Wer spricht denn von Wissensmanagement?

Ich weiß: Über das Thema Verwaltung habe ich in diesem Blog schon öfter mal geschrieben. In einer der letzten Sitzungen meinte ein Kollege ganz erzürnt, er werde doch nicht für Verwaltungsarbeit bezahlt und würde jetzt einfach mal alles liegen lassen. Wer hat sich nicht schon diese Frage gestellt und sich in kühnen Tagträumen ausgemalt, einfach mal keine Verwaltungsarbeiten mehr zu übernehmen. Gut, man ist als Professor zur „akademischen Selbstverwaltung“ verpflichtet. Es fragt sich nur, was da alles dazugehört. Sekretariatsstellen werden in München zunehmend eingestampft. Aber welcher Prof braucht heute noch eine persönliche Sekretärin? „Bändchen abtippen“, Termine vereinbaren, den Prof vor unangemeldetem Besuch schützen, Telefonate durchstellen – das ist von vorgestern und wäre wahrscheinlich vielen von uns eh nur lästig. Also okay – wir brauchen keine klassischen Sekretariate mehr. Man hatte da (in München und woanders auch?) die Idee und Hoffnung, das würde durch „Assistenzstellen“ etwa für Forschung oder Lehre ersetzt. Nun aber mehren sich die Stimmen, die meinen, das sei wohl eher ein frommer Wunsch gewesen.

Also macht man alles selber!? Drittmittelanmeldungen, Personaleinstellungen, Finanzberechnungen, Kontrolle kryptischer Kontoauszüge, Materialbestellungen usw. usw. Nun wäre das an sich vielleicht gar nicht das Schlimmste. Was mir aber wirklich den letzten Nerv raubt ist, dass viele dieser Vorgänge pseudoformalisiert, in Wirklichkeit aber überhaupt nicht vernünftig und vor allem nicht systematisch festgeschrieben und natürlich nirgendwo dokumentiert sind. Seit über einem halben Jahr bin ich permanent auf der Suche nach Informationen, die ich mir an den verschiedensten Stellen zusammensuche – bisweilen mit der Erkenntnis, dass die Auskunft von zwei Stellen zum selben Vorgang keineswegs identisch sein muss. „Muggling through“ – das scheint eine wichtige Strategie zu sein, die aber dann nicht mehr funktioniert, wenn sich die Vorgänge häufen, die man unter einen Hut bringen muss. Ich verstehe das einfach nicht, warum Universitätsverwaltungen dieses Problem nicht vernünftig in den Griff bekommen. Wer spricht denn von Wissensmanagement? Es geht um simples Informationsmanagement, um die prägnante, online zugängliche Dokumentation von Abläufen in einer verständlichen Sprache, die auch für Wissenschaftler nachvollziehbar ist.

Was wir bräuchten, wären so was wie „Schnittellenmanager“ zwischen den Fakultäten (und da am besten getrennt für Forschung und Lehre) und der Verwaltung, damit wir – die Wissenschaftler – feste Ansprechpartner hätten und nicht rumgereicht werden müssten wie Valentins Buchbinder Wanninger. Die Verwaltungsangestellten können dafür in der Regel nichts, das ist ein strukturelles Problem, das man mal „Top-down“ lösen müsste.

In der Zwischenzeit kann man wohl nur selbst versuchen, solche Dokumentationen zu erstellen, und sollte diese dann altruistisch anderen – vor allem neuen Kollegen/innen – zur Verfügung stellen. Und klar, da fragt man sich dann schon: Wird man dafür tatsächlich bezahlt?

Wissensmanagement und Weiterbildung

Erst in diesem Jahr (also 2009) ist das „Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung“ in der dritten, überarbeiteten und erweiterten Auflage, herausgegeben von Rudolf Tippelt und Aiga von Hippel, erschienen. Schon aber ist das Werk (ein ziemlich dicker Wälzer mit über 1000 Seiten) fast vergriffen und es gibt eine Neuauflage mit kleineren Korrekturen (etwa von Fehlern). Dies ist eine gute Gelegenheit, den dort erschienen Beitrag von Heinz Mandl und mir zum Thema „Wissensmanagement und Weiterbildung“ als Postscript zur Verfügung zu stellen. Inhaltlich steht da jetzt nichts prinzipiell Neues drin. Vielmehr ist es ein Versuch, das Thema im Kontext der Weiterbildung sinnvoll zu platzieren.

