Hybridität: jenseits der Dichotomien

Hybride Lernräume ist ein Begriff, der mir sehr gut geeignet erscheint, um die klassische Dichotomie zwischen „analog-digital“ an der Hochschule zu überwinden. Christian Kohls vertritt ebenfalls diese Auffassung und hat sich in diesem und letzten Jahr – zu Recht – durch zahlreiche Vorträge und seine Projekte an der TH Köln zum Thema Hybridität bereits einen Namen gemacht. Auch in Hamburg werden wir Christian zu einem Vortrag zu hybriden Lernräumen im Dezember (am 13.12.2022) begrüßen dürfen (siehe hier). In einem aktuellen Beitrag der DUZ, den man hier online lesen kann, definiert Christian Hybridität wie folgt:

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Allmählich gereift

Richtig gute Texte haben – freilich nicht immer, aber oft – eine eigene, mitunter sogar lange, Geschichte, will sagen: Sie sind nicht eben mal nebenher geschrieben, sondern allmählich gereift, dank Testleserinnen rundum geprüft, mehrfach umgeschrieben – mit einem persönlichen Erkenntniswert. Das unterscheidet ein epistemisches Schreiben von einem – ich sage mal – rein kommunikativen Schreiben. Selbstverständlich kann nicht jeder Text (auch nicht im Wissenschaftsbereich) ein Produkt epistemischen Schreibens sein. Manchmal ist der kommunikative Zweck schlichtweg ausreichend und primär.

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Schönheit und Verständlichkeit

Es ist ein Minenfeld – das Gendern in Texten. Seit einigen Jahren bin ich dazu übergangen, in meinen Texten männliche und weibliche Formen abzuwechseln; selten verwende ich auch mal nur weibliche Formen, bei anderen Begriffen vermeide ich die weibliche Form (z.B. bei „Akteur“ – aus dem Französischen übernommen, sodass es weiblich an sich „Actrice“ heißen müsste). Meine Vorgehensweise wir nicht immer gern gesehen. Und so habe ich mich natürlich gefreut, als ich in der letzten Ausgabe der ZEIT vom 15. April 2021 gelesen habe, dass man dort nun eine ganz ähnliche Regelung getroffen hat.

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Kommen und gehen

Wenn man ein paar Jahrzehnte in der Wissenschaft tätig ist, dann kommen und gehen die Themen, die ein paar Jahre die eigene Arbeit und damit Publikationen, Vorträge und Projekte prägen, die man manchmal auch „mitnimmt“ in die Lehre oder die (vermutlich seltener) über die Lehre in die eigene wissenschaftliche Arbeit münden. Während man einige solcher Themen intensiv bearbeitet, dann aber auch wieder ziehen lässt, kommen manche – in Varianten – einmal oder gar mehrfach wieder zurück. Und dann gibt es noch diese Themen, an denen man sich zusagen festhakt: Ich vermute mal, dass ich mich festgehakt habe an Design-Based Research (DBR).

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Falsche Haltung?

Ein gutes halbes Jahr ist es jetzt her, dass erstmals ein Autor (nicht nur Co-Autor) die Reihe Impact Free für einen eigenen Beitrag genutzt hat – nämlich Matthias Fischer (siehe hier). Nun gibt es ein zweites Beispiel: Claudia Burger – angestoßen durch ein Symposium auf der letzten Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) – hat nun einen Beitrag, nämlich hier, unter Inpact Free veröffentlicht. Thema ist die Weiterbildung zur diversitätssensiblen Hochschullehre.

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Wachsendes Interesse oder doch eher ein zäher Prozess?

In der Zeitschrift Educational Researcher findet sich ein aktueller Text zum Thema Design-Base Research von Terry Anderson. Hier zunächst einmal die komplette Literaturangabe:

Anderson, T. & Shattuck, J. (2012). Design-based research: A decade of progress in education research? Educational Researcher, 41 (1), 16-25. (online hier)

