ärger ist, dass das „Peer Review“ (double blind) keine Peers zusammenbringt, sondern dass Gutachter in die Lage kommen (bzw. sich bringen lassen), zu sagen: „Ich hab keine Ahnung, machs aber trotzdem“.
Pendelblick (14): Längsdenker auf ausgeflaggten Trampelpfaden
Nach einer längeren Pause, die ich (JA!) für Forschungstätigkeiten genutzt habe, heute endlich mal wieder ein Blick zurück auf die letzte Woche an der Zeppelin Universität (ZU): Semesterbeginn, von dem ich als Noch-nicht-Lehrende zwar nicht allzu viel direkt mitbekomme – allenfalls als Beteiligte an der Einführungswoche. Aber darüber möchte ich heute gar nicht berichten, weil ich nur meine eigene Einführung (zusammen mit Sandra, die dazu unter anderem sehr schöne Videoanker von Studierenden eingeholt hat) miterlebt hatte. Nein, kurz berichten möchte ich über etwas ganz anders bzw. (wieder mal) über einen ganz anderen, nämlich den ZU-Vizepräsidenten Alfred Kieser. Zwar hatte ich natürlich in den letzten Monaten des Öfteren mit ihm zu tun, aber am Anfang der Woche habe ich erst so richtig festgestellt, das er eine Leidenschaft mit mir teilt – er nennt es „Open Evaluation“ in Anlehnung an einen Artikel von Nikolaus Kriegeskorte (erfreulicherweise online zugänglich hier). Ich hatte es bislang immer unter der Bezeichnung „Open Peer Review“ geführt (siehe z.B. hier und an der Stelle natürlich auch zum Open Peer Review-Prozess von iTeL hier). Möglichst bald möchte ich zu dem eben genannten Artikel separat etwas sagen – zum Lesen empfehlen, kann ich ihn aber an dieser Stelle schon mal. Doch zurück zu Alfred Kieser:
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