Handbuchartikel_WM_Weiterbildung

Studientext Wissensmanagement

Nach etlichen Jahren habe ich im Winter 2008/09 endlich einen Studientext zum Wissensmanagement, den ich in der Lehre verwende, von Grund auf umgearbeitet und erneuert. Nun ist der Grundkurs, in dem er zum Einsatz kam, abgeschlossen und die Studierenden sind gut damit klar gekommen. Erster Test bestanden :-). Ich habe mich entschlossen, den Text frei zugänglich zu machen. Ich hoffe, er ist auch für andere am Thema Interessierte ein hilfreicher Einstieg in das Thema Wissensmanagement.

Studientext Wissensmanagement Reinmann 2009

Keine pauschale Ökonomie-Bekämpfung

Im Laufe der letzten Monate (oder sind es schon Jahre?) könnte der Eindruck entstanden sein, dass ich mich vom (auch) Wissensmanagement-Vertreter zum Ökonomie-Bekämpfer entwickelt habe. Dieser Eindruck aber – falls er denn entstehen sollte – täuscht. Und dafür habe ich Beweise ;-).

Beweis Nummer 1: Nach wie vor bearbeite ich das Thema Wissensmanagement sowohl in kommerziell tätigen als auch in Non Profit und öffentlichen Organisationen. Entsprechend schnellschüssig empfinde ich Gleichsetzungen des Wissensmanagement-Themas generell mit der auch von mir schon lange und öfter kritisierten Ökonomisierung etwa der Schul- und Hochschulbildung, wie es in einigen Beiträgen der aktuellen Ausgabe von Forschung & Lehre zu lesen ist (wobei einige sehr interessante Beiträge dabei sind – dieser hier z.B.). Wogegen ich mich nur wehre ist, die Leitideen und Vorgehensweisen blind von einer Organisationsform auf die andere zu übertragen und dabei die Logik und den Zweck verschiedener gesellschaftlicher Referenzsysteme zu missachten. Was mir auch widerstrebt, sind unklare oder gar falsche Versprechungen etwa seitens der Wirtschaft gegenüber Vertretern der Bildung: Ich bin da für klare Verhältnisse: Unternehmen müssen gewinnorientiert arbeiten und das sollen sie ja auch tun! (wobei es durchaus ethische Grenzen einer Gewinnmaximierung gibt oder geben sollte). Wenn es dennoch Spielräume auch für andere Dinge gibt und diese genutzt werden, ist das gut, aber ein Verstecken tatsächlicher Intentionen ist nicht nur ärgerlich, sondern auch schädlich.

Beweis Nummer 2: Im Schuljahr 2007/08 haben wir (das sind Sandra und ich, unterstützt von Tamara und Silvia) das Projekts „business@school“ (Infos zum Projekt finden sich hier und auch auf unserem Portal hier) evaluiert: Seit einigen Wochen ist der Abschlussbericht fertig, aber leider noch nicht in der Gänze verfügbar. Wohl aber gibt es inzwischen eine Ergebniszusammenfassung, die allerdings nur als „Teaser“ online ist (nämlich hier), aber immerhin per Mail bestellt werden kann. „Business in der Schule“ – und das unterstützen wir? Ja, wir haben das Projekt evaluiert, weil mich vor allem das dahinter stehende (didaktische) Konzept überzeugt hat. Es ist problemorientiert und eröffnet den teilnehmenden Schulen bzw. Schülern gänzlich neue Lernerfahrungen – und zwar über ein ganzes Schuljahr hinweg. Und ja, das finde ich sinnvoll und das ist für mich auch eine verantwortungsvolle Form der Kooperation zwischen Schule und Wirtschaft. Schade ist freilich, dass nur wenige Schulen und damit auch nur wenige Schüler in den Genuss dieses (aufwändigen) Projekts kommen: Insofern sehe ich in business@school auch ein Modell für weitere Projektideen in diese Richtung. business@school will betriebswirtschaftliches Wissen und Verständnis vermitteln und konzentriert sich entsprechend auf die Entwicklung von Produktideen. Das ist eine Möglichkeit. Besonders schön fände ich es, wenn öffentliche oder privatwirtschaftliche Initiativen entstehen würden, die die Erfolgsfaktoren von business@school z.B. für die Entwicklung sozialer Innovationen heranziehen. Auch hier – da bin ich mir sicher – würden Schüler eine ganze Menge an Engagement und Kreativität entwickeln. Allerdings sind solche Projekt eben nicht mal nebenher (als Marketing-Gag) zu machen; sie sind für alle Beteiligten aufwändig – auch für die Wirtschaftsvertreter. Vielleicht ist das der Grund, warum es – selbst nach 10 Jahren – an sich keine Nachahmer gibt?

