Kolloquium als Übungsplatz

Am Freitag (21.05.2010) fand mit Tamara, Hannah und Diana der zweite Termin in unserem Doktorandenkolloquium statt, bei dem wir – eingebettet in kurze schriftliche Zusammenfassungen für alle vorab und kurze Reflexionen im Anschluss – jeder Präsentation und Diskussion „nur“ ca. 75 Minuten gewähren. Auch diesmal war das zeitlich gut zu schaffen. Alle drei Arbeiten befinden sich in einem anderen Stadium und mir wird bei den Diskussionen immer bewusst, dass es gar nicht so einfach ist, die Besprechungen so zu moderieren, dass man den individuellen Entwicklungsstadien gerecht wird. Am Freitag hatten wir tatsächlich drei Beispiele für ganz unterschiedliche Stadien, in denen man in der Regel (insgesamt ist das natürlich individuell recht verschieden) mit jeweils typischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat:

In der ersten Phase, die meiner Erfahrung nach in Abhängigkeit vom Thema und Forschungskontext auch recht lange dauern kann, geht es vor allem darum, ein Thema einzugrenzen, einen Schwerpunkt zu definieren, Fragestellungen wie auch Prämissen (die man nicht untersuchen will) festzulegen und zu entscheiden, was wünschenswert und was machbar ist. Das ist mitunter schwierig und kostet vielen auch eine ganze Menge Energie.

In der längeren mittleren Phase kommen Doktoranden oft (und das ist jetzt ein Beispiel für mehrere Knackpunkte in dieser Phase) zu dem Punkt, an dem sie das Gefühl haben, das „big picture“ aus den Augen zu verlieren – wobei es aus meiner Sicht bereits ein gutes Zeichen ist, wenn man dieses Gefühl hat! Denn das zeigt, dass man den Zusammenhang wahren, sich nicht in gar nicht so relevanten Teilästen verlieren will u.ä. Geprüft wird dann, ob die Fragestellung überhaupt noch passt; erste positive und negative Erfahrungen mit theoretischen und/oder empirischen Teilarbeiten müssen verarbeitet werden. Oft beginnen da die ersten ganz großen Zweifel: Man ist schon ein zu weites Stück gegangen, um umkehren zu können, aber das Ziel scheint einfach noch zu weit weg zu sein.

Gegen Ende der Dissertation steht man wieder vor anderen Herausforderungen: Nun gilt es, die Arbeit auch im Detail zu gliedern, den roten Faden hinzubekommen, die rechte Gewichtung verschiedener inhaltlicher Aspekte zu finden und sich der Frage zu stellen, wann man den Schlusspunkt setzen kann, wann die persönliche und gemeinsam definierte „Bestmarke“ erreicht ist.

In all diesen Phasen braucht man – so meine ich – unterschiedliche Unterstützung, man muss verschiedene Hürden nehmen, aber es ergeben sich dabei auch jeweils besondere Lernchancen. In unserem Kolloquium ist das manchmal so ein Balanceakt zwischen für mich ausgesprochen positiver offener Kritik durch die ganze Gruppe einerseits und einem an sich notwendigen individuellen, manchmal vielleicht etwas behutsameren, Coaching andererseits. Der Umgang mit Kritik ist in der Wissenschaft ja eine wichtige und unerlässliche Aufgabe, die – so behaupte ich mal – für niemanden immer leicht ist. Ich meine, man muss jede Kritik prüfen, aber sie muss keinesfalls immer Anlass für Änderungen sein. Auch dafür bieten unsere Kolloquien sicher einen guten Übungsplatz und so sollte es wohl sein: Mit einer Gruppe zusammenzuarbeiten, der man soweit vertraut, dass man genau das auch üben kann.

Wer ist verantwortlich?

Die Frage, wer die Verantwortung trägt, stellt sich im Moment ja ziemlich oft: Wer ist verantwortlich für die aktuelle Ölpest, wer für die Euro-Krise und wer dafür, dass die Ziele, die man für Forschung und Hochschulbildung in Deutschland gesteckt hat, nicht erreicht werden? In der Hochschulrektorenkonferenz, unterstützt vom Bundespräsidenten und Ministerin Schavan (von der man ja sonst nicht mehr viel hört) wird der Ruf laut, Bildung und damit auch die Hochschulen (wieder) unter eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu stellen und folglich dem Bund mehr Rechte, aber natürlich auch Pflichten zu geben, auch wenn es um die Hochschulen geht. Ob da wirklich so viel mehr Finanzkraft als von den Ländern kommt, kann ich nicht beurteilen; zumindest habe ich da meine Zweifel. Dass Kleinstaaterei bei so grundsätzichen Fragen wie in der Bildung aber mehr als verzichtbar ist, das glaube ich schon. Mal schauen, was aus diesem Vorstoß wird. Hier die dazugehörige (kurze) Pressemeldung der HRK.