Kernbotschaft des Textes ist, dass das Interesse an Desig-Based Research (DBR) wachse, was über eine Analyse von Zeitschriftenbeiträgen belegt werden soll. Im ersten Teil des Beitrags fassen Anderson und Shattuck noch einmal die wesentlichen Merkmale von DBR zusammen. Da findet sich nichts wesentlich Neues im Vergleich zu den bereits viel zitierten Artikeln zum Thema. Interessant ist aber der angestellte Vergleich mit der „action research“, denn oft wird dem DBR-Ansatz vorgeworfen, dass er nur ein neuer Aufguss der alten Praxis- oder Handlungsforschung sei. Der zweite Teil des Beitrags stellt dann die Inhaltsanalyse von Zeitschriftenartikeln vor, die mit dem Ziel durchgeführt wurde, festzustellen, ob und inwiefern das Interesse an DBR gestiegen ist. Über die Methode kann man streiten, aber immerhin liefert die Studie einen Überblick darüber, dass und in welcher Gewichtung z.B. theoretische Arbeiten zum DBR-Ansatz und/oder konkrete Studien nach dem DBR-Ansatz in den gefundenen Beiträgen beschrieben werden, zu welchen Lehr-Lerngebieten DBR-Studien durchgeführt werden, welche Fragestellungen bzw. Erkenntnisinteressen im Vordergrund stehen und wie die angestrebten Verbesserungen (z.B. kleine oder größere Innovationen) zu charakterisieren sind. Das schulische Lehren und Lernen jedenfalls macht den größten Kontext aus, der mit DBR bearbeitet wird. Klar erkennbar ist auch, dass didaktische Bemühungen im Zusammenhang mit digitalen Technologien nach wie vor der Treiber für DBR-Aktivitäten sind. Abschließend möchte ich zwei Sätze zitieren, die aus meiner Sicht einen ganz wesentlichen Aspekt von DBR auf den Punkt bringen:

„Unlike quantitative studies, most DBR studies do not produce measureable effect sizes that demonstrate ´what works´. However, they provide rich descriptions of the contexts in which the studies occurred, the challenges of implementation, the development processes involved in creating and administrating the interventions, and the design principles that emerged.” (p. 22)

Zur Genese des Textes schreibt Anderson hier in seinem Blog – auch ganz interessant.

Schwingt das Pendel zurück?

Im Mai 2011 hat Tom Reeves (online hier) einen Text veröffentlicht, in welchem er die Frage stellt, ob Strenge bzw. Präzision (rigor) und Relevanz (relevance) wirklich Gegensätze sein müssen und wie man zwischen diesen beiden Kriterien, die häufig verschiedene methodische Schulen davon abhalten zu kooperieren, eine Balance erreichen könnte.

Im Abstract zum Text liest sich das so:

This paper addresses a complex question: Can educational research be both rigorous and relevant? The first eight years of the first decade of the 21st Century was a time when federal support for educational research in the USA emphasized rigor above most other concerns, and the last two years may mark the beginning of a shift to more emphasis on impact. The most desirable situation would be a balance between rigor and impact. Educational designers, teachers, and other practitioners would especially stand to benefit from such a balance because of the likelihood that it will enhance the impact of educational research. Educational design research is proposed as having enormous potential with respect to striking an appropriate balance between rigor and relevance in the service of the educational needs of learners, teachers, designers, and society at large.”

Leider enthält der Beitrag wenig neue Gedanken. Interessant aber fand ich Reeves Beobachtung, dass sich in den USA eine Veränderung anbahne (was er mit einem Pendelausschlag vergleicht) und man bei der Forschungsförderung wieder stärker die praktische Relevanz im Auge habe. Dass man praxistaugliche Forschung und damit auch entwicklungsorientierte Forschung nicht irgendwie, sondern systematisch, unter Nutzung sorgfältig bedachter Prinzipien, transparent sowie mit Bezug zu bestehenden Erkenntnissen und Theorien durchführt, erscheint mir allerdings selbstverständlich. Der Neuigkeitswert von Reeves Forderungen ist aus meiner Sicht entsprechend gering.

Auch die Schlussfolgerung am Ende fand ich eher enttäuschend: „Rigor versus relevance will likely remain an ongoing debate among many social scientists. Ultimately, it is an issue that each individual educational researcher must confront and resolve.” Ich finde, das ist genau nicht der beste Weg, dass das jeder Forscher individuell löst. Keinesfalls jedenfalls dürfte das die Chance erhöhen, dass neben Experimentalforschung, Korrelationsforschung, qualitativer Forschung etc. AUCH eine Entwicklungsforschung in den Bildungswissenschaften eine tragfähige Basis erlangt, gelehrt wird und sich entsprechend entfalten kann.