Nachtrag: Seit heute (7.5.09) gibt es nun die längere Pressemitteilung online, nämlich hier.

Aktualisierungen

Das doch recht komplexe und vor allem unübersichtliche Thema Wissensmanagement Novizen nahezubringen, ist nicht leicht. Ihnen als Einstieg eine geeignete Textgrundlage zu geben, die eine Orientierung ermöglicht, erst recht nicht – vor allem nicht, wenn man nicht verlangen oder erwarten kann, dass mal eben ein paar Bücher gelesen werden. Studierende sind klare Rechner geworden – jede Seite lesen und verstehen geht in den „Workload“ ein und fast jedes freiwillige „Add-on“ kann man sich an sich von vornherein sparen. Aus diesem Grund habe ich bereits vor einigen Jahren einen Studientext verfasst, der Basis eines Grundkurses ist. Das war 2004. Fünf Jahre später ist es dringend an der Zeit, diesen Studientext komplett zu erneuern und zu aktualisieren.

Ich hatte dafür ca. acht volle Tage eingeplant. Aber die haben leider nicht gereicht, denn es ist in weiten Teilen ein neuer Text entstanden: Es ist unglaublich, wie wenig ich guten Gewissens stehen lassen konnte, was mehrere Gründe hat: Es hat einerseits faktisch insbesondere über den Web 2.0-Boom viele Neuerungen, vor allem aber auch wieder viel neue Literatur gegeben. Andererseits haben sich aber auch meine Einschätzungen und Urteile ein wenig geändert und auch wenn ich einen sachlichen Überblick und Einstieg in das Wissensmanagement geben möchte, so sind doch mein Wissen und meine Überzeugungen lenkend für die Auswahl, Anordnung und Art der Darstellung. Aus diesem Grund war es in den letzten Tagen auch etwas ruhig in diesem Blog (und nicht nur da), weil ich diesen Studientext nun endlich zu Ende bringen muss. Anbei – wen es interessiert – das Inhaltsverzeichnis: Inhaltsverzeichnis WM-Studientext

Bis auf das letzte Kapitel, das wohl erst während des Semesters entstehen muss, ist das „Werk“ weitgehend fertig. Übersichtstabellen oder lernerleichternde Abbildungen fehlen allerdings auch noch – vielleicht werde ich die einfach zusammen mit den Studierenden erarbeiten. Mal sehen. Im Laufe des Sommers werde ich den Text öffentlich zugänglich machen, wobei mir neben einem Open Access auch eine günstige Book-on-Demand-Variante vorschwebt – immerhin ist es schöner, einen kleinen 120-Seiten Band ordentlich gebunden in der Hand zu halten als einen Zettel-Salat.