Aufwand und Nutzen für Doktoranden

Am Freitag letzter Woche (05.05.2010) hatten wir bereits den zweiten Termin des Frühjahrskolloquiums. Zu den Neuerungen gehört, dass wir die Zeit von 12.30 bis 17.00 Uhr nicht mehr nur mit zwei Doktoranden füllen, die den Stand ihrer Arbeit präsentieren, sondern mit drei. Warum? Weil ich gerne in jedem Zyklus etwas mehr Zeit für (a) mindestens einen Gastvortrag und (b) allgemeine Themen, die wir eher in Form eines Workshops bearbeiten, in das Kolloquium integrieren möchte. Um aber den Doktoranden dennoch die gleiche Aufmerksamkeit wie früher zukommen lassen zu können, haben wir vereinbart, dass jeder Doktorand ca. 10 Tage vor seiner Präsentation auf ca. zwei (maximal drei) Seiten verbal zusammenfasst, was der Stand seiner Arbeit ist und vor welchen offenen Fragen er gerade steht, die er in der Gruppe vordringlich besprechen möchte. Ich bekomme zunächst diese erste Fassung und kann dann schon mal Rückmeldung geben, die ich mir im Kolloquium selbst sparen kann. Die zweite Version des kurzen Status-Berichts wird dann allen aus der Doktorandengruppe ca. eine Woche vor dem Kolloquiumstermin zur Verfügung gestellt, sodass sich jeder vorbereiten kann. Der Vorteil: Lange Präsentationen über an sich schon bekannte Dinge (vor allem wenn die Arbeiten schon länger laufen) entfallen und wir kommen schneller und intensiver ins Gespräch.

Der erste Versuch, es mal so zu machen, wie beschrieben, hat gut funktioniert. Sandra, Mandy und Detlev haben sich in das nun straffere Zeitkonzept ohne besondere Schwierigkeiten begeben können und waren mit der Besprechung ihrer Arbeiten in der Gruppe recht zufrieden. Im Nachgang soll dann noch eine kurze Reflexion über die Resultate für die eigene Arbeit aus der Diskussion verfasst werden. Auch das scheint zielführend zu sein. Besonders froh bin ich über die in Sandras Blog (hier) dargestellten Meinungen dazu. Ich empfehle auch, die kurze Diskussion zu diesem Post zu lesen, in dem der Aufwand noch einmal besprochen wird.

Wir dokumentieren die genannten Dinge (also auch die Vorbereitungen und Reflexionen) alle auf Mahara – einem System, an dem wir gerade noch ein bisschen herumbasteln (hier). Im Laufe der Zeit wird sich zeigen, wer von den Doktoranden für welche Kreise seine Aufzeichnungen zugänglich machen will. Wir wollen da nichts überstürzen und müssen uns auch alle erst mit der neuen Software vertraut machen.

Ich denke einerseits nicht, dass sich ein solches Vorgehen in Doktoranden-Veranstaltungen eins-zu-eins im BA-Studium umsetzen lässt. Andererseits habe ich auch mit BA-Studierenden schon gute Erfahrungen damit gemacht, sie ab und zu (wo es ihnen selbst wichtig ist!) zum Verschriftlichen ihrer Gedanken zu „zwingen“. Das nämlich gibt mir auch die Möglichkeit, direkt darauf (ebenfalls schriftlich) zu reagieren, was dann mehrfach nachgelesen und wirklich „verarbeitet“ werden kann; im flüchtigen Gespräch ist genau das nicht immer möglich.

Neues virtuelles Zuhause

Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir in Augsburg einen neuen Web-Auftritt für das imb erarbeitet haben – dummerweise konnte ich davon nicht lange zehren. Aber so ist das eben, wenn man etwas (bzw. sich selbst) verändern will, wenn man was Neues anfangen und neue Erfahrungen sammeln möchte, wozu eben auch Kontextwechsel gehören. Und das bedeutet natürlich viel Neu-Aufbau – auch was die Web-Präsenz (http://lernen-unibw.de/) betrifft, die nun weitgehend steht – wie üblich mit noch einigen „Baustellen“. Vielen Dank an der Stelle vor allem an Alex und alle anderen, die mitgeholfen haben und weiter mithelfen.