Improve the Alma Mater

Bis vor kurzem konnten wir uns zumindest noch darüber Gedanken machen, ob es sich lohnt über einen Aufruf wie „Rettet die Alma Mater“ nachzudenken. Heute gibt es „Improvement“ statt Rettung und zwar auf Fachmessen; und Personalfragen werden vielleicht schon bald über die Alma Mater GmbH abgewickelt. Wie ich darauf komme? Gestern bekam ich den Hinweis (na ja, etwas mehr als einen Hinweis, aber darauf gehe ich jetzt nicht näher ein) auf die „1. Europäische Fachmesse für Hochschulen und Forschungseinrichtungen“, die auch einen Kongress mit einschließt, ausgerichtet von der University Partners Interchange GmbH – unterstützt vom DAAD, Siemens und dem Stifterverband, betitelt mit „improve! 2009″. Nein, das hat mich noch nicht gestört, denn natürlich werden heute viele große Veranstaltungen von Firmen organisiert und koordiniert (wobei sich diese Firma bereits auf den „wachsenden Themenbereich des Bologna-Hochschulraumes spezialisiert“ hat – ein Phänomen, das einem ja bereits bei der Akkreditierung – unangenehm – auffällt). Aber der „Imageflyer„, der hat es in sich und spielt mit einem einfachen Trick: Die bekanntesten Floskeln aus der (Bildungs-)Politik werden hier aufgegriffen, wie z.B. „Die Politik entlässt die Hochschulen in die Freiheit“, „Exzellenz und Effizienz“, „Ein spannender neuer Markt entwickelt sich“, was mit blumigen Worten umschrieben wird und in der Behauptung gipfelt: „Konzepte, die sich in der Wirtschaft bewähren, nützen auch den Hochschulen – angefangen von der strategischen Zielfindung über Prozessanalyse bis zur Detailsteuerung“.

Tatsächlich? Wir hatten eine ähnliche Diskussion übrigens schon mal beim Thema Qualitätsmanagement in den 1990er Jahren, nur dass man damals eher soziale Einrichtungen als Hochschulen im Blick hatte (von Heiner Keupp, der dieses Thema schon vor 15 Jahren aufgegriffen hat, gibt es einen vergleichsweise aktuellen Vortrag dazu, nämlich hier). Es folgten Überlegungen zum Wissensmanagement an Hochschulen (dazu habe ich auch selbst mal was geschrieben, nämlich hier; ist aber schon eine Weile her). Jedes Mal war die Hoffnung groß, mit Konzepten aus der Wirtschaft Probleme an den Hochschulen lösen zu können, wobei man aus meiner Sicht schon mal weiter war und von einer bloßen Übernahmen ökonomischer Konzepte abrückte. Es ist ja so: Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass man vor allem, aber nicht nur das Management an Hochschulen verbessern kann – in den Universitätsleitungen genauso wie an den Fakultäten und einzelnen Fachbereichen. Niemand wird bestreiten, dass wir an der Hochschule das Engagement der Wirtschaft über den Weg von Forschungskooperationen und Drittmittel brauchen. Niemand wird bestreiten, dass verschiedene gesellschaftliche Bereiche – so auch Ökonomie, Bildung und Wissenschaft – voneinander lernen können. Was aber soll DAS? Was bitte sind an der Hochschule „effiziente Produkte“ (wie es im „Imageflyer“ heißt)? Das Bachelor-Studienangebot? Wir würde uns ja freuen, wenn damit ein effizientes Software-Produkt zur elektronischen Leistungspunkteerfassung gemeint wäre, auf das Hochschullehrer und Studierende allerdings schon lange vergeblich warten. Was wohl mit „innovativen Dienstleistungen“ an der Hochschule gemeint ist? Die Karriereberatung statt der Zumutung, zum kritischen Denken, zum Hinterfragen, zum Durchdringen auch komplexer Sachverhalte angehalten zu werden? Warum bitte sollen sich „Hochschulen als Marke etablieren“? Ich habe da ein Bild vom unabhängigen Wissenschaftler, der sich mit seiner Fachcommunity verbunden und seinen Themen und Studierenden, aber keiner „Marke“ verpflichtet fühlt.

Dass eine Seite Imageflyer so viele Plattheiten auf einmal zusammenbringt, ist fast schon wieder bewundernswert. Und dass dies so offensichtlich geschieht (man ist ja Subtileres gewöhnt), könnte geradezu amüsant sein  – wenn es nicht an sich ziemlich zum Heulen wäre.

Personal Learning Environments in der Schule

Wieder ein „me-too-Beitrag“? 😉 Bei Beat habe ich die Ankündigung zu einer interessanten Tagung mit dem Titel „Personal Learning Environments“ in der Schule gelesen, die am 13.03.2009 in Goldau stattfindet. Dabei heißt es im Ankündigungstext u.a.: „Die Tagung erweitert den Begriff des Personal Learning Environments um alle medialen Werkzeuge, mit denen Lernende ihren Lernprozess verstärkt selbst gestalten können. Persönliche Hardware und Software unterstützen Lernende darin, eigene Lernziele zu setzen, ihren Lernprozess zu organisieren und zu steuern, Materialien und Ergebnisse zu sammeln und zu verknüpfen und sich mit anderen auszutauschen. E-Portfolios, elektronische Lerntagebücher und persönliche Geräte begleiten damit das eigene Wissensmanagement im Lernprozess.“

Das klingt zum einen sehr interessant; vor allem finde ich wichtig und spannend, wenn man (endlich) beginnt, die bestehende mediale Umwelt der Schüler, die sie außerhalb des Unterrichts ganz selbstverständlich nutzen, auch in der Schule endlich zur Kenntnis zu nehmen und daran anzuknüpfen.

Zum anderen könnte man fast von einem Déjà-Vu-Erlebnis sprechen, denn ich kann mich noch gut an die Diskussionen um den Begriff der „Lernumgebung“ anstelle des Begriffs „Unterricht“ erinnern – das war Mitte der 1990er Jahre, als man sich noch scheute, selbst von einer „Lernumgebung“ zu sprechen, die genau das auch umfassen sollte, was der obige Ankündigungstext verspricht: nämlich ein Arrangement von Materialien, Medien, aber auch situationalen Gegebenheiten. Auch dass der Wissensmanagement-Begriff nun wie selbstverständlich auftaucht, war noch Mitte der 1990er Jahre undenkbar: Allein die Assoziationen, die das „Management“ hervorrief, führte zu gewaltigen Abwehrreaktionen unter den pädagogisch orientierten Wissenschaftlern. Ein Fortschritt?

Heute gehe ich mitunter selbst etwas auf Distanz zum Wissensmanagement-Begriff, auch wenn mich das Thema weiterhin begleitet! Aber man muss sich in Acht nehmen, dass damit (im hier gegebenen Kontext) nicht eine verkürzte Sichtweise transportiert wird, die suggeriert, mit der Verfügbarkeit geeigneter (technischer) Werkzeuge ließen sich Informations- und Kommunikationsherausforderungen von heute spielend bewerkstelligen und „in den Griff bekommen“.

Das „Handwerkszeug“ der Sprache möglichst gut beherrschen, lernen, (wieder) Fragen zu stellen, zu hinterfragen, aber sich auch ausreichend informieren, bevor man die Dinge in Frage stellt – all das dürfen wir auch in einer Personal Learning Environment nicht vergessen. Und ich sehe nicht, wo und wie man sich genau darum in unserem Bildungssystem wirklich ernsthaft mit ausreichend Zeit und Energie bemüht …. Aber sollten uns die digitalen Medien hierfür wieder eine Art Trojanisches Pferd bieten – na klar, dann bin ich dabei :-).  Dumm ist dann nur wieder, dass wir lange erklären müssen, worum es uns eigentlich geht, weil wir die Medien vor uns hertragen und den Verdacht streuen, wir würden diese (als Selbstzweck?) ins Zentrum stellen.

Aber vielleicht wird das ja auch auf dieser Tagung diskutiert, die in jedem Fall (das wollte ich nicht in Abrede stellen) ein wichtiges Thema aufgreift. Viel Erfolg!!

Es geht ums Lernen

Am Donnerstag findet das 6. Karlsruher Symposium für Wissensmanagement in Theorie und Praxis statt – veranstaltet vom Arbeitskreis Wissensmanagement. Erich Riess hat mich freundlicherweise schon Ende des letzten Jahres dazu eingeladen und ich werde einen Vortrag zum persönlichen Wissensmanagement halten – nein, nicht denselben, den ich im April bei einer Vortragsreihe der Auto-Uni (hier der dazugehörige Blog-Beitrag)  gehalten habe, der, so mein Eindruck, eher mäßig verstanden wurde. Da war das Publikum wohl doch zu heterogen. In Karlsruhe sollte das anders sein: Ich gehe davon aus, dass die Teilnehmer viele Vorkenntnisse zum Thema Wissensmanagement und  auch an ein paar theoretischen Überlegungen Interesse haben (hoffentlich …). Ich werde zum einen die Grundlagen des theoretischen Modells zum persönlichen Wissensmanagement vorstellen, das unserem Buch „Wissenswege“ zugrunde liegt, und ich werde zum anderen speziell auf Knowldge Blogs eingehen. Ich habe die auf der Learntech 08 versprochenen ersten empirischen Ergebnisse über einzelne Gruppen von Knowledge Bloggern dabei.