Nun ging bzw. geht es aber diesmal nicht um ein ganzes Institut (aber das gab es 2001 in Augsburg auch nicht), sondern nur um eine kleine Professur – „back to the roots“ sozusagen. Wir fangen also wieder klein an – und es gibt womöglich auch gute Gründe, klein zu bleiben … na ja, mal sehen, was die Zukunft bringt.

Einstieg in den Ausstieg

Von wegen keine Kommentarkultur: Es kommt eben auf die Art der Meldung an, ob und wie viele Kommentare man erhält. Persönliche Meldungen, die uns berühren, regen offenbar mehr dazu an, sich mitzuteilen, als wissenschaftliche Beiträge. Und wenn es dann noch eine Ankündigung des Einstiegs in einen weitgehenden Aussteig aus der Web 2.0-Welt ist, dann ist das auf diesem Kommunikationskanal (also Blogs) wohl nur verständlich. Christian fühlt sich im Netz verstrickt und kappt konsequenterweise etliche Verbindungen – ohne uns aber (wie er ankündigt) komplett verloren zu gehen. Ein sicher sinnvoller Schritt … und interessante zahlreiche Reaktionen – hier nachzulesen.

Nachtrag (08.05.2010): Christian hat seinen Ausstieg nun doch etwas näher erläutert (hier), worauf ich der Vollständigkeit halber noch kurz verweisen möchte.

Neue Münchner Runde

Letzten Freitag hatten wir das erste Doktorandenkolloquium in München. Trotz Trimester werden wir unseren Rhythmus beibehalten und uns jeweils im Frühjahr/Sommer (April bis Juni) sowie im Herbst/Winter (Oktober bis Dezember) sechs bis sieben Freitag-Nachmittage treffen, um zum einen den aktuellen Stand der Dissertationen zu besprechen und zum anderen spezielle Themen anzugehen, die die Gruppe gerade bewegen. Auch Vorträge von Gästen werden wir an dieser Stelle aufnehmen. Mit dem „Umzug“ nach München sind wir auch eine neue technische Unterstützung des Doktorandenkolloquiums angegangen: Alex und Silvia haben mich von Mahara überzeugt – wir sind aber noch nicht ganz fertig, sodass ich erst zu einem etwas späteren Zeitpunkt darauf verweisen werde. Ich habe mir vorgenommen, über die Kolloquien auch öffentlich etwas mehr zu berichten – in kurzer Form als Information für Interessierte. Sobald wir online mehr verfügbar haben, werden dann auch die Zeitpläne verfügbar sein, an denen man sehen kann, welche Themen oder Präsentationen anstehen. Über eine kurze informelle Anmeldung kann man dann auch als Gast im Kolloquium teilnehmen.

Anbei nun ein kurzes Ergebnisprotokoll über die erste Sitzung im neuen Münchener Kontext: Zusammenfassung_30_04_10

Ein Problem des mittleren Erwachsenenalters?

Ja, es ist schon eine Weile her, als ich bei meinen Recherchen feststellte, dass das mittlere Erwachsenenalter interessanter Weise recht wenig erforscht ist – jedenfalls wenn man es mit Kindheit, Jugend oder Alter vergleicht. Das war 2006, als ich eine Anfrage zur Mitarbeite an einem Buch über Bildungspsychologie erhielt (hier der damalige Blogbeitrag dazu). Nun – vier Jahre später – ist es endlich soweit: Herausgegeben von Christiane Spiel et al. ist der Band „Bildungspsychologie“ beim Hogrefe Verlag erschienen.

Im Vorwort heißt es: „Die kürzeste Zeitspanne zwischen der Zusage ein Buchkapitel zu verfassen und der Einreichung der Erstversion betrug 3 ½ Monate, die längste Zeitspanne ziemlich genau 4 Jahre“. Nun, da kann ich mich ja ganz gut verorten und interessieren würde es mich schon, wer so wichtig ist, dass man es gestattet, die Deadline gleich um ein paar Jahre zu überschreiten. Ich persönlich ärgere mich über mangelnde Disziplin bei Autoren/innen immer wieder sehr, denn wenn die Zeit zu knapp ist, dann lässt man es halt sein – was ist daran so schwierig? Vielleicht ist es ein Problem vor allem des mittleren Erwachsenenalters, weil das eine Zeit ist, in der ALLES wichtig ist? Beruf, Familie, Kinder, persönliche Entwicklung?

Nun gut: Jetzt bin ich erst mal gespannt auf die einzelnen Kapitel, aber auch darauf, wie das Buch aufgenommen wird. Immerhin mischt sich da ein genuin pädagogischer Begriff, nämlich der der Bildung, mit der Psychologie, und das dürfte durchaus verschiedene Deutungen und Urteile hervorrufen. Leider wurde es untersagt, ein Preprint es eigenen Beitrags online zu stellen.