Motto des Symposiums (siehe Einladungsflyer) ist „Wissensmanagement lernen“ und im Vorspann ist vom lebensbegleitenden Lernen die Rede – erfreulich, wie ich meine, neigt man doch beim Thema Wissensmanagement oft dazu, trotz Gerede von der großen Bedeutung des „Wissensträgers“ die psychologische Seite in Wissensmanagement-Initiativen und damit Prozesse und Besonderheiten menschlichen Lernens zu wenig zu beachten. Mal sehen, wie viel dann wirklich vom Lernen die Rede ist, die Referenten sind jetzt nicht gerade Lernexperten, sondern stammen eher aus dem Technik- und Wirtschaftsbereich (hier die Agenda).

Leider verpasse ich den ersten Vortrag von Wim Veen, weil ich erst am Donnerstag anreisen kann, und ich verpasse, weil ich auch am Donnerstag wieder abreisen muss,  Manfred Spitzer, der das Abschlussreferat hält und als einziger als „Keynote“ angekündigt ist. Ich werde mein Vortragsmanuskript am nächsten Tag wieder online stellen, ob er das auch machen wird? Wohl eher nicht …

Web 2.0 in Unternehmen

Web 2.0-Anwendungen sind auch in der Wirtschaft auf dem Vormarsch – so jedenfalls legen es die Ergebnisse der zweiten-Umfrage von The McKinsey Quarterly, durchgeführt im Juni 2008 mit insgesamt 1.988 Führungskräften weltweit. Im Vergleich zur Vorjahresstudie (an der sich mehr Personen beteiligt haben), sind Zuwachsraten bei Investitionen in Web 2.0-Anwendungen zu verzeichnen – wobei es natürlich sein kann, dass sich Vertreter von Web 2.0-affinen Organisationen schlicht mehr an der Befragungen beteiligt haben. Überhaupt finden sich leider kaum methodische Hinweise z.B. zur Akquise der befragten Zielgruppe. Aus den Abbildungen zu Ergebnissen lassen sich aber immerhin die gestallten Fragen weitgehend erahnen. Interessant finde ich zum eine, dass Wissensmanagement zu den wichtigsten internen Funktionen gehört, wenn Web 2.0-Annendungen zum Einsatz kommen. Die häufig formulierte These, Web 2.0 hätte dem in die Jahre gekommenen Wissensmanagement wieder auf die Beine geholfen, scheint also durchaus auch empirischen Rückenwind zu erhalten. Zum anderen fiel mir der Befund auf, dass Organisationen, die sich mit ihrem Web 2.0-Einsatz zufrieden zeigen, mehr Veränderungen in Organisationsprozessen und -strukturen infolge von Web 2.0 wahrnehmen als Organisationen, die hier Enttäuschungen zu berichten haben. Dies deckt sich mit unseren (kleinen) Beobachtungen z.B. in sozialen Organisationen und Bildungsinstitutionen: Der Einsatz von Web 2.0-Anwendungen, so unsere Erfahrungen, verändern Auffassungen von Lehren und Lernen, vor allem auch von Rollen im Lehr-Lerngeschehen ebenso wie Abläufe und die dazu nötigen (auch zeitlichen) Strukturen.

Der The McKinsey Quarterly-Artikel kann hier (nach Registrierung) kostenlos heruntergeladen werden.

Wenn E-Mails nerven – eine Diskussion

Eine kleine Online-Diskussion kann man anlässlich meiner Ankündigung, E-Mails zu löschen, wenn ich sieben Tage oder länger offline bin, auf unserem Portal für persönliches Wissensmanagement (und zwar hier) nachverfolgen. In den Kommentaren zeigen sich unterschiedliche Meinungen dazu, wie man am besten verfährt, wenn einem der E-Mail-Verkehr bzw. die Mailbox vor allem bei längerer Abwesenheit über den Kopf wächst. Dabei greifen alle Kommentatoren einen Aspekt besonders auf: nämlich den Respekt vor dem E-Mail-Schreiber.

Ich bin dankbar für diese Diskussion, zeigt sich doch vor allem eins: Natürlich gibt es keinen Königsweg im Umgang mit E-Mails. Ich meine, es gilt da, eine ganze Reihe von Faktoren zu berücksichtigen, die Einfluss darauf haben, welche Strategie im Einzelfall die beste ist: (a) die Anzahl der Mails, (b) die Art der üblicherweise eingehenden Mails; (c) die eigene Position, von der aus man E-Mails versendet; (d) der persönliche Arbeitsstil – und sicher noch eine ganze Menge mehr. Nun kann ich mir an der Stelle nicht über die zig Varianten Gedanken machen, die sich ergeben, wenn man bei jedem dieser Faktoren wenigstens zwei mögliche Ausprägungen annimmt …. sondern kann nur für mich sprechen:

Für mich hat dieser erste Versuch ganz gut funktioniert: also ein Löschen der eingegangen Mails anzukündigen mit der Bitte, diese nochmal zu senden, falls sich das Problem/die Frage noch nicht erledigt hat, bis ich wieder online bin. Im Vorfeld habe ich natürlich alle meine Mitarbeiter, Doktoranden und akut wichtigen Projekt-Partner vorab informiert und gebeten: „no input in den kommenden Tagen“ einschließlich der Vorwarnung, wie mein automatisches Reply aussehen wird. Das hat schon mal seine Wirkung gehabt – und mindert die mögliche Respektlosigkeit. Für Studierende, die Fragen an mich haben, ist mein Verfahren sicher auch ausreichend respektvoll, denn: Wenn ein klassisches „reply“ kommt, dass ich sieben Tage nicht antworten kann, dann versuchen die meisten ohnehin, ihr Problem erst mal anderweitig zu lösen – und das ist gut so. Leider bekomme ich in der Regel keine Benachrichtigung im Sinne von „hat sich erledigt“, sodass viel unnötige Arbeit bei der Aufarbeitung von an sich erledigten Mails anfällt. Und da diese Mails bei mir einen großen Teil ausmachen, hat das wirklich gut funktioniert! Unsere Studierenden wissen, dass sie von mir sehr rasch Antworten erhalten; das gebührt in der Tat der gegenseitige Respekt. Und ich finde es genau nicht so wie beim Brief (wie von Christian im Kommentar angemerkt), dass es egal ist, wann man antwortet. Mir jedenfalls geht es so, dass ich gar nicht mehr weiß, um was es ging, wenn Antworten auf Mails mehr als drei tage zurückliegen – und das nervt mich dann auch, weil es mich Zeit kostet zu rekonstruieren, worum es genau ging und wie ich in der jeweiligen Sache nun bereits verfahren bin. Ich denke also, die E-Mail-Schreiber werden es überleben, wenn Sie ein- bis zweimal im Jahr (öfter bin ich an sich nie als sieben Tage oder länger offline) eine solche Ankündigung von mir erhalten – wohl wissend, dass sie sich zu jeder anderen Zeit darauf verlassen können, dass ich antworte – und zwar gezielt und schnell. Und dass ich, wo immer ich auch bin, stets auf der Suche bin nach W-LAN, Internetcafés oder anderen Möglichkeiten, online zu gehen, das würde ich dann doch als Einschränkung meiner Autonomie empfinden, die mir wichtig ist – und die mich auch motiviert, all diesen Wahnsinn, den man sich bisweilen aufhalst, mit noch ausreichender Gelassenheit zu begegnen.

Fazit: Ich denke, beim Umgang mit E-Mails muss jeder seine Strategie finden. Rezepte oder auch Vorverurteilungen nach dem Motto „also DAS kann aber nicht machen“ halte ich nicht für sinnvoll. Insofern sollte man meinen Blogeintrag im Portal für persönliches Wissensmanagement bitte auch nicht als unbedingt nachahmungswürdiges Rezept, sondern allenfalls als EINE Möglichkeit sehen, über die man ja mal nachdenken kann und die unter ganz bestimmten Bedingungen auch funktionieren.