Quietschende Turnschuhe

Ich gebe es zu: Sport gehörte in der Schule nicht eben zu meinen Lieblingsfächern. Das Quietschen der Turnschuhe auf dem Hallenboden, mörderische Geräte, Sand in den Schuhen beim Weitspringen – nein, das war nicht meine Welt. Und jetzt das: Aktivitäten zum E-Learning im Sport? Genau das.

Am Freitag und Samstag war ich mit Marianne auf einer Veranstaltung des DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund), nämlich dem „Fachforum Bildung 2010“ in Lübeck (zum Thema Bildung beim DOSB siehe z.B. hier). Dort trafen sich vor allem die Lehrreferenten der Landessportbünde bzw. Landessportverbände, der Spitzenverbände und der Sportverbände mit besonderen Aufgaben. Neben dem Kernthema „Qualität in der Aus-, Fort- und Weiterbildung“ ging es auch um E-Learning. Zunehmend wird nämlich im organisierten Sport erkannt, dass speziell für die zahlreichen Qualifizierungsmaßnahmen für Übungsleiter, Trainer etc. der Einsatz digitaler Medien von Vorteil sein kann. Seit Jahresbeginn haben wir den Auftrag, genau dafür eine kleine Expertise zu erstellen. Am Freitag haben wir in Lübeck (in der Bundespolizei-Akademie, was irgendwie eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Gelände des Universität der Bundeswehr hat ;-)) unser Vorgehen vorgestellt. Die Expertise soll bis zum Sommer fertig sein. Ich werde dann zu geeigneter Zeit mehr dazu berichten. Das Themenfeld jedenfalls stellt sich als sehr spannend heraus. Es ist ein prototypisches Beispiel für E-Learning in Non Profit-Organisationen, worüber die Erkenntnislage insgesamt noch recht dünn ist.

Da sieht man mal wieder, dass einen auch schlechte Kindheits- und Jugenderfahrungen nicht ein Leben lang traumatisieren müssen.

Ob man das mit einem Mann auch machen würde?

Dass an Universitäten Raummangel herrscht, ist nichts Neues. Dass vorzugsweise bestimmte Disziplinen davon besonders betroffen sind, während es andere da besser haben, ist auch ein allgemein bekanntes Phänomen. Dass Fakultäten wegen des Kampfes um Räume im Dauerstreit leben (wobei die Räume oft Symbole der Macht sind – vor allem deren Größe und Lage), soll es ja auch geben. Dass man mit seinen Mitarbeitern aber ganz ohne Räume bleibt und irgendwie nicht absehbar ist, wie lange dieser Zustand anhält, kommt mir doch ungewöhnlich vor. Ich bin ja aus Augsburg in dieser Hinsicht schon einiges gewöhnt …. und ich frage mich: Würde man das eigentlich mit einem Mann auch machen? Ein Gender- oder doch eher ein Charakter-Effekt? Oder ist es purer Zufall und ich habe in punkto Räume einfach Pech? Es bleibt das Prinzip Hoffnung …

Aber vielleicht besser kein Raum als ein maroder, der krank macht? Zufällig bin ich über einen Fotowettbewerb vom AStA der Universität des Saarlandes gestolpert mit dem Titel „Marode Hochschule“ – auch schön anzusehen, nämlich hier. 😉 Ein Glück, dass der Staat ja schon vor einiger Zeit die Bildungsrepublik Deutschland ausgerufen hat – da wird das bestimmt alles bald besser …  also falls nicht wieder eine Euro- oder Bankenkrise dazwischenkommt.

Blogs – bloß nicht in Unternehmen?

Dass es mit Weblogs in Unternehmen nicht immer ganz einfach ist, vor allem, wenn man den Bloggern Autonomie zugestehen will, dürfte allgemein bekannt sein. Trotzdem bewirbt man diese Web 2.0-Anwendung gern als mögliches Wissensmanagement-Instrument. Karsten Ehms hat sich in mehrjähriger Arbeit den Spekulationen um die Möglichkeiten und Grenzen von Blogs in Unternehmen empirisch, aber auch theoretisch gewidmet und Ende des Jahres 2009 seine Dissertation dazu abgeschlossen. Nun endlich ist sie auch online zugänglich, nämlich hier.

Ich freue mich sehr darüber, dass diese Arbeit positiv abgeschlossenen werden konnte. Berufsbegleitende Promotionen sind keine einfache Sache; inzwischen ist mir klar, dass das viele auch unterschätzen. Da braucht man schon Durchhaltevermögen – Karsten hat es bewiesen. Herzlichen Glückwunsch Dr. Ehms! 🙂